15. November 2018
Kalte Super-Erde entdecktIn unserer stellaren Nachbarschaft wird’s voller
Foto: ESO/Martin Kornmesser
Dabei fanden die Astronominnen und Astronomen signifikante Beweise für eine Super-Erde mit 3,2 Erdmassen, die alle 233 Tage den Roten Zwerg umkreist. Der neue Planet liegt an der sogenannten Schneegrenze des Sterns und wird wahrscheinlich eine gefrorene Welt sein.
Barnards Stern ist nur sechs Lichtjahre von der Erde entfernt und fällt auch Hobby-Beobachterinnen und Beobachtern auf, da er am schnellsten über den nächtlichen Himmel der Erde wandert. Der Rote-Zwerg-Stern wird aufgrund dieser hohen Geschwindigkeit auch oft „Barnards Pfeilstern“ genannt und ist kleiner und mit 7-10 Milliarden Jahren deutlich älter als unsere Sonne (ca. 4,6 Milliarden Jahre).
Seit 1997 sammelten mehrere Instrumente Messdaten von Barnards Stern und zeichneten ein charakteristisches Vor- und Zurückwackeln des Sterns auf. Eine Analyse der bis 2015 gesammelten Daten legte nahe, dass die Wackelbewegung von einem Planeten, der den Stern mit einer Umlaufzeit von etwa 230 Tagen umkreist, verursacht werden könnte. Um diese Theorie zu bestätigen, beobachteten Astronominnen und Astronomen Barnards Stern regelmäßig mit Hochpräzisionsspektrometern wie dem CARMENES Planeten-Jäger-Spektrographen (Calar Alto Observatory) in Spanien. Bei der erneuten Analyse aller kombinierten 771 Messungen ergab sich ein klares Signal in einer Periode von 233 Tagen. Dieses Signal zeigt auch, dass sich Barnards Stern in seiner Wackelbewegung mit etwa 1,2 Metern pro Sekunde – ungefähr die Gehgeschwindigkeit einer Person – annähert und entfernt. Damit konnte erstmalig solch ein Exoplanet mit der sogenannten Radialgeschwindigkeitsmethode entdeckt werden.
In diese Entdeckung floss die Arbeit vieler Wissenschaftler weltweit mit ein. „Wir in Hamburg haben unteranderem mitgeholfen, die Masse von Barnards Stern neu zu bestimmen. Denn nur so kann die gemessene Geschwindigkeit von 1,2 Meter pro Sekunde dazu genutzt werden, die Masse des neu entdeckten Planeten zu bestimmen“ ergänzt Andreas Schweitzer, Co-Autor von der Hamburger Sternwarte der Universität Hamburg.
Der neu gefundene Planet heißt Barnards Stern b (oder GJ 699 b) und ist eine Super-Erde, also ein großer extrasolarer Planet, mit mehr als der dreifachen Erdmasse. Er umkreist seinen kühlen roten Heimatstern in der Nähe der sogenannten Schneegrenze – eine Umlaufbahn, bei der Wasser gefroren bleibt. Daher liegt die Temperatur in Abwesenheit einer Atmosphäre bei etwa -150 °C, was das Vorkommen von flüssigem Wasser auf seiner Oberfläche unwahrscheinlich macht.
„Die Entdeckung eines Planeten in unserer direkten Nachbarschaft ist eine große Motivation, um weiterhin nach Exoplaneten bei unseren Nachbarsternen zu suchen und eines Tages tatsächlich einen Planten zu finden, auf dem Leben möglich wäre,“ erklärt Andreas Schweitzer.
Original-Publikation
I. Ribas, M. Tuomi, A. Reiners, R. P. Butler, J. C. Morales, M. Perger, S. Dreizler, C. Rodríguez-López, J. I. González Hernández, A. Rosich, F. Feng, T. Trifonov, S. S. Vogt, J. A. Caballero, A. Hatzes, E. Herrero, S. V. Jeffers, M. Lafarga, F. Murgas, R. P. Nelson, E. Rodríguez, J. B. P. Strachan, L. Tal-Or, J. Teske, B. Toledo-Padrón, M. Zechmeister, A. Quirrenbach, P. J. Amado, M. Azzaro, V. J. S. Béjar, J. R. Barnes, Z. M. Berdiñas, J. Burt, G. Coleman, M. Cortés-Contreras, J. Crane, S. G. Engle, E. F. Guinan, C. A. Haswell, Th. Henning, B. Holden, J. Jenkins, H. R. A. Jones, A. Kaminski, M. Kiraga, M. Kürster, M. H. Lee, M. J. López-González, D. Montes, J. Morin, A. Ofir, E. Pallé, R. Rebolo, S. Reffert, A. Schweitzer, W. Seifert, S. A. Shectman, D. Staab, R. A. Street, A. Suárez Mascareño, Y. Tsapras, S. X. Wang, G. Anglada-Escudé, A super-Earth planet candidate orbiting at the snow-line of Barnard’s star, Nature (2018).
https://www.nature.com/articles/s41586-018-0677-y
Die Radialgeschwindigkeitsmethode
Für die Untersuchungen wurden Präzisionsspektrometer verwendet, die den Doppler-Effekt messen. Der Dopplereffekt ist eine zeitliche Stauchung bzw. Dehnung eines Signals bei Veränderungen des Abstands zwischen Sender und Empfänger. Aus dem Alltag kennt man das Phänomen, dass ein näher kommendes Auto ganz anders klingt, als ein sich entfernendes Fahrzeug. Wenn sich nun ein stellares Objekt von der Erde entfernt, wird das beobachtete Licht etwas energieärmer und damit röter. Das Gegenteil – das Licht wird etwas energiereicher und blauer – passiert, wenn sich der Stern auf uns zubewegt.
Weiterführender Link:
Hamburger Sternwarte der Universität Hamburg: https://www.hs.uni-hamburg.de