Kontakt:
Prof. Dr. Thomas M. Kaiser
Centrum für Naturkunde (CeNak)
Leiter der Abteilung Säugetiere
t. 040.42838-7653
e. thomas.kaiser@uni-hamburg.de
Prof. Dr. Thomas M. Kaiser
Centrum für Naturkunde (CeNak)
Leiter der Abteilung Säugetiere
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Die Paläopathologie ist eine relativ neue Forschungsrichtung, die sich mit den am Skelettsystem ablesbaren Krankheiten und Verletzungen ausgestorbener Tiere sowie der vergleichenden Analyse mit heute lebenden Arten beschäftigt. Es handelt sich um ein interdisziplinäres Feld, das die Biologie, Medizin, Paläontologie, Archäologie und Anthropologie vereint.
„Aus den Spuren von Krankheiten oder Deformierungen an fossilen Knochen können wir viel über die Lebensumstände, das Verhalten und den Überlebenskampf von Tieren und Frühmenschen in den entsprechenden erdgeschichtlichen Epochen ableiten“, erklärt Prof. Dr. Thomas Kaiser, Leiter der Abteilung „Säugetiere“ des CeNak und neben Doktorandin Daniela Winkler Mitorganisator der Tagung.
In 32 Vorträgen und 13 Poster-Präsentationen wurden verschiedene Aspekte des Themas beleuchtet. Im Fokus stand die Pathologie – also die Ursache, Entstehungsweise und Symptomatik von Krankheiten – bei Dinosauriern, früheren Säugetiervorfahren und vielen anderen längst ausgestorbenen Wirbeltieren.
Interessant war die Erkenntnis, dass viele der Knochen und Zahnleiden, die uns Menschen bis heute begleiten, bereits vor mehr als 70 Millionen Jahren ganz ähnlich z.B. auch bei Dinosauriern auftraten. So waren etwa die vielfältigen Verletzungen des urzeitlichen Allosaurus, eines nahen Verwandten des bekannten Tyrannosaurus rex, Thema eines Vortrags von Serjoscha Evers (Oxford University) und Co-Autoren. Knochenbrüche, Wirbeldeformationen und Zahnprobleme werfen ein Schlaglicht auf die risikoreiche Lebensweise dieser großen Fleischfresser, die wohl viel „einstecken“ mussten zu Lebzeiten. Da evolutive Innovationen oft von den „Außenseitern“ einer Population ausgehen, erörtete Dr. Manja Voss (Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung Berlin) am Beispiel fossiler Seekühe die Frage: „Wieviel Anomalie ist Pathologie?“.
Zähne sowie die mit ihnen verbundenen Funktionen und Fehlfunktionen sind eine wichtige Quelle für die Paläopathologen. Zahnprobleme wie übermäßiger Verschleiß können dann in evolutiven Zeiträumen Ausgleichstendenzen in Gang setzen. Dies zeigte etwa der Vortrag „Schmelzinseln und die Entwicklung von Hypsodontie am Beispiel fossiler und rezenter Biber“ von Anne Schubert (Universität Bonn). Sie stellte die Entwicklung hochkroniger Zähne bei ausgestorbenen und heute lebenden Bibern dar und zeigte, wie sich deren Lebensspanne durch ein länger anhaltendes Zahnwachstum vergrößerte.
Auch Dr. Ellen Schulz-Kornas vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig und die Arbeitsgruppe um Professor Kaiser beschäftigten sich in einem Vortrag mit dem Thema „Zahnabnutzungsmuster und Pathologien von Equiden [Pferden, Anmerk. der Red.]“, zu dem sie im April einen Fachartikel im renommierten Equine Veterinary Journal veröffentlicht haben.
„Zähne gehören zu den fossil am häufigsten erhaltenen Skeletteilen ausgestorbener Tierarten und sind daher von großer Bedeutung für Paläontologie und Paläopathologie“, so Prof. Kaiser. „Die Tagung hat einen inspirierenden Einblick in die aktuelle Forschung in der Paläopathologie gegeben.“ Zudem war eine große Bandbreite anderer paläontologischer Themen präsent, so dass ein großer Überblick über neue Projekte gegeben war.