4. April 2017
Nacktschnecken-Art „Bierschnegel“ nach 80 Jahren in Hamburg wiederentdeckt – auf der Reeperbahn
Foto: UHH/Neiber
Früher kam der Bierschnegel im Stadtzentrum Hamburgs häufig vor, besonders in feuchten Kellern. So wurde die Art im 19. und 20. Jahrhundert am Rödingsmarkt sowie im ehemaligen Gebäude der Oberdörffer Apotheke am Großen Burstah gefunden. Der letzte Nachweis für Hamburg stammt aus der Zeit um 1935, aus dem Stadtteil Othmarschen. Belege hierzu werden in der wissenschaftlichen Sammlung des CeNak aufbewahrt.
Der erste Neunachweis für Hamburg gelang im Sommer 2015 auf dem Hofgelände eines Hostels auf der Reeperbahn, ein weiterer Nachweis 2016 in unmittelbarer Nähe des Zoologischen Museums am Martin-Luther-King-Platz. Neben Berlin, wo die Art 2015 gefunden wurde, sind die Nachweise aus Hamburg die einzigen Funde des Bierschnegels in einer deutschen Großstadt.
Der Bierschnegel (Limacus flavus) wird etwa zehn Zentimeter lang und ist durch sein charakteristisches Fleckenmuster, die gelbgrünliche Färbung und durch blaugrau gefärbte Fühler von anderen großen heimischen Nacktschnecken gut zu unterscheiden. Die Art bevorzugt feuchte, dunkle Lebensräume wie Keller und Lagerräume, alte Bruchsteinmauern, Park- und Gartenanlagen sowie Gullys und Abwasserkanäle. Der deutsche Name Bierschnegel geht auf das früher häufige Vorkommen der Art in Brauereikellern zurück, wo sie sich von Vorräten und Abfällen der Bierproduktion ernährte und als Vorratsschädling galt. Im Zuge von Gebäudesanierungen und der Zerstörung geeigneter Lebensräume ist der Bierschnegel in den vergangenen Jahrzehnten vielerorts selten geworden. In der aktuellen Roten Liste der Binnenmollusken Deutschlands von 2012 wird der Bierschnegel als vom Aussterben bedroht geführt.
„Hinzu kommt das Problem der Erfassung, denn der Bierschnegel lebt sehr versteckt und kommt kaum vor 22 Uhr aus seinen Verstecken“, erklärt Neiber, Postdoktorand in der Abteilung „Biodiversität der Tiere“, die Herausforderungen der Forschung. Aus seiner Sicht könnte sich die frostempfindliche Art als „Gewinner des Klimawandels“ herausstellen, da günstigere Bedingungen wie mildere Winter zu geringeren klimabedingten Verlusten innerhalb einer Population führen würden. „Nichtsdestotrotz sollte die Art für Deutschland als Ganzes als stark gefährdet eingestuft bleiben, da geeignete Habitate in Siedlungsräumen durch Sanierungen seltener werden.“