1. April 2020
Mehr als zwei Millionen Euro für die Analyse zeitgenössischer LyrikERC Advanced Grant für Literaturwissenschaftlerin der Universität Hamburg
Foto: privat
Zeitgenössische Poesie hat viele Formen, sie steht heute in einer Wechselwirkung mit populären Formaten wie Poetry Slam oder Spoken Word. Durch Online-Praktiken wie das Veröffentlichen von Werken auf verschiedensten Plattformen können sich die Dichtenden selbst inszenieren. Dabei kann Lyrik auch Instrument für politischen Aktivismus, Meinungsäußerung und die spielerische Aushandlung von Transkulturalität und Mehrsprachigkeit sein.
In diesen neuen Formaten verschmelzen Hoch- und Populärkultur. Diese Entwicklungen sind bisher noch nicht umfassend untersucht. Um das leisten zu können, will Prof. Benthien mit ihrem Projekt „Poetry in the Digital Age“ ein erweitertes, an die neuen Präsentationsformen angepasstes Verständnis von Lyrik entwickeln, das die bisherige Gattungsdefinition hinterfragt und erweitert. Damit zielt sie insbesondere auf die neuen Orte der Lyrik ab: Theaterbühnen, Tonträger, Hauswände oder die verschiedenen Social-Media-Plattformen. Da das Projekt damit eine große Bandbreite an lyrischen Formen umfasst, arbeiten die Mitglieder über die Grenzen der Disziplinen hinaus. An „Poetry in the Digital Age“ sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Literatur-, Medien- und Filmwissenschaft, Theaterforschung, Visual-Culture-Studies, Sound-Studies und Sprechwissenschaften beteiligt.
Der Umriss des Untersuchungsfeldes selbst stellt dabei die größte Herausforderung dar. „Unsere Forschungsergebnisse werden zu einer neuen, erweiterten Definition von Lyrik führen und die Art und Weise verändern, wie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Dichtende und die Öffentlichkeit diese literarische Gattung betrachten“, sagt Prof. Benthien.
Universitätspräsident Prof. Dr. Dr. h.c. Dieter Lenzen: „Ich gratuliere Frau Prof. Dr. Benthien außerordentlich zu diesem Erfolg, der beweist, dass die Geisteswissenschaften an der Universität Hamburg europäische Spitzenforschung machen.“
Mit dem Advanced Grant fördert das European Research Council (ERC) für bis zu fünf Jahre potenziell bahnbrechende Forschungsprojekte von Forscherinnen und Forschern, die in den letzten zehn Jahren herausragende Forschungsleistungen erbracht haben.
Prof. Dr. Claudia Benthien absolvierte ihr Studium an der Universität Hamburg und der Washington University in St. Louis (USA), sie promovierte an der Humboldt-Universität zu Berlin. Danach arbeitete sie als Postdoc an der Freien Universität Berlin und habilitierte sich 2004 an der Humboldt-Universität zu Berlin. Seit 2005 ist sie an der Universität Hamburg Professorin für Neuere deutsche Literatur.