Ever more scepticsStudy on online comments on climate topics
13 September 2017, by Stephanie Janssen
Photo: UHH/CEN/Lörcher
Do online forums attract climate sceptics? A new study conducted by CliSAP excellence cluster examines the debate on public platforms. An interview with communications researcher Ines Lörcher. [Read on in German]
Sie haben Online-Kommentare analysiert, die sich auf Presseartikel zum Thema Klimawandel beziehen. Laufen die Klimaskeptikerinnen und -skeptiker in diesen Foren zu Hochform auf?
Wir haben Kommentare zu Artikeln auf „Spiegel.de“ und „Welt.de“ untersucht. Frühere Studien, unter anderem aus den USA und Großbritannien, ermittelten auf offenen Plattformen einen sehr hohen Anteil an Skeptikern. Unsere Analyse hat dagegen gezeigt, dass eine Mehrheit in den Kommentaren vom Klimawandel und seinen negativen Folgen überzeugt ist. Trotzdem tummeln sich online mehr Skeptiker als im Durchschnitt unserer Bevölkerung insgesamt.
Sie haben insgesamt 5301 Posts und Artikel untersucht. Wie lässt sich aus Halbsätzen oder Andeutungen die tatsächliche Einstellung zum Klimawandel erkennen?
Die Einschätzung ist bei Kommentaren tatsächlich manchmal schwierig. Ein „Nee, finde ich nicht“ kann sich sowohl auf den ursprünglichen Artikel als auch auf den vorherigen Kommentar beziehen. Auch Ironie ist ein Problem. Wir haben deshalb ein sogenanntes Codebuch entwickelt.
Was ist ein Codebuch?
Hier legen wir die Kriterien für eine systematische Auswertung fest. Zum Beispiel, was für uns ein Skeptiker ist: Jemand, der nicht an den Klimawandel glaubt, jemand, der bezweifelt, dass der Mensch ihn mit verursacht hat und der die Folgen nicht als Problem ansieht. Gleichzeitig wollten wir den Inhalt der Kommentare systematisch erfassen und haben dafür Kategorien geschaffen.
Wird zum Beispiel über Unsicherheiten in den wissenschaftlichen Ergebnissen geschrieben, über Politik oder über Umweltschutz? Das Codebuch ist also eine detaillierte Anleitung, wie wir Themen und Meinungsäußerungen erkennen und analysieren können.
So haben Sie mehrere Tausend Kommentare bearbeitet?
Wir haben zunächst eine Stichprobe analysiert. Im zweiten Schritt wurde ein spezielles Computerprogramm von uns so angepasst, dass es auf Basis unserer Auswertungen die Inhalte kategorisieren und die Themen und Skeptiker erkennen konnte – im Vergleich fast ebenso zuverlässig wie ein Mensch!
Wie ist der Umgangston in den Beiträgen?
Es gibt schon auch viel Unhöflichkeit. Der Klimawandel ist ein moralisch aufgeladenes Thema, da kann es hoch hergehen.
Was hat Sie bei der weiteren Analyse überrascht?
Bei 17 Prozent der Beiträge ging es gar nicht im engeren Sinn um das Thema Klimawandel. Manchmal driftet die Diskussion einfach vom Ursprungsthema ab, manchmal verbinden die Menschen aber auch Themen mit dem Klimawandel, die in einem streng wissenschaftlichen Sinn nichts damit zu tun haben. Die Leute gehen kreativ mit dem Thema um. Es kann sich eine Dynamik mit ganz eigener Interpretation und Wahrnehmung entwickeln.
Können Sie ein Beispiel nennen?
Wenn der Ausgangstext ein Artikel zur globalen Temperaturerhöhung durch vom Menschen produzierte Treibhausgase ist, dann gibt es zum Beispiel einen Kommentar, wie problematisch und gefährlich die Atomkraft ist. Das Klimathema wird von vielen automatisch in den viel größeren Rahmen „Umwelt und Natur“ eingeordnet – da kommen manche schnell auf das Ozonloch, den sauren Regen oder eben Atomkraft.
Ihr Fazit?
Wer postet, hat den Text, auf den sich der Beitrag bezieht, nicht unbedingt intensiv gelesen. Er kann auch einfach als Anker für die eigene Botschaft benutzt werden. Die Medien sind also vor allem ein Auslöser, um über den Klimawandel zu kommunizieren. Sie beeinflussen zum Teil, worüber wir sprechen und was wir über das Thema wissen – aber nur sehr bedingt unsere Meinung. Aus früheren Projekten wissen wir, dass die individuelle Einstellung zu Klimawandel und Umweltschutz stark durch Familie und Erziehung geprägt wird. Und das hält vor.
Die Studie wurde im Rahmen des DFG-Projekts „Klimawandel aus Sicht der Medienrezipienten“ durchgeführt (Leitung Prof. Dr. Irene Neverla).