26. März 2015
Der Beginn menschlichen Lebens in der islamischen Geschichte2 Millionen Euro für Islamwissenschaftler der Universität Hamburg
Foto: lunar caustic/creative commons/flickr
Prof. Dr. Thomas Eich vom Asien-Afrika-Institut der Universität Hamburg erhält vom Europäischen Forschungsrat (European Research Council, ERC) einen Consolidator Grant in Höhe von rund zwei Millionen Euro. Prof. Eich bekommt die Mittel für sein Projekt „Contemporary Bioethics and the History of the Unborn in Islam“ (COBHUNI). Er wird ab September 2015 untersuchen, wie sich in 1400 Jahren islamischer Geschichte die Vorstellungen vorgeburtlichen Lebens entwickelt haben. Ziel ist es, in einer Gesamtschau darzustellen, welche Faktoren diese Vorstellungen zu unterschiedlichen Zeiten beeinflusst und gegebenenfalls auch verändert haben.
Die Geschichte der Vorstellungen über das vorgeburtliche menschliche Leben im Islam ist bisher weitgehend unerforscht. Die Vorstellungen spielen jedoch in zeitgenössischen bioethischen Debatten islamischer Rechtslehre immer wieder eine Rolle, z. B. in Bezug auf Schwangerschaftsabbruch, Genforschung oder Reproduktionsmedizin.
Im Laufe der Jahrhunderte entstand eine Kommentarliteratur zum Koran sowie zu gesammelten Aussprüchen des islamischen Propheten Muhammad (die sogenannten Hadithe). Beide werden bis zum heutigen Tage weiter produziert. In beiden finden sich Passagen zu Vorstellungen über vorgeburtliches Leben. So gibt die Kommentarliteratur Einblicke, wie z.B. rechtliche Fragen, theologische Diskussionen oder medizinisches Wissen der jeweiligen Zeit mit den einzelnen Koranpassagen und Hadithen in Zusammenhang gebracht wurden.
Im Rahmen von COBHUNI wird Prof. Eich die Kommentarliteratur systematisch sichten und auswerten. Ein wesentlicher Bestandteil des Projektes wird darin bestehen, computerlinguistische Anwendungen für das arabische Textmaterial zu adaptieren und ggf. neu zu entwickeln. Derartige Anwendungen wurden bislang vor allem für rechtsläufige Schriften entwickelt, wie sie vor allem bei bestimmten europäischen Sprachen vorkommen, in denen die Buchstaben in der Regel nicht miteinander verbunden geschrieben werden. Da das Arabische linksläufig und mit verbundenen Buchstaben dargestellt wird, können die bestehenden computerlinguistischen Lösungen nicht einfach übertragen werden.
Universitätspräsident Prof. Dr. Dieter Lenzen: „Ich gratuliere Professor Eich zu dieser großen Anerkennung. Ich freue mich, dass die Asien- und Afrikawissenschaften an der Universität Hamburg – als größtes universitäres Zentrum dieser Art in Deutschland – einmal mehr die Bedeutung der geisteswissenschaftlichen Forschung zum Verständnis der Kulturen und Sprachen bestätigen und durch diesen Erfolg Ihre führende Position in der Forschung bewiesen haben. Besonders in Zeiten internationaler Krisen an vielen Orten der Erde ist die Pflege dieser wissenschaftlichen Kompetenzen auf hohem Niveau von großer Bedeutung.“
Thomas Eich ist seit 2010 Professor für Islamwissenschaft an der Universität Hamburg. Er wurde im Jahr 2002 an der Universität Bochum promoviert und begann dort 2003 seine Arbeiten zur zeitgenössischen islamischen Bioethik. 2007 war er Akademischer Rat auf Zeit am Orientalischen Seminar der Universität Tübingen. 2008 forschte er für ein halbes Jahr an Georgetown University, Washington DC. Er erhielt mehrere Auszeichnungen, u. a. das Feodor-Lynen-Stipendium der Alexander von Humboldt Stiftung.
Für Rückfragen:
Prof. Dr. Thomas Eich
Universität Hamburg
Asien-Afrika-Institut
Tel.: 040 42838-3182
E-Mail: thomas.eich"AT"uni-hamburg.de