10. Oktober 2023
Neue Studie in „Nature Climate Change“Anpassung an Klimawandelfolgen weltweit unkoordiniert
Foto: UHH/Jantke
Für die Veröffentlichung werteten 30 Autorinnen und Autoren mehr als 1.400 wissenschaftliche Studien zum Thema Klimawandelanpassung aus. Sie bieten damit einen ersten weltweiten Überblick, welche Akteursgruppen Anpassung betreiben – und in welcher Funktion. Die Ergebnisse zeigen, dass die Aufgabenverteilung weltweit lückenhaft ist. Vor allem fehlen Konzepte, die darauf abzielen, Gesellschaften, Infrastrukturen und das Risikomanagement so zu verändern, dass sie besser auf die Auswirkungen des Klimawandels vorbereitet sind. Ebenso mangelt es an umfassenden Kooperationen verschiedener staatlicher und nicht-staatlicher Akteure.
„Unsere Studie deutet darauf hin, dass Anpassung an den Klimawandel immer noch eher isoliert und unkoordiniert stattfindet“, sagt Dr. Kerstin Jantke, Co-Autorin und Umweltwissenschaftlerin im Exzellenzcluster CLICCS der Universität Hamburg. „Das steht in keinem Verhältnis dazu, wie dringlich und wichtig diese große Aufgabe ist.“
Dr. Jan Petzold, Hauptautor der Studie, sieht Handlungsbedarf: „Erfolgreich ist umfassende, gerechte und zukunftsorientierte Anpassung dann, wenn offizielle Organisationen und gleichzeitig unterschiedlichste Gruppen auf allen Ebenen eingebunden sind.“ Petzold ist Geograph an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Bis Herbst 2021 war er Mitglied des Exzellenzclusters CLICCS.
Bis jetzt ergreifen hauptsächlich Einzelpersonen und Haushalte Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels, vor allem im Globalen Süden. Nur selten sind sie dabei in einen institutionellen Rahmen eingebunden. Allerdings unterscheidet sich die Situation in der Stadt und auf dem Land. Während in ländlichen Gebieten vorrangig einzelne Haushalte aktiv sind, regeln in den Städten eher staatliche Akteure die Anpassung. Die Rolle von Regierungen besteht global wie auch regional vielfach in der Ratifizierung, Planung und Finanzierung von Maßnahmen, während kleine Haushalte die Maßnahmen vor allem technisch umsetzen. Laut Studie ist die private Wirtschaft kaum und die Wissenschaft wenig in Anpassungsmaßnahmen eingebunden.
„Wenn sich weltweit vorwiegend Einzelpersonen wie Landwirtinnen und Kleinbauern engagieren, dann zeigt das auch, dass Kooperationen zwischen verschiedenen Akteursgruppen fehlen. Für nachhaltige Anpassungsprojekte wäre dies aber Voraussetzung“, so Jan Petzold. Tiefgreifende Eingriffe wie der klimagerechte Umbau von Wäldern, die Umwidmung von Agrar- in Überflutungsflächen oder die Planung einer veränderten Infrastruktur von Städten oder Umsiedelung von Küstenorten benötigen dringend abgestimmte Konzepte.
Verschiedene Akteursgruppen umfassend einzubinden kann auch helfen, unerwünschte Folgen von Anpassungsmaßnahmen zu vermeiden. „Richte ich eine Maßnahme nur nach einem akuten Problem aus, kann sie in anderen Bereichen die Situation verschlimmern“, sagt Kerstin Jantke. So können Deiche und Dämme gegen Hochwasser beispielsweise Küstenlinien und Feuchtgebiete zerstören und damit die Artenvielfalt verringern oder eine natürliche Fähigkeit zur CO2-Bindung beeinträchtigen. Im Idealfall orientieren sich umfassende Maßnahmen deshalb an den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen, kurz SDG oder Sustainable Development Goals, und bieten dadurch langfristig tragfähige Lösungen.
Publikation: Petzold J, Hawxwell T, Jantke K, Gonçalves Gresse E, Mirbach C, (…) Garschagen M (2023): A global assessment of actors and their roles in climate change adaptation
https://www.nature.com/articles/s41558-023-01824-z
Die 30 Autorinnen und Autoren der Studie stammen aus elf Ländern, acht davon forschen im Exzellenzcluster für Klimaforschung CLICCS der Universität Hamburg.