Angebot für NachwuchsforschendeTenure-Track: Ein Stück mehr Sicherheit
21. Februar 2024, von Anna Priebe
Foto: UHH/Wohlfahrt
Dr. Elisa Schaum ist ab April W2-Professorin für „Planktonökologie“ an der Universität Hamburg – und hat damit das sogenannte Tenure-Track-Verfahren nach sechs Jahren als Juniorprofessorin erfolgreich abgeschlossen. Wie sie von dem Förderprogramm profitiert hat und wie es nun weitergeht, erzählt sie im Interview.
Herzlichen Glückwunsch zum erfolgreichen Abschluss Ihres Tenure-Track-Verfahrens. Wie haben Sie gefeiert?
Große Feiern sind nicht so mein Ding – und mit einer kleinen Tochter auch keine richtige Option. Außerdem hatte ich direkt einige Deadlines für Bewerbungen um Forschungsförderprogramme. Aber ich hatte am Abend der guten Nachricht eine Freundin zum Abendessen zu Besuch und habe eine andere einige Tage später in Schottland besucht. Dort haben wir auch noch ein bisschen nachgefeiert.
Die Entscheidung ist nach sechs Jahren gefallen. Wie muss man sich das Verfahren vorstellen?
Es gibt insgesamt zwei Evaluationen: Nach drei Jahren die Zwischen- und nach sechs Jahren die Abschlussevaluation.
Bei der Zwischenevaluation wird geschaut, ob es in Forschung und Lehre in die richtige Richtung geht. Dafür schreibt man zum Beispiel eine Zusammenfassung über eingeworbene Drittmittel, was man in Lehre und Forschung gemacht hat und was man sich für die Zukunft vorstellt. Auf Basis der Evaluation werden die Aufgaben dann angepasst und auch neue Ziele bis zur Abschlussevaluation festgelegt. Ich habe zum Beispiel das Feedback bekommen, dass ich das Verhältnis von Forschung und Lehre noch etwas mehr in Richtung Forschung verschieben sollte. Der Spagat ist da manchmal nicht so einfach.
In der Abschlussevaluation wurde unter anderem geschaut, inwieweit die besprochenen Schritte umgesetzt wurden. Außerdem hält man einen Fachvortag über sein Forschungsthema und muss zu einem vorgegebenen Thema eine kurze Vorlesung gestalten. Hinzu kommen natürlich Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern des Fachbereichs.
Das bedeutet aber auch, dass Sie schon mit Vorgaben in das Programm gestartet sind?
Es wird immer auch individuell auf jede Person geschaut
Es gibt zum Start eine Vereinbarung über Tätigkeiten und Ziele. Da wird aber immer individuell auf jede Person geschaut. In meinem Forschungsbereich gab es vorher zum Beispiel noch keine Tenure-Track-Professur. Dadurch gab es noch keine Erfahrungswerte zu Vorgaben.
Das hat es aber variabel gemacht. Je nachdem, was man für Experimente macht, braucht man ja auch unterschiedliche Maßgaben. Einige Versuche bringen nach zwei Wochen Ergebnisse, aber ich mache Langzeitmessungen, bei denen man erst nach ein paar Jahren Auswertungen hat. Das wird berücksichtigt, etwa bei der erwarteten Menge an wissenschaftlichen Publikationen.
Dass das Verfahren personalisiert werden kann, war für mich auch in einem anderen Kontext hilfreich: Durch die Pandemie waren Expeditionen nicht möglich, was direkte Auswirkungen auf meine Forschung hatte. Auch die Geburt meiner Tochter hat die Situation so verändert, dass ich das Gespräch gesucht habe. Die Evaluation wurde dann etwas verschoben.
Welche Vorteile bietet das Tenure-Track-Programm für Nachwuchswissenschaftlerin, wie Sie es beim Start 2017 waren?
Ich sehe einen Vorteil darin, dass man eine etwas größere Absicherung hat, dass man bleiben kann, wo man ist. Denn bei den Juniorprofessuren ohne Tenure-Track ist es oft so, dass man die Universität nach sechs Jahren verlassen muss. Durch das Wissenschaftszeitvertragsgesetz hat man dann mitunter kaum eine Chance, dauerhaft in der Wissenschaft zu arbeiten. Daher ist das Programm ein wichtiger und guter Schritt. Es kann aber nicht der einzige bleiben, um Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler eine Chance zu geben.
Wie haben Sie inhaltlich von dem Programm profitiert?
