23. April 2015
Pferdezähne im Vergleich: Forscherteam bestätigt Rolle der Nahrung für erfolgreiche Arterhaltung
Foto: Dr. Ellen Schulz-Kornas
Für viele Wildpferdearten sind Schutz- und Aufzuchtprogramme wichtige Bestandteile der Arterhaltung. Doch während die Nahrung in der Wildnis in der Regel sehr karg ist und aus zähen Kräutern und Gräsern besteht, ist das Futter in Gefangenschaft oft zu weich und nutzt die Zähne zu wenig ab. Die unterschiedlichen Abnutzungsmuster der Pferdezähne hat ein Team des Centrums für Naturkunde (CeNak) der Universität Hamburg gemeinsam mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Universitäten Zürich und Oxford, des Max-Planck-Institutes für Evolutionäre Anthropologie Leipzig und des Zoos Bristol untersucht. Die Ergebnisse wurden in der Zeitschrift „Equine Veterinary Journal“ veröffentlicht.
Erforscht wurden dafür insgesamt sieben Wildpferd-Arten, zu denen auch die Zebras und Wildesel gehören. In die Studie wurden 228 Zahnproben einbezogen – 122 von frei und 106 von in Gefangenschaft lebenden Tieren. Das Untersuchungsmaterial bestand aus dem Abdruck einer oberen Backenzahnreihe: mit zweitem, drittem und viertem Prämolar sowie erstem, zweiten und dritten Molar. Pferdezähne sind hochkronig, das heißt, sie stecken tief im Kiefer und brauchen entsprechend lange, um sich ganz abzunutzen. Die Methode der Zahnverschleißanalyse, bei der das wangenseitige Zahnhöckerprofil bewertet wird, wurde von dem Team um Prof. Dr. Thomas Kaiser, Leiter der Abteilung Säugetiere des CeNak, und Dr. Ellen Schulz-Kornas vom Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie Leipzig für diese Untersuchung weiterentwickelt.
Die Untersuchungen ergaben, dass zwischen frei lebenden und in Gefangenschaft gehaltenen Tieren erkennbare Unterschiede in der Zahnabnutzung bestanden, die auf das Futter zurückzuführen sind. Bei fünf Arten waren die vorderen Backenzähne (Prämolaren) bei den gefangenen Tieren deutlich weniger durch Abreibung abgenutzt als bei den Artgenossen in Freiheit, das heißt, die Zahn-Höckerspitzen waren spitzer und höher. Bezogen auf die gesamte Zahnreihe war die Abnutzung bei den in Gefangenschaft gehaltenen Tieren gleichmäßiger, während bei frei lebenden Tieren die Prämolaren mehr abgenutzt wurden als die Molaren.
Zudem zeigte sich bei den Pferden, dass Tiere in Gefangenschaft vermehrt zu Verwachsungen an den Prämolaren neigen, sogenannten Haken. Hierbei werden die Zähne schief abgenutzt, wodurch sich scharfe Kanten bilden, die beim Pferd zu Schmerzen beim Kauen, zu Gewichtsverlust und unbehandelt sogar zum Tod führen können. Prof. Kaiser erklärt: „Bei 21 Prozent der Proben von Tieren aus Gefangenschaft konnten wir diese Fehlbildungen beobachten, bei den frei lebenden Pferden waren es nur etwa sieben Prozent.“
Die Ergebnisse zeigten, dass auf das Futter mehr Aufmerksamkeit gelegt werden müsse, so Kaiser. „Wenn Wildpferde, zum Beispiel Zebras oder Przewalski-Pferde, in Gefangenschaft gehalten werden, muss man auf eine bestimmte Ernährung achten. Insbesondere Gräser und spezielle Futtermittel, die zu Abreibung der Zähne beitragen, sollten gezielt eingesetzt werden, denn die Zahngesundheit ist ein wichtiger Bestandteil der Arterhaltung.“
Link zum Artikel im „Equine Veterinary Journal“
Download des Bildmaterials:
für Druckfür Bildschirmzwecke
Bild: Dr. Ellen Schulz-Kornas
Zebras aus dem natürlichen Lebensraum zeigen fast immer eine gleichmäßige, nur ganz leicht gewellte Kaufläche (li.). Viele Hauspferde bilden scharfkantige Haken und unebene Kauflächen aus (re.). Der Grund ist eine zu wenig abrasive Fütterung.
Für Rückfragen:
Prof. Dr. Thomas M. Kaiser
Universität Hamburg
Centrum für Naturkunde (CeNak)
Tel.: 040 42838-7653
E-Mail: thomas.kaiser"AT"uni-hamburg.de