Apropos Klimaschutz und NachhaltigkeitWie sich die Erziehungswissenschaft den gesellschaftlichen Herausforderungen stellt
27. September 2019, von Bente Gießelmann
Foto: UHH/Dingler
Die Universität Hamburg hat sich mit dem Leitbild „University for a Sustainable Future“ (Universität für eine nachhaltige Zukunft) dem Thema der Nachhaltigkeit verpflichtet. An der Fakultät für Erziehungswissenschaft ist das Thema in Forschung und Lehre verankert – doch was heißt das genau? Beispiele zeigen, was Erziehungswissenschaft mit Nachhaltigkeit und Klimaschutz zu tun hat.
„Nachhaltigkeit“ hat aus erziehungswissenschaftlicher Perspektive (mindestens) zwei Bedeutungen: Nachhaltigkeit als (Querschnitts-) Thema, etwa in der Schule und in der Erwachsenenbildung sowie Nachhaltigkeit als Ebene der Reflexion, des Lernens und der strukturellen Bedingungen. Nachhaltige Bildungsprozesse werden begleitet oder den Lernenden bzw. Lehrenden werden die Kompetenzen vermittelt, mit denen sie sich in einer verändernden Umgebung richtig verhalten können.
Nachhaltigkeit als Forschungsthema
Die erziehungswissenschaftliche Forschung setzt dafür an grundlegenden Fragen an: Wie kann Bildung für nachhaltige Entwicklung stärker in Institutionen und Systemen umgesetzt werden? Welche Methoden vermitteln Schülerinnen und Schülern am besten die entsprechenden Kompetenzen? Und welche Formate sind geeignet, um Studierenden die Fähigkeiten zu vermitteln, die sie für die Gestaltung von Bildungsprozessen brauchen werden?
Prof. Dr. Sandra Sprenger und Christian Benninghaus aus dem Arbeitsbereich Geographiedidaktik forschen am Beispiel des Themas „Wasser“. Sie untersuchen, wie Schülerinnen und Schüler mit Unterstützung bestimmter Methoden das systemische Denken erlernen können. Es werden Unterrichtsbeispiele zum Thema des nachhaltigen Wasserkonsums erstellt, in deren Zentrum die „Mystery Methode“ steht. Bei dieser Methode sollen die Schülerinnen und Schüler knappe, ungeordnete Informationen zu einem Fallbeispiel analysieren und sinnvoll miteinander in Beziehung setzen, um eine Leitfrage gemeinsam zu lösen.
Auch im Arbeitsbereich Didaktik der Physik spielt Klimawandel eine Rolle im Studium: Der Treibhauseffekt ist hier ein typisches Thema. Der Unterricht in der Sekundarstufe zu den physikalischen Prozessen rund um Atmosphäre und Erderwärmung erfordert von Lehrkräften ein gutes fachliches und aktuelles Wissen sowie die Kompetenz, die Komplexität des Themas mit Schülerinnen und Schülern zu bearbeiten. Im Projekt „Klimawandel vor Gericht“ (2008–2011, Prof. Dr. Dietmar Höttecke und andere) wurde praxisnah erforscht, welche Anlässe sich besonders gut eignen, um sich mit wichtigen Fragen rund um den Klimawandel zu beschäftigen. Die Schülerinnen und Schüler sollten vor allem in der Entwicklung eigener Urteilskompetenzen unterstützt werden.
Nachhaltigkeit sei in den naturwissenschaftlichen Fächern eine wichtige Perspektive, so Markus Feser (Doktorand Arbeitsbereich Physikdidaktik). Das ethisch-moralische Bewerten von Handlungsoptionen oder Phänomenen könne nicht innerfachlich erfolgen, sondern brauche ökologische, soziale, ökonomische und kulturelle Dimensionen. Ein aktuelles Forschungsprojekt des Arbeitsbereiches unter der Verantwortung von Doktorandin Johanna Ratzek erforscht, wie diese Bewertungskompetenz im Unterricht gefördert werden kann.
Nachhaltigkeit in der Lehre
In der Ausbildung von Lehrkräften ist Nachhaltigkeit ein zentrales Stichwort. Das gilt besonders im Kontext der sich verändernden gesellschaftlichen Bedingungen. Diese werden an der Fakultät für Erziehungswissenschaft im Forschungsschwerpunkt „Ungewissheit als Dimension pädagogischen Handelns“ erforscht. Prof. Dr. Angelika Paseka arbeitet zum Ansatz des „forschenden Lernens“ als Beitrag zu Nachhaltigkeit in Studium und Lehre: Studierende sollen lernen, in der Berufspraxis nach wissenschaftlichen Kriterien Wissen zu generieren und für sich ständig verändernde Problemstellungen Lösungen zu entwickeln.
Anwendung in der pädagogischen Praxis – das Feld der Berufsbildung
Ein wichtiges Ziel des erziehungswissenschaftlichen Transfers ist es, dass die Ergebnisse, Orientierungen und best practices, die in der Forschung untersucht oder entwickelt worden sind, in den vielen unterschiedlichen Praxisfeldern von Bildung und Erziehung – auch außerhalb der Schule – wirksam werden.
Prof. Werner Kuhlmeier (Berufs- und Wirtschaftspädagogik) forscht beispielsweise zu der Frage, wie Nachhaltigkeitsthemen in die betriebliche Ausbildung verschiedener Ausbildungs- und Lehrberufe integriert werden können. Die Anforderungen an die Berufliche Bildung für nachhaltige Entwicklung (BBnE) müssen in den entsprechenden Curricula festgehalten werden, damit sie langfristig in das Lehren und Lernen an Berufsschulen integriert werden. Die Erziehungswissenschaft unterstützt dabei den Transfer durch wissenschaftliche Expertise, durch die Begleitung und Evaluation von Modellprojekten oder durch die Weiterentwicklung der Didaktik, also der Erprobung von Methoden und Materialien in der Berufsbildung.
Eine Langfassung des Beitrages finden Sie auf den Seiten der Fakultät für Erziehungswissenschaft.
Nachhaltigkeit als Tagungsthema
„Bildung in Zeiten der Ungewissheit“ war Hauptthema der ECER, der größten europäischen erziehungswissenschaftlichen Konferenz, die Anfang September 2019 in Hamburg stattfand. Die ECER hat sich mit dem Motto „Going Green“ als erste Konferenz an der Universität Hamburg die systematische Umsetzung eines nachhaltigen Veranstaltungsmanagements zur Aufgabe gemacht – mit dem Ziel, die Erfahrungen an folgende Veranstaltungsteams weiterzugeben.
Mehr Informationen im Newsroom-Beitrag.