Revolutionäre BeobachtungSchwarze Löcher – was sind das eigentlich?
10. April 2019, von Felix Willeke
Dem internationalen Forschungsprojekt Event Horizon Telescope ist es erstmals gelungen, ein Schwarzes Loch zu fotografieren. Doch was ist eigentlich ein Schwarzes Loch und was bewirkt es? Dazu haben wir Prof. Dr. Jochen Liske von der Sternwarte der Universität Hamburg befragt.
Können Sie uns als Professor für Beobachtende Astronomie erklären: Was sind Schwarze Löcher?
Ein Schwarzes Loch ist ein Objekt, dessen Schwerkraft so immens ist, dass ihm nichts, was ihm einmal zu nahegekommen ist, jemals wieder entkommen kann: was einmal „hinein“ gefallen ist, kommt niemals wieder heraus. Dies gilt sogar für Licht.
Um dies zu veranschaulichen, denken wir zunächst an unsere Erde. Auf der Erdoberfläche herrscht eine gewisse Schwerkraft. Wenn man z. B. einen Tennisball senkrecht nach oben wirft, so erreicht er eine gewisse Höhe, bevor er wieder zu Boden fällt. Dabei hängt die Höhe von der Anfangsgeschwindigkeit ab. Je größer diese Anfangsgeschwindigkeit, desto höher steigt der Ball. Läge die Anfangsgeschwindigkeit bei mehr als 11,2 km/s (ca. 40.320 km/h), würde der Ball jedoch nie zurückfallen – er entkommt der Schwerkraft der Erde. Diese spezielle Anfangsgeschwindigkeit nennt man die Fluchtgeschwindigkeit, ein anschauliches Maß für die Stärke der Schwerkraft. Die Stärke der Schwerkraft eines Körpers hängt sowohl von seiner Masse als auch von seiner Größe ab. Wäre die Erde kleiner bei gleicher Masse, wäre ihre Fluchtgeschwindigkeit viel größer. Bei der Größe einer Erbse würde die Fluchtgeschwindigkeit der Erde die Lichtgeschwindigkeit erreichen. Da sich nichts schneller fortbewegen kann als Licht, könnte folglich auch nichts von der Oberfläche dieser Erbsen-Erde entkommen – wir hätten somit ein Schwarzes Loch.
Schwarze Löcher wurden bereits durch Albert Einstein vorhergesagt. Der Nachweis ihrer Existenz gelang allerdings erst viel später anhand von astrophysikalischen Beobachtungen. Wie zum Beispiel die jahrelange Beobachtung von Sternenbewegungen oder dem Nachweis von Gravitationswellen.
Wo finden sich Schwarze Löcher?
Soweit wir wissen, kommen Schwarze Löcher nur in den Weiten des Universums vor. Wir kennen Schwarze Löcher unterschiedlicher Größen bzw. Massen: sogenannte stellare Schwarze Löcher, die in etwa die Masse einiger Sonnen – eine Sonnenmasse entspricht 1,99 Quadrilliarden Tonnen – haben und die Überbleibsel ausgebrannter Riesensterne sind. Sie finden sich überall in unserer Heimatgalaxie, der Milchstraße, und vermutlich auch in allen anderen Galaxien. Allerdings gibt es von diesen Löchern nur so wenige, dass wir keine Angst haben müssen, dass uns morgen eins durch das Sonnensystem fegt. Darüber hinaus kennen wir auch sog. supermassive Schwarze Löcher, die Millionen oder gar Milliarden von Sonnenmassen aufweisen. Diese finden sich allerdings nur in den Zentren von Galaxien – so wie auch im Zentrum unsere Milchstraße.
Welche Wirkung haben Schwarze Löcher?
Die Wirkung eines Schwarzen Loches liegt in seiner enormen Schwerkraft, die allerdings nur dann eine Rolle spielt, wenn man ihm zu nahekommt. Aus großer Entfernung betrachtet unterscheidet sich die Wirkung eines Schwarzen Loches überhaupt nicht von der Wirkung eines normalen Objekts gleicher Masse. Würde z. B. die Sonne morgen zu einem Schwarzen Loch kollabieren, so hätte das gar keinen Einfluss auf die Umlaufbahnen der Planeten in unserem Sonnensystem, da diese durch die Schwerkraft der Sonne bestimmt werden. Kommt man einem Schwarzen Loch allerdings zu nahe, wird es ungemütlich. Das Loch ist nur ein Punkt und wird vom sogenannten Ereignishorizont umgeben. Wird dieser, von z.B. einer Rakete überquert, kann diese nicht mehr zurück. In der Nähe des Horizonts herrschen zusätzlich noch enorme Gezeitenkräfte – vergleichbar mit denen, die für Ebbe und Flut auf der Erde verantwortlich sind –, die alles auseinanderreißen würden. Indem man die Bewegung von Materie in der unmittelbaren Umgebung eines Schwarzen Lochs vermisst, kann man Rückschlüsse über die Eigenschaften des Schwarzen Lochs ziehen sowie die Gültigkeit der Vorhersagen von Albert Einstein überprüfen.
Weitere Informationen
Die Fotografie eines Schwarzen Lochs gelang den Forscherinnen und Forschern des internationalen Forschungsprojekts Event Horizon Telescope. Mehr Informationen dazu finden Sie auf der Homepage des Projekts (engl.).
Ein Video zur Präsentation des Bildes finden sie auf der Homepage des European Southern Observatory (engl.).