Arbeitslosigkeit – auch die Beziehung leidet5 Fragen an ... Prof. Dr. Marcus
18. April 2018, von Viola Griehl
Foto: Britta Hüning-fotorismus
Wer arbeitslos wird, verliert nicht nur Einkommen, sondern auch gesellschaftliche Kontakte, Sozialstatus und Anerkennung. Das kann krank machen: Laut Gesundheitsreport der Betriebskrankenkasse waren arbeitslose Versicherte 2013 häufiger krank als beschäftigte. Jun.- Prof. Dr. Jan Marcus vom Fachbereich Volkswirtschaftslehre hat die Auswirkungen untersucht, die Arbeitslosigkeit für die Partner bzw. Partnerinnen der Betroffenen hat. Sein Ergebnis: Diese leiden ähnlich wie die Arbeitslosen selbst. Jetzt erhielt er für diese Arbeit beim Deutschen Wirtschaftspreis der Joachim Herz Stiftung den 1. Preis (Kategorie „Nachwuchswissenschaftler“). Wir haben mit dem Gesundheitsökonom gesprochen.
Herr Professor Marcus, Sie haben gerade eine bedeutende Auszeichnung für wirtschaftswissenschaftliche Forschung in Deutschland erhalten. Herzliche Gratulation! Woher weiß man, dass die Arbeitslosigkeit die psychische Gesundheit von Paaren beeinträchtigt und dass nicht etwa umgekehrt die Personen aufgrund ihrer Gesundheit arbeitslos wurden?
Um genau das auszuschließen, dass eine Person aufgrund ihrer mentalen Gesundheit arbeitslos geworden ist, habe ich nur Paare untersucht, bei denen eine oder einer aufgrund einer Firmenschließung die Arbeit verloren hat.
Wie sind Sie dabei vorgegangen?
Ich habe untersucht, wie sich die mentale Gesundheit von Paaren vor und während der Arbeitslosigkeit verändert hat. Die Ergebnisse habe ich mit entsprechenden Daten von ähnlichen Paaren verglichen, die nicht von Arbeitslosigkeit betroffen waren. Dafür musste ich nicht selber Daten erheben, sondern konnte auf die Daten des sogenannten Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) zurückgreifen. Das SOEP erhebt seit 1984 immer bei denselben mehreren Tausend Haushalten Daten z. B. zu Einkommen, Erwerbstätigkeit oder sozialen Beziehungen und Lebenszufriedenheit. Es stellte sich heraus, dass die psychische Gesundheit der Partnerinnen und Partner von Arbeitslosigkeit fast genauso stark betroffen ist wie die der Arbeitslosen selber.
Macht es einen Unterschied, ob der Mann oder die Frau arbeitslos wird?
Mich hat es überrascht, dass die psychische Gesundheit beider Partner leidet, egal ob der Mann oder die Frau arbeitslos wird. Zwar sind die Auswirkungen für beide Partner etwas stärker, wenn der Mann arbeitslos wird, aber die Arbeitslosigkeit der Frau beeinträchtig eben auch die mentale Gesundheit ihres Mannes.
Wie sind Sie auf das Thema gekommen?
Ich habe erlebt, dass mehrere meiner Kommilitonen nach dem Studium große Schwierigkeiten hatten, einen Job zu finden – und das trotz hervorragender Noten. Das war ziemlich zermürbend für meine Kommilitonen, aber auch für deren Partnerinnen und Partner.
Welche Konsequenzen lassen sich aus Ihrer Studie ziehen?
Die Untersuchung hat deutlich gemacht: Arbeitslosigkeit ist ein einschneidendes negatives Erlebnis für die Betroffenen und deren Familien. Es handelt sich um eine verletzliche Gruppe, um die man sich besonders kümmern sollte. Aus ökonomischer Sicht kann man zudem sagen, dass die Gesundheitskosten von Arbeitslosigkeit unterschätzt werden, wenn nur die Arbeitslosen selber berücksichtigt werden.
Herr Professor Marcus, vielen Dank für das Interview.
Deutscher Wirtschaftspreis der Joachim Herz Stiftung
Der Deutsche Wirtschaftspreis der Joachim Herz Stiftung wurde 2018 zum zweiten Mal vergeben.
Die Kategorie „Bestes Forschungswerk“ zeichnet eine etablierte Forscherpersönlichkeit aus, deren Arbeit das Fach Wirtschaftswissenschaften entscheidend geprägt und weiterentwickelt hat. In der Kategorie „Beste Beiträge von Nachwuchswissenschaftlern“ werden drei herausragende Forschungsarbeiten gewürdigt. Der 1. Preis ist mit 25.000 Euro dotiert.