denkUNI: Grundschulkinder philosophierenVon Kindern denken lernen
3. Mai 2019, von Hendrik Tieke
Foto: UHH/Heike Blenk
Am 6. Mai startet die denkUNI. Dort philosophieren Grundschulkinder über große Fragen des Lebens. Prof. Dr. Kerstin Michalik ist eine der Organisatorinnen. Im Interview erklärt sie, warum Philosophieren die kindliche Entwicklung stärkt – und was Erwachsene von Kindern lernen können.
Kerstin Michalik ist Professorin für die Didaktik des Sachunterrichts. Sie erforscht unter anderem, wie Philosophieren als Lehr- und Lernmethode im Sachunterricht eingesetzt kann.
Frau Michalik, warum ist es wichtig, dass Kinder philosophieren?
Generell ist Philosophieren ein Wert für sich, ganz unabhängig vom Alter. Schließlich lernt man sich selber kennen, wenn man über die Welt nachdenkt, Fragen an das eigene Leben stellt und scheinbare Gegebenheiten nicht einfach so hinnimmt. Außerdem entwickelt man dabei einen moralischen Kompass und findet seine eigene Rolle in der Gesellschaft. Kinder stehen hier noch ganz am Anfang; sie müssen sich in dieser Welt ja noch zurechtfinden. Indem man sie zum Philosophieren ermutigt, unterstützt man sie dabei.
Welchen Nutzen bringt Philosophieren in der Grundschule?
Studien haben gezeigt, dass Kinder in fast allen Fächern bessere Leistungen erzielen, wenn sie regelmäßig philosophieren. Denn so stärken sie ihre Neugier und lernen, Themen auf den Grund zu gehen. Dabei verinnerlichen sie, dass es oftmals gar kein Wahr oder Falsch gibt, und dass man auch verschiedene Standpunkte haben kann. Und ihnen wird bewusst, dass alle Handlungen Konsequenzen haben. Hinzu kommt: Gerade zurückhaltende Kinder oder solche, die oft den Unterricht stören, kann man durch Philosophieren fördern. Denn die blühen dabei oft richtig auf.
Philosophieren Kinder anders als Erwachsene?
Was ist die Natur? Bin ich selber schuld, wenn es mir schlecht geht? Ist es schlimm, sterben zu müssen? Kinder stellen sich oft genauso tiefschürfende Fragen wie Erwachsene. Natürlich nutzen sie andere Begriffe und Sprachbilder, wenn sie philosophieren. Aber die Themen sind oft sehr ähnlich.
Können Erwachsene von Kindern etwas lernen, wenn es ums Denken geht?
Unbedingt! Kinder stellen oft sehr direkte Fragen, ohne einen inneren Zensor. Dadurch kommen sie manchmal schneller zum Kern eines Problems oder zeigen ganz neue Facetten daran auf. Erwachsene dagegen haben meist schon eingefahrene Denkmuster. Und bei vielen Themen haben sie sich schon auf bestimmte Standpunkte festgelegt. Sie sind eben biografisch und gesellschaftlich deutlich stärker geprägt als Kinder. Und, was mir in den letzten Jahren aufgefallen ist: Erwachsene googeln oft erst, bevor sie länger nachdenken – und begeben sich damit in eine Denk-Abhängigkeit von Algorithmen. Kinder tun das nicht.
Die denkUNI
Die denkUNI findet vom 6. bis zum 10. Mai statt. An Orten, die zum Philosophieren anregen, steht je eine Frage im Vordergrund. Lehramtsstudierende moderieren die Gespräche. Die Orte und Themen sind:
- Hamburgische Bürgerschaft („Haben Kinder Macht?“)
- Landungsbrücken („Brauchen wir eine Heimat?“)
- St. Michaelis: („Was heißt es, etwas zu glauben?“)
- Hagenbecks Tierpark („Können Tiere denken?“)
- Thalia-Theater („Spielen wir alle eine Rolle wie im Theater?“)
Organisatorinnen sind Prof. Dr. Kerstin Michalik und Martina Petersen von der Fakultät für Erziehungswissenschaft.