„Transfer ist mehr!“Die Leiterin der neuen Transferagentur im Interview
8. April 2021, von Anna Priebe
Foto: UHH/Lutsch
Prof. Dr. Sabine Maasen ist seit dem 1. November 2020 Professorin für Wissenschafts- und Innovationsforschung an der Universität Hamburg und wissenschaftliche Leiterin der neu gegründeten Transferagentur. Ein Gespräch über Türschilder, Kennenlernen und Reflexion.
Wie würden Sie die Transferagentur in drei Worten beschreiben?
Transfer ist mehr! Denn obwohl Transfer ein Singular-Begriff ist, beschreibt er doch so vieles.
Nämlich?
Ingenieure denken vielleicht direkt an technische Innovationen und Start-ups, Lehrerinnen und Lehrer dagegen an lebenslanges Lernen. Wir wollen mit der Transferagentur diese Stränge zusammenführen. Sie umfasst zum Start vier Bereiche: Innovation und Gründung, Bildung und Qualifizierung, gesellschaftliches Engagement sowie – und das ist an der Universität neu und deutschlandweit relativ einzigartig – ko-kreative Forschung, bei der es darum geht, die Gesellschaft direkt mitwirken zu lassen.
Also vier Säulen unter dem Dach der Transferagentur?
Die vier Felder sollen auf keinen Fall feste Säulen sein und vor allem nicht ausgrenzen. So nach dem Motto: Wer hier nicht reinpasst, darf nicht mitmachen. Die Begriffe sind eher die Türschilder, an denen man sich beim ersten Kontakt orientieren kann. Hier wollen wir die verschiedenen Aktivitäten, von denen es an der Universität ja schon sehr viele gibt, sammeln. Wir arbeiten dabei mit einem Appetizer-Modell, das heißt, Beispielprojekte sollen jeweils zeigen, was in den Bereichen alles denkbar und möglich ist. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass sie sich im Laufe der Zeit weiterentwickeln und verändern.
Die vier Begriffe sind eher die Türschilder, an denen man sich beim ersten Kontakt orientieren kann
Was sind die Pläne für die kommenden drei Jahre?
Was wir hier haben, ist eine Einladung, um an der Universität einen Kulturwandel anzustoßen. Unser Ziel ist es, dass sich in den kommenden drei Jahren neue Routinen bilden und an der Universität beispielsweise keine Forschung mehr geplant wird, die nicht wenigstens darüber nachgedacht hat, ob und wie man Transferaktivitäten integrieren könnte.
Am Anfang geht es natürlich darum, neue Strukturen aufzubauen und sie in die vorhandenen einzubauen. Die Komplexität des Themas verlangt, dass man dabei sowohl die wissenschaftliche als auch die administrative Seite im Blick hat. Wir arbeiten daher vor allem daran, uns intern bekannt zu machen, Schnittstellen zu finden und gemeinsame Aufgaben zu besprechen. Auch die Beziehungen zu externen Partnern werden aufgebaut. Parallel dazu startet die Ausarbeitung und Umsetzung ganz konkreter Projekte, etwa des Forschungsportfolios zum Thema Corona. Zudem werden über den neuen Transferfonds bereits mehrere Forschungsvorhaben gefördert.
Wie wird die Transferagentur sichtbar sein?
Für mich gibt es da nur einen Weg: reden, reden, reden. Es geht darum, sich zu zeigen und zu sagen: „Leute, kommt mit euren Ideen zu uns und lasst uns im Gespräch Möglichkeiten für den Transfer entwickeln.“
Dafür sind wir viel in der Universität unterwegs – wegen Corona noch hauptsächlich digital. Wir haben zahlreiche Gespräche geführt und uns auch mit verschiedenen beratenden Gremien wie dem Exzellenzrat und dem Transferrat ausgetauscht. Unterdessen kommen schon viele Mitglieder der Hochschule auf uns zu, weil sie gehört haben, dass es jetzt eine Transferagentur gibt. Zukünftig soll vor allem auch die Website der Universität einen Anlaufpunkt darstellen, auf der man alle Informationen zu uns, unseren Angeboten und aktuellen Projekten findet.
Was bedeutet es eigentlich, dass sich die Universitäten heute völlig neu aufstellen?
Der Transfer soll auch wissenschaftlich begleitet werden. Was bedeutet das konkret?
Wir begleiten den Transfer im Sinne eines Monitorings. Da geht es dann etwa um Best-Practice-Beispiele. Die Ergebnisse werden an die Praxis zurückgespielt, um eine Wissensbasis aufzubauen, auf der man Empfehlungen und Hinweise aussprechen kann.
Darüber hinaus möchte ich aber auch reflexive Forschung betreiben und fragen: Was bedeutet es eigentlich, dass sich die Universitäten heute völlig neu aufstellen? Noch vor gar nicht langer Zeit war es undenkbar, dass sich Wissenschaft kontinuierlich und erkennbar der Gesellschaft zeigt und sie sogar einbezieht. Es war lange ein Nischenthema, das genauso oft eingeschlafen ist wie es aufkam. Jetzt ist eine ganz andere Sensibilisierung da – und das verändert die Wissenschaft ebenso wie das Verhältnis von Wissenschaft und Gesellschaft zueinander.
Die neue 19NEUNZEHN ist da!
Das Interview ist in der aktuellen Ausgabe 16 der 19NEUNZEHN erschienen. Es ergänzt einen Beitrag zur Neuaufstellung des Bereichs „Transfer“ an der Universität im Rahmen der Exzellenzstrategie.