ERC grant for research into immune responses in cancer: interview with oncologist Prof. Dr. Dr. Sonja Loges
31 August 2017, by Anna Priebe
Photo: Felizitas Tomrlin/UKE
THe European Research Council (ERC) has awarded oncologist Prof. Dr. Dr. Sonja Loges from the University Medical Center Hamburg-Eppendorf with an ERC starting grant of 1.5 million euros over the next five years. Her research aims to improve on current cancer therapies. [Read on in German . . .]
Worum wird es beim ERC-Projekt genau gehen?
Wir erforschen die Steuerung von Immunantworten gegen Tumorzellen im Knochenmark. Das Knochenmark ist deswegen so wichtig, weil es zum einen das Entstehungsgewebe von Leukämien ist, zum anderen aber auch ein Rückzugsort für sogenannte residuelle Tumorzellen. Das sind Tumorzellen, die bei soliden Tumoren, zum Beispiel Brustkrebs, nach einer Behandlung im Körper des Patienten zurückbleiben und zu Rückfällen führen können. Wir wollen die Immunantworten im Knochenmark besser verstehen und Ansatzpunkte entwickeln, um diese zu verstärken, damit das Rückfallrisiko von Patienten gesenkt und die Heilungsrate erhöht wird.
Das heißt, das Immunsystem versucht grundsätzlich schon, die Tumorzellen zu bekämpfen?
Ja, es gibt zwei Immunzell-Populationen, die direkt Tumorzellen abtöten können: NK-Zellen und T-Zellen. Während über diese Prozesse im primären Tumorgewebe schon relativ viel bekannt ist, weiß man nicht genau, wie Immunantworten gegen Krebszellen im Knochenmark gesteuert werden. Wir haben Daten, die darauf hinweisen, dass diese Reaktionen im Knochenmark abgeschwächt sind.
Deshalb können die Tumorzellen dort überleben?
Genau, das Knochenmark ist wie eine schützende Nische für Tumorzellen, die dort auch sehr gut Chemo-Therapien überstehen können.
Was ist das Neue an dem Ansatz?
Unser Projekt ist besonders, weil es bei den Immunantworten im Knochenmark ansetzt, über die bislang nur sehr wenig bekannt ist. Es gibt weltweit nur ein bis zwei Arbeitsgruppen, die sich überhaupt damit beschäftigen. Es geht erstmal darum, zu verstehen: Gibt es Anti-Tumor-Immunantworten im Knochenmark und wie werden sie reguliert. Zusätzlich schauen wir, inwieweit neue Immuntherapien auch im Knochenmark aktiv sind. Wenn sie es nicht sind, versuchen wir neue Strategien zu entwickeln, diese zu verbessern.
Was sind die größten Herausforderungen, wenn man versucht, das Immunsystem zu beeinflussen bzw. zu verändern?
Die größte Herausforderung bei diesen Ansätzen sind Resistenzmechanismen. Tumorzellen bilden ein Molekül – PDL1 –, das sich an das von T-Zellen gebildete PD1 bindet. Durch diese Bindung – die sogenannte PD1-PDL1-Achse – werden die T-Zellen in ihrer Aktivität unterdrückt, das wirkt wie eine Bremse auf dem Immunsystem. Mit den neuen Medikamenten bockiert man wiederum diese Achse und die T-Zellen können die Tumorzellen angreifen. Die Tumorzellen unterdrücken die Immunantworten aber auf verschiedenen Wegen. Wenn man einen dieser Wege hemmt, dann finden sie einen anderen.
Sie machen Grundlagenforschung. Sind Nebenwirkungen von Medikamenten Faktoren, über die Sie sich in diesem Stadium schon Gedanken machen? Oder muss man sich von solchen Einschränkungen am Anfang erstmal freimachen?
Ein bisschen von beidem, denke ich. Ich mache kliniknahe Grundlagenforschung und versuche etwas zu entwickeln, was den Patienten nützt – und daher habe ich das schon mit im Blick. Wir achten also in unseren Versuchen schon auch auf solche potenziellen Nebenwirkungen und wenn wir sehen würden, dass es zu gravierenden Nebenwirkungen kommt, würden wir das entsprechende Medikament nicht in die Klinik bringen.
Wie lang ist der Weg von den Ergebnissen in Ihrem Labor bis zu den fertigen Medikamenten?
Es ist sehr schwer, das vorherzusagen. Ich denke aber, fünf bis zehn Jahre sind ein realistischer Zeitraum. Generell ist der Weg sehr lang und auch kompliziert, weil die Entwicklung eines neuen Medikamentes sehr teuer ist.
Können Sie abschätzen, ob die Patientinnen und Patienten auch anderweitig von einer solchen Therapie profitieren können, zum Beispiel durch schonendere Behandlungen oder weniger Bestrahlung?
Das ist in diesem Stadium des Projektes noch etwas zu früh. Es ist schon so, dass immuntherapeutische Ansätze insgesamt weniger Nebenwirkungen haben als Chemotherapien. Bei Lungenkrebs gibt es eine Zulassung für eine Immuntherapie in der Erstlinie, das heißt statt Chemo-Therapie. Ich glaube trotzdem nicht, dass man die Chemotherapie komplett wird ersetzen können. Bei Patienten, die unheilbar krank sind, kann man mit einer solchen Therapie vielleicht für eine längere Zeit mit weniger Nebenwirkungen behandeln und ihnen so mehr Lebensqualität ermöglichen.
Zur Person
Sonja Loges hat in Hamburg Biochemie und Medizin studiert und ist seit 2014 Fachärztin für Hämatologie, Onkologie und Innere Medizin. Die Arbeitsgruppe von Prof. Loges ist in die II. Medizinische Klinik und das Institut für Tumorbiologie integriert und bildet damit eine Brücke zwischen Grundlagenforschung und klinischer Medizin. Mit ihrem Team hat sie einen Hemmstoff zur Behandlung fortgeschrittener Akuter Myeloischer Leukämie (AML) zur klinischen Reife gebracht, der jetzt in einer von ihr geleiteten internationalen klinischen Studie auf seine Wirksamkeit geprüft wird. Prof. Loges ist vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit einer Heisenberg-Professur der Deutschen Forschungsgemeinsaft (DFG) und dem Forschungs- und Innovationspreis der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie.