12. November 2010
Stellungnahme des Akademischen Senats (AS) zum Wirtschaftsplanentwurf 2011/2012
Der Akademische Senat adressiert diese Stellungnahme zum Wirtschaftsplanentwurf nicht nur an das Präsidium der Universität und den Hochschulrat, sondern auch an die zuständige Behörde und die Mitglieder des politischen Senats der Freien und Hansestadt Hamburg.
Der Akademische Senat bekräftigt seine Stellungnahme zur bedarfsgerechten öffentlichen Hochschulfinanzierung vom 9. November 2010 (AS 682), dass für die verantwortungsvolle Verwirklichung der gesellschaftlichen Aufgaben der Universität, wie sie im Leitbild gefasst sind, die Überwindung ihrer Unterfinanzierung unerlässlich ist.
Der Akademische Senat unterstützt den Präsidenten der Universität Hamburg in der Forderung, den Etat der Universität dauerhaft gegenüber den Ansätzen der vergangenen Jahre um errechnete 50 Mio. Euro aufzustocken und das strukturelle finanzielle Defizit zu beheben.
Vor diesem Hintergrund lehnt der Akademische Senat den Wirtschaftsplan-Entwurf kategorisch ab.
Der Entwurf ist im Wesentlichen Ergebnis nicht nur der fortgesetzten vollkommen unzureichenden Mittelzuweisung durch den Senat der Hansestadt Hamburg, sondern nun auch noch von angekündigten zusätzlichen Kürzungen in Höhe von 4 Prozent des Gesamtzuschusses. Der politische Senat bleibt damit in Bezug auf die Hochschulfinanzierung bundesweit ein Schlusslicht. Eine verantwortungsvolle Lehre, entwicklungsorientierte Forschung und der gesellschaftliche Bildungsauftrag der Hochschulen werden mit einer solchen Haushaltspolitik konterkariert.
In Verbindung mit den quantitativen Zielvorgaben für die Universität (z. B. Studienplatzzahlen) führt diese Unterfinanzierung praktisch zum Verlust der im HmbHG vorgesehenen Hochschulautonomie in Haushaltsfragen. Auf diese Weise wird auch der inhaltlich-wissenschaftliche Gestaltungsspielraum erheblich beschnitten.
Der Akademische Senat erwartet, dass zukünftig die Bedarfe der Universität Hamburg wieder in einem aufsteigendem Wirtschaftsplanverfahren erarbeitet werden.
Die jüngsten Sparvorgaben haben ein Gesamtvolumen von ca. 12 Mio. Euro jährlich. Darunter ist eine pauschale nicht zweckgebundene Absenkung des Gesamtetats um ca. 2,5 Mio. Euro vorgesehen. Dies gefährdet sowohl die für eine verantwortungsvolle Wissenschaft erforderliche Verwaltungsarbeit wie auch die für Lehre und Forschung bereitzustellenden Mittel und damit die Erbringung der zwischen Universität und Behörde vereinbarten Leistungen der Hochschule.
Die Streichung des Weihnachtsgeldes für die verbeamteten Beschäftigten der Universität bedeutet eine Gehaltskürzung von bis zu 5 Prozent. Dies spitzt die Problematik weiter zu und ist für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Technischen und Verwaltungspersonals und des wissenschaftlichen Personals ein Affront. Gleichzeitig wird damit die Wettbewerbsfähigkeit der Universität bei Neuberufungen und Bleibeverhandlungen massiv geschwächt. Dies gefährdet den Wissenschaftsort Hamburg.
Für politisch unverantwortbar hält der Akademische Senat die angekündigten – sogar rückwirkenden – Kürzungen von jährlich 4 bis 5 Mio. Euro bei der Verwaltung bzw. den Kompensationszahlungen der Studiengebühren, die nun unmittelbar aus den eingeplanten Gebühreneinnahmen in Höhe von 22,7 Mio. Euro selber zu bestreiten sind.
