14. Dezember 2020
Hamburger Arbeitsgemeinschaft Kriegsursachenforschung zieht Bilanz für 2020Zwei neue Kriege in diesem Jahr
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Zunächst registrierte die AKUF im Jahr 2020 das Ende des bewaffneten Konfliktes in der sudanesischen Region Darfur, der sich bereits in den vergangenen Jahren abgeschwächt hatte. Dagegen waren in den letzten Monaten des Jahres zwei neue Kriege zu verzeichnen. Ende September eskalierte der ohnehin fragile Waffenstillstand zwischen Aserbaidschan und Armenien in der Region Bergkarabach. Die völkerrechtlich zu Aserbaidschan gehörende Region stand seit einem Krieg im Zuge der Auflösung der Sowjetunion seit 1994 unter armenischer Kontrolle. Dieser Krieg konnte nach sechs Wochen im November unter Vermittlung Russlands durch einen Waffenstillstand wieder beendet werden.
Anfang November eskalierte in Äthiopien ein weiterer Konflikt in einen Krieg. Die Kämpfe fanden in der Region Tigray im Norden des Landes statt und folgten auf umstrittene Wahlen zur Regionalregierung. Angehörige der früheren tigrayischen Rebellengruppe TFLP hatten seit Anfang der 1990er-Jahre die Politik Äthiopiens bestimmt, waren aber seit dem Amtsantritt des aktuellen Premierministers Abiy Ahmed im Jahr 2018 aus einflussreichen Positionen des Zentralstaats entfernt worden.
Die von Kämpfen zahlenmäßig am stärksten betroffene Weltregion war 2020 Afrika mit zehn Kriegen und bewaffneten Konflikten. Es folgten Nordafrika, West- und Zentralasien (inkl. Kaukasus) sowie Asien mit neun bzw. acht kriegerischen Konflikten. In Lateinamerika und in Europa war jeweils ein Krieg zu verzeichnen.
Neben den beiden neuen Kriegen zwischen Armenien und Aserbaidschan und in Äthiopien erhielt vor allem der Krieg in Libyen eine größere Aufmerksamkeit. Im Fokus standen dabei einerseits der Vorstoß der Truppen unter General Chalifa Haftar auf die Hauptstadt, der nur mit türkischer Unterstützung für die anerkannte Regierung in Tripolis gestoppt wurde. Anderseits fanden auch die Bemühungen um einen Friedensprozess zwischen den beiden Hauptkriegsparteien Beachtung.
Die AKUF führt die jährliche Erhebung seit 1986 durch. Krieg definiert die AKUF als einen gewaltsamen Massenkonflikt, der alle folgenden Merkmale aufweist:
(a) an den Kämpfen sind zwei oder mehr bewaffnete Streitkräfte beteiligt, bei denen es sich mindestens auf einer Seite um reguläre Streitkräfte (Militär, paramilitärische Verbände, Polizeieinheiten) der Regierung handelt;
(b) auf beiden Seiten muss ein Mindestmaß an zentralgelenkter Organisation der Kriegführenden und des Kampfes gegeben sein, selbst wenn dies nicht mehr bedeutet als organisierte bewaffnete Verteidigung oder planmäßige Überfälle (Guerillaoperationen, Partisanenkrieg usw.);
(c) die bewaffneten Operationen ereignen sich mit einer gewissen Kontinuität und nicht nur als gelegentliche, spontane Zusammenstöße, d. h. beide Seiten operieren nach einer planmäßigen Strategie, gleichgültig ob die Kämpfe auf dem Gebiet einer oder mehrerer Gesellschaften stattfinden und wie lange sie dauern.
Bewaffnete Konflikte sind gewaltsame Auseinandersetzungen, bei denen die Kriterien der Kriegsdefinition nicht in vollem Umfang erfüllt sind. In der Regel handelt es sich dabei um Fälle, in denen eine hinreichende Kontinuität der Kampfhandlungen nicht gegeben ist.
Weitere Informationen auf der Webseite der Arbeitsgemeinschaft Kriegsursachenforschung: www.akuf.de
Eine Übersicht über die kriegerischen Konflikte im Jahr 2020 befindet sich im Anhangsteil der PDF-Datei der Pressemitteilung.