31. Mai 2024
Viren, Klima, NeurowissenschaftenDFG fördert drei interdisziplinäre Großprojekte der UHH mit ca. 39 Mio. Euro
Foto: UHH/Esfandiari
Neu gefördert wird der Sonderforschungsbereich „Emerging Viruses: Pathogenesis, Structure, Immunity“, der das genaue Verständnis von Viren, Infektionsprozessen und Immunreaktionen auf molekularer Ebene zum Thema hat. Der SFB ist an der Medizinischen Fakultät und am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) angesiedelt und erhält bis 2028 insgesamt voraussichtlich 10,8 Millionen Euro.
Um eine weitere Förderphase verlängert wurden der SFB/Transregio „Energy Transfers in Atmosphere and Ocean“ unter Federführung der Universität Hamburg sowie der SFB/Transregio „Treatment Expectation“ mit maßgeblicher UKE-Beteiligung.
„Herzlichen Glückwunsch im Namen der Universität Hamburg an alle beteiligten Forschenden: Das sind große Erfolge für unsere Exzellenzuniversität. Der neue Sonderforschungsbereich und die verlängerten Transregio-Projekte sind Leuchttürme in den Bereichen Viren, Klima und Neurowissenschaften. Das Volumen von knapp 40 Millionen Euro der drei interdisziplinären Großprojekte verdeutlicht den besonderen Stellenwert. Der neue SFB unter Leitung von Prof. Marylyn Addo steht in enger Verbindung mit dem Exzellenzcluster-Antrag „Gateways to Health“ in der Infektionsforschung. Das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) ist dabei ein enger Partner für uns. Somit sind die Erfolge auch ein gutes Signal für den Wissenschaftsstandort Hamburg“, sagt Prof. Dr. Hauke Heekeren, Präsident der Universität Hamburg.
„Wir freuen uns sehr über den neuen Sonderforschungsbereich, mit dem die Infektionsforschung am UKE einen weiteren großen Sprung machen wird. Besonders erfreulich ist, dass neben dem UKE und der Uni viele weitere Forschungseinrichtungen in Hamburg an dem neuen SFB 1648 beteiligt sind. Auch über die Verlängerung des neurowissenschaftlichen Transregio TRR 289 sind wir sehr erfreut. Wir gratulieren insbesondere Frau Prof. Addo und Frau Prof. Topf sowie Herrn Prof. Büchel zu dem außergewöhnlichen Erfolg“, sagt Prof. Dr. Blanche Schwappach-Pignataro, Dekanin der Medizinischen Fakultät und UKE-Vorstandsmitglied.
Sonderforschungsbereiche sind langfristige, interdisziplinäre Forschungskooperationen, die über maximal zwölf Jahre und drei Phasen gefördert werden. Die Deutsche Forschungsgemeinsamt (DFG) unterstützt so exzellente und umfassende kollaborative Vorhaben in der Grundlagenforschung, Eine besondere Form des SFB ist der Transregio, bei dem mehrere Universitäten den Antrag gemeinsam stellen und tragen.
Details zum neuen SFB und den verlängerten SFBs/Transregio
Sonderforschungsbereich: „Emerging Viruses: Pathogenesis, Structure, Immunity“
Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat eine Liste mit Krankheiten vorgelegt, die das Potenzial haben, zukünftig eine Epidemie auszulösen. Diese sollen bei der Entwicklung von Diagnostika, Medikamenten und Impfstoffen priorisiert werden. Gemein ist den Erkrankungen der aktuellen WHO Blueprint Priority List, etwa dem Lassafieber, der Ebola-Viruserkrankung oder dem Middle East Respiratory Syndrom (MERS), dass sie durch RNA-Viren ausgelöst werden.
Der neue SFB 1648 „Emerging Viruses: Pathogenesis, Structure, Immunity“, der für die kommenden vier Jahre von der DFG circa 10,8 Millionen Euro erhält, hat es sich daher zum Ziel gesetzt, die grundlegenden Strukturen und Mechanismen dieser Virusinfektionen zu erforschen. Dadurch sollen Therapie- und Präventionsmöglichkeiten verbessert und bei Ausbrüchen soll schneller reagiert werden können. „Wir möchten vor allem untersuchen, wie das Virus und der Wirt interagieren, wo Viren verletzlich sind und wie Immunantworten optimiert werden können“, erklärt die SFB-Sprecherin Prof. Dr. Marylyn Addo, Professorin für Infektiologie an der Medizinischen Fakultät und Direktorin des Instituts für Infektionsforschung und Impfstoffentwicklung (IIRVD) am UKE.
Insgesamt werden 26 Forschende von UKE und UHH, dem Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM), dem Leibniz-Institut für Virologie (LIV), dem Friedrich-Loeffler-Institut (FLI), der Medizinischen Hochschule Hannover, der Universität zu Lübeck und dem Universitätsspital Basel daran arbeiten, die Prozesse auf molekularer Ebene noch genauer zu verstehen. Dafür werden modernste Techniken aus der Zell- und Strukturbiologie, Computational Biology, Immunologie sowie der Biochemie genutzt werden.