Darin enthalten ist insbesondere auch die Verwendung großer Teile der Studiengebühren für die Zinsen der Gebührenstundung. So werden Teile der erhobenen Studiengebühren zweckentfremdet zur Beförderung von Bankgeschäften.
Dabei wird der Druck auf die Studierenden erhöht, keine Stundung in Anspruch zu nehmen, um den Etat der Uni zu schonen. Hier werden – zum Teil gesetzlich verankerte – Finanzierungszusagen revidiert, die zur politischen Durchsetzung der fortgesetzten Erhebung der Gebühren nötig waren.
Der AS sieht sich daher in seiner aus sozialen und wissenschaftspolitischen Gründen aufgestellten Forderung nach Abschaffung der Studiengebühren und ihrer vollen staatlichen Kompensation bestärkt.
Ebenfalls inakzeptabel ist die vollständige Streichung der staatlichen Stipendien für ausländische Studierende. Die Aufgabe der Universität, einen Beitrag zur Integration, zum wissenschaftlichen Studium und zur friedlichen internationalen Entwicklung zu leisten, wird damit drastisch erschwert. Gerade mit Studierenden aus Ländern, in denen ein höherer Bedarf an solchen Stipendien besteht, ist der wissenschaftliche Austausch für diese Aufgabe zentral.
Weiterhin stellt der Akademische Senat fest:
- Das Kontenplanformat des Wirtschaftsplans 2011/2012 entspricht nicht den Anforderungen einer Universität. Es liefert nicht die erforderliche Transparenz, um die jeweiligen Bestandteile der Geschäftstätigkeiten nachvollziehbar identifizieren zu können. Erforderlich sind insbesondere eine differenzierte Ausweisung der Anteile von Personal- und Sachmitteln sowie Sachmitteln für Lehre und Forschung. Planansätze sollten deutlich und von der Aufwands- zur Ertragsseite nachvollziehbar differenziert dargestellt werden (z. B. Aufwendungen für Lehre und Forschung sowie Energie und Bewirtschaftung).
- Die Finanzierungsanteile aus unterjähriger Haushaltsfinanzierung (z. B. Hochschulpakt 2020) müssen kostendeckend sein. Bei unterjähriger Haushaltszuweisung müssen Personal- und Sachmittel differenziert berücksichtigt werden. Es muss sichergestellt sein, dass eventuelle Zuwächse nicht nur höhere Personalmittel für Lehre, sondern auch eine entsprechende Steigerung im Sachmittelbereich vorsehen.
- Etliche der von der Universität in Wahrnehmung gesellschaftlicher Aufgaben erwarteten und erbrachten Leistungen wurden traditionell nicht kostendeckend finanziert (z. B. öffentlicher Zugang zu Museen und Botanischem Garten). Der Akademische Senat fordert das Präsidium auf, diese sinnvollen Leistungen in der öffentlichen Diskussion stärker in den Vordergrund zu stellen und auf eine entsprechende Budgetierung hinzuwirken.
Der Akademische Senat unterstützt das Präsidium darin, alle Möglichkeiten einer politischen Einflussnahme dafür auszuschöpfen, dass bei den Haushaltsberatungen in der Bürgerschaft zum Doppelhaushalt 2011/2012 die Ergebnisse aus der Finanzklausur des politischen Senats im Wirtschaftsplan der Universität Hamburg revidiert und zugunsten der Universität korrigiert werden.
Der AS fordert die Mitglieder der Universität Hamburg auf, sich an öffentlich aufklärenden Aktivitäten gegen die Kürzungspolitik des politischen Senats zu beteiligen und dabei insbesondere mit dem ebenfalls stark betroffenen Studierendenwerk zu kooperieren.
Für Rückfragen:
Christiane Kuhrt
Universität Hamburg
Pressereferentin des Präsidenten
Tel.: 040-42838-1809
E-Mail: christiane.kuhrt"AT"uni-hamburg.de