Über die Zusammenhänge von Klima und WirtschaftWirtschaftswissenschaftler und B.A.U.M-Preisträger Professor Alexander Bassen im Interview
19. Mai 2017, von Sarah Batelka
Foto: B.A.U.M./Rainer Kant
Der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler Prof. Dr. Alexander Bassen von der Universität Hamburg hat den B.A.U.M.-Preis des Bundesdeutschen Arbeitskreises für Umweltbewusstes Management in der Kategorie „Wissenschaft“ erhalten. Die Jury würdigte seine Forschungs- und Beratungstätigkeit, „die den Blick konsequent auf die Rolle von Investoren lenkt bei einer nachhaltigen Ausrichtung einzelner Unternehmen sowie des Wirtschaftssystems insgesamt“.
Prof. Bassen ist Mitglied im Rat für Nachhaltige Entwicklung der Bundesregierung (RNE), Leitender Wissenschaftler (PI) beim Exzellenzcluster „Integrated Climate System Analysis and Prediction“ (CliSAP) sowie Leiter des Kompetenzzentrums Nachhaltige Universität (KNU). Im Gespräch erläutert er, wie Klima und Wirtschaft zusammenhängen und wie Anleger Gutes für die Umwelt tun und gleichzeitig Geld verdienen können.
Prof. Bassen, Sie haben den B.A.U.M.-Preis des Bundesdeutschen Arbeitskreises für Umweltbewusstes Management erhalten. In diesem Jahr liegt der Fokus des Preises auf nachhaltigem Investieren. Wofür genau haben Sie die Auszeichnung bekommen?
Der Preis wurde mir verliehen, da ich mich seit vielen Jahren mit nachhaltiger Investition auseinandersetze. Mich beschäftigt die Frage, wie gesellschaftlich relevante Kriterien bei Kapitalanlagen berücksichtigt werden können. Dieses Forschungsgebiet wird in Deutschland noch von relativ wenigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern bearbeitet. Zudem war ich federführend bei der Entwicklung des Deutschen Nachhaltigkeitskodex des RNE beteiligt.
Was unterscheidet nachhaltige Geldanlagen von nicht nachhaltigen?
Eine Geldanlage ist nicht eindeutig nachhaltig oder nicht nachhaltig. Dieses Feld ist nicht schwarz oder weiß, sondern grau oder besser bunt. Es gibt eher stufenweise Veränderungen der Nachhaltigkeit. Beispielsweise gibt es Investitions-Fonds, die bereits als nachhaltig gelten, weil sie nicht in Atomenergie investieren; andere haben zahlreiche Ausschlusskriterien Bereich und investieren nur in die nach Nachhaltigkeitskriterien besten Unternehmen in den verbleibenden Branchen.
Wer grün und sozialverträglich anlegt, muss nicht mit finanziellen Einbußen rechnen.
Lohnen sich nachhaltige Anlagen finanziell?
Eindeutig Ja! Im Rahmen einer Meta-Studie der Universität Hamburg habe ich im vergangenen Jahr mit meinem Kollegen Prof. Dr. Timo Busch rund 2000 empirische Studien ausgewertet. Bei über 90 Prozent der Studien gab es zwischen nachhaltigen Anlagen und finanziellem Gewinn einen positiven oder neutralen Zusammenhang.
Nachhaltige Investitionen bedeuten also keinen Renditeverzicht. Wer grün oder sozialverträglich anlegt, muss nicht mit finanziellen Einbußen rechnen. Zurzeit werden in Deutschland nur etwa ein bis drei Prozent des verwalteten Vermögens nachhaltig angelegt. Andere Länder sind bereits weiter: Dort sind es zwischen 20 und 30 Prozent.
Gibt es in Ihrer Forschung zu nachhaltigen Geldanlagen einen Aspekt, der Sie besonders interessiert?
Seit vielen Jahren ist es vor allem das Thema Klimawandel und damit verbunden CO2-Emissionen, also der Ausstoß von Kohlendioxid. Es geht um die Fragen, welche Bedeutung CO2-Emissionen bei Investitionsentscheidungen spielen und ob man ihren Einfluss auf Unternehmerebene und ihre Wirkung an Kapitalmärkten messen kann.
Wir haben uns in diesem gesamten Spektrum auf klimarelevante Chancen und Risiken fokussiert. Damit gibt es auch viele Berührungspunkte zum Exzellenzcluster CliSAP.
Wie hängen Klima und Wirtschaft denn zusammen?
Es gibt ganz zentrale Zusammenhänge. Aufgrund des Klimawandels werden alte Industrien aussterben und sich neue entwickeln, mit denen es vielleicht möglich wird, die Erderwärmung auf maximal zwei Grad zu begrenzen.
Konkret ist der Klimawandel für Unternehmen mit zahlreichen Risiken verbunden: Das können physische Risiken sein, wie Produktionsstätten, die in Überschwemmungsgebieten liegen, oder Kraftwerke, die durch Dürren nicht betrieben werden können. Zudem existieren regulatorische Risiken durch Gesetze, die bestimmte Typen von Industrien nicht mehr zulassen oder einschränken, wie Atomkraftwerke.
Aus dem Klimawandel können sich aber auch Chancen ergeben, beispielsweise wenn neue Technologien entwickelt werden, aus denen sich neue Produkte ableiten lassen.
Haben Käufer von nachhaltigen Geldanlagen auch klimapolitischen Einfluss?
Unbedingt! Institutionelle Investoren wie Versicherungen oder Pensionsfonds haben wirklich Macht gegenüber Unternehmen. Auch wenn eine große Stiftung wie die Rockefeller Foundation aus dem Öl-Geschäft aussteigt, ist das ein sehr starkes Signal.
Aber auch Privatanleger können Einfluss nehmen durch ihre Entscheidung, bei welcher Versicherung sie einen Vertrag abschließen, bei welcher Bank sie ein Konto eröffnen oder wie sie ihr Geld anlegen. Institutionelle Investoren haben aber selbstverständlich einen sehr viel größeren Hebel.
Sie waren 2011 an der Entwicklung des Deutschen Nachhaltigkeitskodex beteiligt, der Kriterien für die Nachhaltigkeit der Unternehmensführung festlegt und vergleichbar macht. Bietet er eine Hilfestellung für Investoren, die an grünen Geldanlagen interessiert sind?
Es ist ein Kodex der Transparenz darüber herstellt, wie nachhaltig sich Unternehmen verhalten. Er bietet daher einen guten Einstieg. Wer aber Anlageentscheidungen treffen will, sollte sich sehr viel detaillierter informieren und muss zudem weitere finanzielle Kriterien berücksichtigen.
Hat sich der Kodex Ihrer Forschung zufolge bewährt?
Auf jeden Fall. Mit über 200 Unternehmen und Institutionen ist es der Berichtsstandard in Deutschland, der die meiste Verbreitung hat. Schön ist vor allem, dass durch den Kodex viele mittelständische Unternehmen den Zugang zu Nachhaltigkeit gefunden haben, weil die Hürde nicht zu hoch ist.