28. September 2020
Repräsentative COVID-19-Studie in sieben LändernDie Sorge der Menschen wächst, die Sorglosigkeit aber auch
Foto: Pixabay
Den Ergebnissen zufolge glaubt in Deutschland fast jeder Vierte, ein hohes Ansteckungsrisiko zu haben. Nachdem dieser Wert zwischen April und Juni gesunken war, bedeutet das seit Juni einen Anstieg um drei Prozentpunkte. Diese Entwicklung zeigt sich in allen befragten Ländern – in Frankreich und Portugal liegen die Zahlen im September sogar deutlich höher als zu Beginn der Pandemie im April.
Doch trotz dieser wachsenden Sorgen halten sich immer weniger Menschen an Abstands- und Hygieneregeln. So sagen nur noch 45 Prozent der Menschen in Deutschland, dass sie Abstandsregeln beachten. Nur noch 39 Prozent halten sich an die empfohlene Handhygiene. Auch Umarmungen, Küsse und Händeschütteln zur Begrüßung sind wieder auf dem Vormarsch: Nur noch 58 Prozent vermeiden diese aktuell, im April waren es noch 77 Prozent. „Wir stellen fest, dass die steigenden Infektionszahlen die Bevölkerung zwar ängstigen, aber gleichzeitig auch, dass eine gewisse Müdigkeit bei der Einhaltung der Regeln zu erkennen ist“, so Prof. Dr. Jonas Schreyögg, wissenschaftlicher Direktor des HCHE.
Zahl der Impfgegner wächst
Auch die Haltung zum Impfen hat sich verändert: Waren im April noch 70 Prozent der Menschen in Deutschland bereit, sich gegen SARS-CoV-2 impfen zu lassen, sind es aktuell nur noch etwas mehr als die Hälfte. Ein Trend, der sich in allen an der Umfrage beteiligten EU-Ländern zeigt. Insbesondere wächst der Anteil derjenigen, die explizit gegen eine Impfung sind. Die Zahl der Personen, die dagegen unschlüssig sind, ist unverändert.
„Wir konnten feststellen, dass zu den Impfgegnern vor allem Personen gehören, die für sich kein gesundheitliches Risiko durch Corona sehen oder die kein Vertrauen in die Informationspolitik ihrer Regierung oder Organisationen wie der WHO haben“, sagt Schreyögg. „Deshalb ist es wichtig, weitere Anstrengungen zu unternehmen, um das Vertrauen in öffentliche Informationen zu stärken und das Risiko durch Clusterausbrüche künftig zu minimieren.“
Vor leeren Rängen: Fußball, Konzerte & Co.
Obwohl sich viele Menschen mittlerweile zunehmend sorglos verhalten, sind sie sich doch einig in ihrer Skepsis gegenüber größeren Menschenansammlungen. Nur 25 Prozent der Befragten in Deutschland sind der Meinung, dass Fußballspiele wieder mit Zuschauerinnen und Zuschauern stattfinden sollen, 56 Prozent sprechen sich dagegen aus. Nur 15 Prozent würden derzeit in ein Stadion gehen wollen. „In einem Land, in dem jeder Zweite Fußballfan ist, ist das ein erstaunlich niedriger Wert“, so Schreyögg. Ein ähnliches Bild ergibt sich für Musikkonzerte: Nur 24 Prozent der Befragten können sich Pop- und Rockkonzerte mit Zuschauern vorstellen, hingehen würden sogar nur 18 Prozent.
Weniger Befürchtungen haben die Menschen bei Kinos und Theatern. Jeweils 38 Prozent stimmen Vorstellungen mit Zuschauern zu. Hier ist die Bereitschaft hinzugehen zwar etwas größer als bei Stadien und Konzerten, doch mehr als jeder Zweite hält es aktuell für unwahrscheinlich, eine Kino- oder Theater-Vorstellung zu besuchen.
Eine Darstellung der bisherigen Ergebnisse des Projektes ist unter folgendem Link zu finden: www.hche.uni-hamburg.de/forschung/corona.html
Über die Studie
Seit April untersucht das Hamburg Center for Health Economics (HCHE) der Universität Hamburg die Einstellungen, Sorgen und das Vertrauen der Menschen in Bezug auf die Corona-Pandemie. Mehr als 7.000 Befragte in Dänemark, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Portugal und dem Vereinigten Königreich nahmen an jeder Befragungswelle teil. Diese erfolgen online unter repräsentativen Stichproben der Bevölkerung in Bezug auf Region, Geschlecht, Alter und Bildung. Die erste Welle der Feldforschung wurde zwischen dem 2. und 15. April 2020, die zweite zwischen dem 9. und 22. Juni 2020 und die dritte vom 8. bis 19. September 2020 durchgeführt.
Die Befragung erfolgt als Kooperationsprojekt mit den Universitäten Nova School of Business and Economics (Portugal), Bocconi University (Italien) und Erasmus University Rotterdam (Niederlande). Die Universität Hamburg fördert das Projekt aus Mitteln der Exzellenzstrategie.