Die ins Gehirn schaut: Prof. Dr. Brigitte Röder erhält Hector Wissenschaftspreis
29. Januar 2018, von Viola Griehl
Foto: Hector Stiftung / Marco Schilling
Das menschliche Gehirn besteht aus etwa hundert Milliarden Nervenzellen und es verändert sich ein Leben lang: weil wir Neues gelernt haben oder als Reaktion auf eine Schädigung oder den Ausfall eines Sinnesorgans. Was dabei genau im Gehirn passiert, das erforscht Prof. Dr. Brigitte Röder, Leiterin des Arbeitsbereiches Biologische Psychologie und Neuropsychologie an der Universität Hamburg. Für ihre Arbeit wurde sie am 26. Januar 2018 mit dem Hector Wissenschaftspreis ausgezeichnet und zum Hector Fellow ernannt. Der Preis wird seit 2009 jährlich von der Weinheimer Hector Stiftung II vergeben und ist mit einem Preisgeld von 150.000 Euro verbunden. Prof. Röder, die derzeit neurowissenschaftliche Studien in Hyderabad durchführt, hat mit uns vor ihrem Rückflug nach Indien gesprochen.
Frau Professorin Röder, herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Auszeichnung. Wofür haben Sie den Preis bekommen?
Auf der Urkunde steht „in Würdigung ihrer herausragenden wissenschaftlichen Forschungsleistungen auf dem Gebiet der Multisensorik und Neuroplastizität u.a. bei Menschen mit Blindheit und nach sensorischer Restitution sowie ihrer interdisziplinären Arbeitsweise als Hochschullehrerin und ihre Vorbildfunktion für Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler sowie Studierende“.
Was genau untersuchen Sie aktuell bei Ihren Forschungen?
Wir arbeiten einerseits an der Frage, wie es dem menschlichen Gehirn gelingt, Eindrücke verschiedener Sinnessysteme (z.B. Sehen, Hören und Tasten) zu verbinden, wie Säuglinge und Kinder dies lernen und wie Erwachsene ihre multisensorischen Leistungen an neue Gegebenheiten anpassen. Andererseits forschen wir zur altersabhängigen Neuroplastizität, d.h. daran, wie menschliche Hirnentwicklung und menschliches Lernen von Erfahrung abhängt. Dazu untersuchen wir z. B. gemeinsam mit dem LV Prasad Eye Institute in Indien Menschen, die blind geboren wurden und durch eine Operation nach Monaten oder Jahren das Augenlicht wiedererlangten. Uns interessiert dabei, welche neuronalen Prozesse die Erholung der Sinnesfunktionen bestimmen. Wir erforschen auch, wie sich das Gehirn an Gehörlosigkeit anpasst. Außerdem wollen wir herausfinden, wie man die neuronale Plastizität z.B. durch körperliche Bewegung oder Wahrnehmungstrainings fördern kann
Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung?
Viel. Da der Preis jährlich an einen Naturwissenschaftler bzw. eine Naturwissenschaftlerin vergeben wird, betrachte ich ihn als eine besondere Würdigung der Forschung meines Arbeitsbereiches innerhalb der Naturwissenschaften. Zudem werde ich als Hector Fellow die Möglichkeit haben, interdisziplinäre Projekte im Rahmen der Hector Akademie und zusammen mit Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern zu initiieren.
Frau Professorin Röder, vielen Dank für das Gespräch und einen guten Rückflug.
Zur Person: Prof. Dr. Brigitte Röder
Prof. Dr. Brigitte Röder ist seit 2003 Professorin für Biologische Psychologie und Neuropsychologie an der Universität Hamburg. Für ihre Forschung wurde sie mit dem Leibniz Preis ausgezeichnet sowie mit dem Preis für Biologie der Göttinger Akademie der Wissenschaften und dem Publikationspreis der Deutschen Gesellschaft für Psychologie. Prof. Röder ist u. a. Mitglied der Deutschen Nationalakademie (Leopoldina) und der Akademie der Wissenschaften in Hamburg. Sie war Leiterin einer der ersten Emmy Noether-Nachwuchsgruppen in Deutschland und erhielt 2010 einen ERC Advanced Grant des Europäischen Forschungsrats.