18. Mai 2006
Neue Erkenntnisse über die Artenvielfalt Madagaskars
Madagaskars außergewöhnliche Vielfalt biologischer Arten, die nur kleine und kleinste Verbreitungsareale haben, galt als eine der größten ungelösten Fragen naturkundlicher Forschungen. Erstmalig konnte ein internationales Team von Wissenschaftler/innen unter Beteiligung der Universität Hamburg nun eine umfassende Erklärung präsentieren, wie diese kleinräumige Artenbildung zustande kommen konnte.
Die Erkenntnisse tragen nicht nur wesentlich zur Rekonstruktion der Evolutionsgeschichte der Insel bei. Sie bilden auch die Grundlage für die Auswahl weiterer Naturschutzgebiete, deren Fläche bis 2010 von der Regierung Madagaskars unter Führung von Marc Ravelomanana verdreifacht werden soll.
Nach ihrer Vorstellung trugen klimatische Änderungen am Ende des Tertiärs und Quartärs (der Zeit, während der sich auch Menschen entwickelten), zu diesen kleinräumigen Zentren der Artbildung bei. Wenn das Klima kalt und trocken war, erhielten höher gelegene Bereiche noch Niederschläge, während tiefer liegende gebiete trockener wurden. Unter diesen Bedingungen zogen sich Arten der feuchten Urwälder entlang der Flüsse in höhere Lagen zurück. Pflanzen und Tieren, denen dies nicht gelang, oder die in Einzugsgebieten von Flüssen lebten, die nur in tieferen Lagen entsprangen, waren in tiefer liegenden Arealen „gefangen“ und mussten mit den trockener werdenden Umweltbedingungen zurecht kommen. Dadurch konnten sich neue Anpassungen entwickeln. Als sich unter feuchteren Bedingungen die Regenwälder wieder ausbreiteten, konnten sich die Arten aus den feuchten Rückzugsgebieten nicht mehr mit den Formen mit den neu entstandenen Anpassungen kreuzen. Damit waren neue, lokal begrenzte Arten entstanden.
Beteiligte Wissenschaftler; alle seit rund 20 Jahren in Madagaskar tätig:
Lucienne Wilmé, Ornithologin bei WWF Madagaskar und Missouri Botanical Garden
Steven Goodman, Zoologe des WWF Madagaskar und des Field Museums of Natural History in Chicago
Jörg Ganzhorn, Zoologe an der Universität Hamburg und WWF Deutschland.
Für Rückfragen:
Prof. Dr. Jörg Ganzhorn
Biozentrum Grindel und Zoologisches Museum
Tel.: (040) 428 38-4224
E-Mail: ganzhorn"AT"zoologie.uni-hamburg.de