8. Oktober 2009
Prüfstein für soziale Unternehmer
Sie kümmern sich um Straßenkinder, engagieren sich für Bildung, initiierten Projekte zur Gewaltprävention, machen Politik transparent oder vermitteln Arbeitsplätze: Soziale Unternehmen haben nicht Ertrag und Rendite, sondern den gesellschaftlichen Wandel im Blick. Der bekannteste Sozialunternehmer ist der Friedensnobelpreisträger Mohammed Younus, der als „Banker der Armen“ Kleinst- oder Mikrokredite an Bedürftige vergibt und es ihnen so ermöglicht, eine Existenz aufzubauen.
Doch wie gut ist das Geld bei einem Sozialunternehmen angelegt? Erreicht das Unternehmen das gesetzte Ziel beispielsweise der Bekämpfung von Armut oder Gewalt – oder verschwendet es seine Ressourcen ineffizient in einem für die Zielsetzung wenig relevanten Projekt? Diese Fragen sind entscheidend für Geldgeber – und für die Sozialunternehmen selbst. Denn einerseits steigt die Bedeutung von Sozialunternehmen, wenn der Staat Sozialleistungen reduziert und gleichzeitig private Vermögen anwachsen, so dass immer mehr Einzelpersonen sozial tätig werden. Andererseits steigt auch der Konkurrenzdruck zwischen den mittlerweile mehr als einer Million Organisationen im Non-Profit-Sektor alleine in Deutschland an.
Das Problem: Bislang gibt es keinen einheitlichen Berichtsstandard, mit dem sich die Unternehmen darstellen können und der Investoren eine Einschätzung ermöglicht. Traditionelle Berichtsformen, die fast ausschließlich finanzielle Kennzahlen erheben, sind hier genauso ungeeignet wie montetarisierende Ansätze, die zum Beispiel bei einem Sozialunternehmen zur Resozialisierung jugendlicher Serienstraftäter den Werten „höheres Selbstbewusstsein“ oder „weniger Angst“ Geldwerte zuordnen.
Der neue Social Reporting Standard, der am Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre (Kapitalmärkte und Unternehmensführung) der Universität Hamburg und am KfW-Stiftungslehrstuhl für Entrepreneurial Finance der TUM entwickelt wurde, stellt daher die Grundlage für die Erfassung des Erfolgs eines Sozialunternehmens dar. So wird beispielsweise der Erfolg der Resozialisierung beschrieben, indem gezählt wird, wie viele jugendliche Serienstraftäter in einem bestimmten Zeitraum an wie vielen Gruppenstunden oder Aktivitäten teilgenommen haben (Output) und wie viele Jugendliche anschließend nicht wieder rückfällig geworden und etwa durch die Annahme einer Lehrstelle oder einer Arbeit in die Gesellschaft integriert worden sind (Impact).
Andererseits werden im neuen Reporting Standard auch die qualitativen Erfolge beschrieben: das verbesserte „Sicherheitsgefühl“ der Bewohner einer Region zum Beispiel oder das höhere Selbstwertgefühl der Jugendlichen. Selbst eine Aufrechnung der Kosten für die Gesellschaft könnte in diesem Beispiel ermittelt werden, indem die Aufwendungen für Gefängnis, Polizei und Bewährungshelfern denen des Sozialunternehmens gegenüber gestellt werden. Darüber hinaus werden Informationen über die Organisation sowie Risikoparameter erfasst.
Zwar werde es wahrscheinlich schwierig sein, in der Wirkungsmessung immer einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Aktivität eines Sozialunternehmers und einer gesellschaftlichen Verbesserung herzustellen, stellen die Projektleiter Prof. Alexander Bassen (UHH) und Prof. Ann-Kristin Achleitner (TUM) fest. Allerdings mache der Social Reporting Standard die Erfolgmessung deutlich transparenter als bisher und erlaube es zu beurteilen, ob sich ein soziales Unternehmen nachhaltig entwickelt.
Für Rückfragen:
Prof. Dr. Alexander Bassen
Universität Hamburg, Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
Fachbereich Sozialökonomie,
Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Kapitalmärkte und Unternehmensführung
Tel.: 040-4 28 38-40 64
E-Mail: Alexander.Bassen"AT"wiso.uni-hamburg.de
Dipl.-Kffr. Barbara Roder
KfW-Stiftungslehrstuhl für Entrepreneurial Finance
TUM Business School
Technische Universität München
(zurzeit erreichbar an der Universität Hamburg)
Tel.: 040-4 28 38-64 67
E-Mail: barbara.roder"AT"wi.tum.de