Prof. Dr. Chris Meier, Professor für Organische Chemie aus dem Fachbereich Chemie der Universität Hamburg und assoziiertes Mitglied am Zentrum für strukturelle Systembiologie (CSSB) in der Science City Bahrenfeld, ist einer der beiden Co-Sprecher des SFBs. „Zum einen sollen die Erkenntnisse die gezielte Behandlung bereits bekannter Viren verbessern, zum anderen solle das bessere Verständnis der Grundmechanismen die Intervention gegen bisher noch unbekannte Erreger erleichtern“, so Meier. Die zweite Co-Sprecherin der SFB-Initiative ist Prof. Dr. Maya Topf, UKE-Professorin und Leiterin der Abteilung Integrative Virologie am Leibniz-Institut für Virologie und am CSSB. Sie beschreibt den SFB, der ein wichtiger Bestandteil des universitären Forschungsschwerpunkts „Entzündung, Infektion und Immunität“ ist, als einzigartig: „Der SFB bringt ein multidisziplinäres Team aus Grundlagenforschenden und klinischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zusammen, das es uns ermöglicht, die herausragende Infrastruktur in Hamburg zu nutzen und eine Pipeline zu entwickeln, die eine schnelle und effektive Reaktion auf neue virale Bedrohungen gewährleistet.“
Sonderforschungsbereich / Transregio: „Energy Transfers in Atmosphere and Ocean“
Bereits in die dritte Förderphase geht der TRR 181, in dem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Hamburg gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen der Universität Bremen sowie weiterer außeruniversitärer Partnereinrichtungen seit 2016 forschen. Sie untersuchen die Interaktionen von Turbulenz, Wellen und Wirbeln im Ozean und der Atmosphäre. „Viele Modelle des Klimasystems unserer Erde können diese oft sehr kleinskaligen Prozesse und Zusammenhänge bisher nicht genau darstellen, es gibt energetische und mathematische Inkonsistenzen“, erklärt Prof. Dr. Carsten Eden, Professor für Theoretische Ozeanographie am Fachbereich Erdsystemwissenschaften und im Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN). Das Ziel der Forschenden aus den Bereichen Ozeanographie, Meteorologie und Mathematik sei es daher, genauere Modelle zu entwickeln. Der TRR 181 ist damit ein wesentlicher Bestandteil des Forschungsschwerpunkts „Klima, Erde, Umwelt“ der Universität Hamburg.
Bisher wurden zahlreiche neue Parameterisierungen und numerische Verfahren entwickelt, die bereits in die zwei wichtigsten deutschen Klimamodelle implementiert wurden. In der dritten Projektphase, die mit etwa 15 Millionen Euro gefördert wird, soll es nun darum gehen, die verbesserten, akkurateren Modelle zur Anwendung zu bringen. „Besonders wichtig ist uns dabei die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses“, betont Eden, der am Institut für Meereskunde forscht und Sprecher des TRR ist.
Sonderforschungsbereich / Transregio – „Treatment Expectation“
Welchen Einfluss haben Erwartungen von Patientinnen und Patienten auf die Wirksamkeit medizinischer Behandlungen? Das untersuchen Forschende von UKE und UHH, der Philipps-Universität Marburg und der Universität Duisburg-Essen (Leitung) im überregionalen TRR 289. Die Arbeit wird nun in der zweiten Phase bis 2028 fortgesetzt und von der DFG mit voraussichtlich 15 Millionen Euro gefördert, von denen 3,8 Millionen Euro direkt ans UKE gehen. „Im ersten Projektabschnitt haben wir die grundlegenden psychologischen und neurobiologischen Mechanismen hinter positiven und negativen Erwartungen sowie Unterschiede zwischen einzelnen Personen untersucht“, sagt Prof. Dr. Christian Büchel, Professor für Funktionelle Bildgebung in den kognitiven Neurowissenschaften an der Medizinischen Fakultät und Leiter des Instituts für Systemische Neurowissenschaften am UKE. Er koordiniert die Forschung in den Teilprojekten am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.
Im Fokus stand vor allem die Behandlung von chronischen Schmerzen und Depressionen. In der zweiten Projektphase soll es nun darum gehen, wie sich Erwartungen im Laufe einer Behandlung verändern – und damit auch ihre Auswirkungen. Zudem werden weitere Krankheitsbilder einbezogen, etwa Autoimmunerkrankungen. „Im Vordergrund steht dabei immer, die gewonnenen Erkenntnisse möglichst schnell in die Praxis zu übertragen und in medizinischen Therapien einzusetzen“, so Büchel. Der TRR ist dem universitären Forschungsschwerpunkt „Neurowissenschaften und kognitive Systeme“ zuzuordnen und betrifft auch Themen des Potenzialbereichs „Veränderungsmechanismen“.