Die Evaluationen sind zwar etwas Mehrarbeit, sie sind aber sehr wertvoll, weil man dadurch Feedback bekommt und schauen kann, wo es Verbesserungspotenzial gibt. Was mir auch geholfen hat, war ein informelles Mentoring durch zwei Senior-Wissenschaftlerinnen aus meinem Fachbereich, an die ich mich mit Fragen wenden konnte. Die beiden haben zwar kein Tenure-Track gemacht, aber konnten mich trotzdem in vielen Anliegen unterstützen. Es gibt da auch verschiedene offizielle Mentoring-Angebote von Seiten der Uni.
Sie forschen zum Einfluss des Klimawandels auf marines Phytoplankton. Welche Erkenntnisse haben Sie in den sechs Jahren seit Ihrem Antritts-Interview gewonnen?
Bisher hatte ich mich eher mit abiotischen Faktoren wie dem Kohlenstoffgehalt oder der Temperatur des Meeres beschäftigt. Nun hat sich mehr und mehr herausgestellt, wie wichtig auch die biotischen Interaktionen des Phytoplanktons sind. Konkret geht es um marine Viren und wie sie die charakteristischen Eigenschaften des Phytoplanktons verändern können. Dass es diese Viren gibt, ist lange bekannt, aber bisher wurde ihr Einfluss auf die ökologischen Funktionen des Phytoplanktons nur selten explizit im Labor erforscht.
Haben Sie schon konkrete Projekte oder Expeditionen als neue Professorin für „Planktonökologie“ an der Uni Hamburg geplant?
In den kommenden drei Sommern geht es nach Qeqertarsuaq in Grönland, also in den hohen Norden. Da werden wir uns mit den polaren Phytoplankton-Arten beschäftigen und insbesondere damit, wie wahrscheinlich es ist, dass sie durch andere Arten verdrängt werden könnten. Das ist ein großes Projekt, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird. Ich bin sehr gespannt, denn ich war noch nie so weit nördlich.
Zudem fokussieren wir uns inzwischen sehr auf fluktuierende Umweltbedingungen, etwa einzelne Hitzewellen und ihre Auswirkungen. Denn ein großer Teil der Antworten, die mikrobakterielle Organismen auf Umweltveränderungen haben, hängt stark davon ab, was sie bereits für Veränderungen erlebt haben.
In der Ostsee haben wir in zwei benachbarten Bereichen, die mit dem Schiff nur ein paar Stunden voneinander entfernt sind, geforscht. Das eine Becken fluktuiert in seinen Gegebenheiten sehr unregelmäßig, das andere liegt geschützter und hat daher eher voraussagbare Fluktuationen. Eine Phytoplanktonart, die in beiden Bereichen vorkommt, reagiert in Versuchen sehr unterschiedlich auf weitere Veränderungen der Umwelt – abhängig davon, aus welchem Becken sie stammt. Diese ersten Erkenntnisse wollen wir jetzt noch auf weitere Gebiete ausdehnen, denn es wäre sehr praktisch, wenn man langfristige Monitoring-Daten eines Bereiches nutzen könnte, um zu schauen: Wie fluktuieren die Umweltbedingungen hier? Und wie werden sich die Phytoplanktonarten voraussichtlich unter bestimmten Veränderungen entwickeln?
Zur Person
Prof. Dr. Elisa Schaum forscht seit 2017 am Fachbereich Biologie der Universität Hamburg. Bisher war sie als Juniorprofessorin am Institut für Hydrobiologie und Fischereiwissenschaft tätig. Ab April 2024 tritt sie dort nach erfolgreichem Tenure-Track-Verfahren eine W2-Professur für „Planktonökologie“ an. Prof. Schaum forscht und lehr zur biologischen Ozeanografie und insbesondere den Auswirkungen des Klimawandels. Sie ist Mitglied des Klima-Exzellenzclusters CLICCS sowie des Centrums für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit der Universität Hamburg.
Das Tenure-Track-Programm
Die Exzellenzuniversität Hamburg bietet jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern durch das Tenure-Track-Programm mehr Planungssicherheit für ihren Karriereweg und bindet hervorragende Nachwuchskräfte langfristig an die Hochschule. Während Juniorprofessuren höchstens sechs Jahre laufen und mit dem Abschied der Nachwuchsforschenden an eine andere Universität enden, gibt es beim Tenure-Track eine weitere Evaluation nach sechs Jahren. Ist diese erfolgreich, erhält die Juniorprofessorin bzw. der Juniorprofessor ohne Ausschreibung und Berufungsverfahren eine ordentliche Professur. Mehr Informationen gibt es auf der Webseite der Stabsstelle Berufungen.