Miracle active agent T-705: the chemistry is not (quite) right
16 June 2017, by Dr. Angelika Franz
Photo: UHH/Franz
A well-known active agent could revolutionize the treatment of several diseases, however, its deployment continues to raise an increasing number of questions. A team of chemists at Universität Hamburg is currently conducting intensive research on T-705, which might even prove successful in treating ebola. Here is the lab report. [Read on in German . . .]
Als die japanische Firma Toyama Chemical Co., LTD. 2014 den Wirkstoff T-705 in Japan gegen Grippe auf den Markt brachte, war die Welt der Medizin wie elektrisiert: Einen so vielversprechenden Wirkstoff hatten Ärzte noch nie in den Händen gehalten. Nicht nur gegen Grippe konnten sie ihn einsetzen, sondern auch gegen eine Vielzahl weiterer Viren. Sogar gegen Erreger, die teils schwere Krankheiten und Epidemien auslösen, wie beispielsweise das Ebolavirus, versprach T-705 Hoffnung.
Als eines von wenigen Medikamenten wurde der Wirkstoff während der Ebola-Epidemie im Jahr 2014 am Menschen getestet, nachdem es von der WHO auf eine Liste bekannter Medikamente gesetzt wurde, die sich für klinische Studien an Ebola-infizierten Patienten eigneten.
Wirkungsweise von T-705 noch nicht entschlüsselt
Doch je mehr Forschergruppen sich weltweit mit diesem neuartigen, vielversprechenden Mittel gegen Viruserkrankungen beschäftigten, desto mehr Fragezeichen tauchten auf: T-705 verhält sich in vielerlei Hinsicht anders als bisher bekannte, ähnliche Wirkstoffe. Eine Gruppe um Prof. Dr. Chris Meier und Dr. Johanna Huchting aus dem Institut für Organische Chemie hat untersucht, wo auf chemischer Ebene die Probleme liegen – und gibt damit einen wichtigen Anstoß für weitere biologische Studien.
„In meinen Augen wissen wir bislang immer noch sehr wenig über die Wirkungsweise von T-705“, beschreibt Huchting die Ausgangslage. Bekannt ist lediglich, dass T-705 die Vervielfältigung des Erbguts der Viren beeinflusst. So können sich die Viren in der Wirtszelle nicht weiter vermehren, am Ende werden keine weiteren infektiösen Viruspartikel mehr freigesetzt. Damit greift T-705 das Virus, anders als manch andere handelsübliche Grippemedikamente, bereits zu einem frühen Zeitpunkt seines Vermehrungszyklus an. Außerdem wirkt T-705 auf einen Mechanismus, der vielen Viren gemeinsam ist, und kann damit gegen viele unterschiedliche Erreger eingesetzt werden.
Studien in der Petrischale haben aber gezeigt, dass es nicht ausreicht, das Medikament einfach nur in die Zelle zu schleusen. Einmal dort angekommen, muss der verabreichte Wirkstoff erst noch aktiviert werden. Doch bei T-705 geschieht dieser Prozess nur sehr langsam – so entsteht eine Art Flaschenhals für die Wirksamkeit. Bisher lösten Medizinerinnen und Mediziner das Problem, indem sie einfach große Mengen des Medikaments verabreichten – ein Teil davon würde schon wirken.
Zu fragil für Trojaner
Stellt man diese Aktivierung aber chemisch nach, um damit ein viel wirksameres Medikament zu erhalten, entsteht ein Molekül, das den Weg in die Zelle gar nicht erst findet, weil es die Zellmembran nicht durchdringen kann. Normalerweise ist es möglich, in so einem Fall die Zellen auszutricksen. Prof. Chris Meier entwickelte mit seiner Gruppe in den vergangenen Jahren bereits sehr erfolgreiche und weltweit einzigartige Technologien dafür. „Wir verpassen diesen Stoffen eine Maske“, erklärt Meier, „wir machen quasi ein Trojanisches Pferd daraus.“
T-705 jedoch sträubte sich gegen diese Prozedur. Wollten die Forscherinnen und Forscher das Molekül auf dem bekannten Weg der chemischen Reaktionen tarnen, zerbrach es. „Etwas Ähnliches war zuvor noch nicht beobachtet worden, sodass es zunächst keine Erklärung gab. Nun wurde es richtig spannend“, so Huchting. Sie nahm sich der Herausforderung an und fand heraus, dass ein Teil des aktivierten Moleküls von T-705 ganz und gar instabil ist. Schon in reinem Wasser bleibt dieses nicht erhalten. „Es scheint, dass zunächst diese labile Stelle angegriffen wird und damit das ganze Molekül zerbricht.“ Damit steht die Weiterentwicklung des Wirkstoffs vor einer großen Hürde.
Zudem gehen die Bedenken noch viel weiter, denn im Organismus werden – so die Vermutung der Forscherinnen und Forscher – Anteile des Wirkstoffs in die RNA der Viren eingebaut. Nur sind diese ebenfalls instabil. Welche Folgen diese Fragilität haben könnte, ist bisher nicht untersucht – könnte aber interessante Einblicke in einen neuartigen Wirkmechanismus für Medikamente gegen Virusinfektionen geben.
T-705
Ihre Ergebnisse hat die Gruppe in der Ausgabe 9/2017 der Zeitschrift ChemMedChem veröffentlicht. Auf einem Vortrag in Atlanta bei der jährlichen Tagung der International Society for Antiviral Research stellte Huchting sie Ende Mai einem Fachpublikum aus Biologie und Medizin vor. „Ich bin gespannt, was die aus den Informationen machen“, freut sie sich. „Denn wenn es uns gelingt, T-705 besser zu verstehen, kann daraus ein überaus wertvoller Wirkstoff hervorgehen.“
Link zum Artikel: http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/cmdc.201700116/full