Hamburger HafenKongress 2017Der Berufsstand des Seemanns und seine kulturelle Inszenierung3 Fragen an Kulturanthropologin Prof. Dr. Sabine Kienitz
26. Mai 2017, von Giselind Werner
Foto: pixabay.com
Harte Arbeit im Angesicht von Naturgewalten, ‘ne Buddel voll Rum und in jedem Hafen ein anderes Mädchen: Vor allem viele Seemannslieder und Kinofilme haben dieses Bild vom Seemann geprägt. Kulturanthropologin Professor Sabine Kienitz untersucht, wie das romantische Bild des Seemanns in der Populärkultur entstanden ist.
Was ist besonders an der kulturellen Inszenierung des Seemanns?
Die Figur des Seemanns eignete sich schon im 19. Jahrhundert besonders gut als Projektionsfläche für Sehnsüchte, Ängste und auch durchaus verruchte Fantasien jenseits bürgerlicher Moralvorstellungen.
Vor allem in populären Liedern und in Romanen wie der „Schatzinsel“ oder den „Schiffsjungenabenteuern“ wurde der Seemann zum Symbol für den Wunsch nach Freiheit, Fernweh und Abenteuer, der nicht nur Jugendliche, sondern auch erwachsene Männer dazu verführt hat, ein bürgerliches Leben aufzugeben und zur See zu fahren.
Dass diese Faszination für die romantische Seite des Seemannslebens bis heute anhält, kann man auch an der Vielzahl der Shanty-Chöre erkennen, die dieses maritime Erbe des singenden Seemanns bis heute lebendig erhalten.
Wie sind Sie auf das Thema gestoßen?
Eine Hafenstadt wie Hamburg ist ohne den Seemann nicht zu denken, auch wenn Sie heute in den Hafenkneipen und Tätowierstudios eher Touristen als Seeleute treffen. Schon seit meinem ersten Seminar mit Studierenden an der Universität Hamburg begleitet mich deshalb die Neugier auf den Hafen und seine Akteure.
Dazu kam das Interesse an der Neuerfindung und Konstruktion einer maritimen Kultur im 20. und 21. Jahrhundert, die vor allem im Rahmen der touristischen Nutzung des Hafens entstanden ist.
Die Bandbreite an Themen ist groß und reicht von der Geschichte der Balduintreppe und der „Kogge“, einer ehemaligen Hafenkneipe auf dem Kiez, über die Flussschifferkirche und den „Schwell“, also die Gefahren der Dünung für die Sportsegler im Hafen, bis hin zum Fischbrötchen als Symbol für norddeutsche Esskultur.
Warum sollte man unbedingt zu Ihrer Session auf dem HafenKongress kommen?
Weil Sie ein Faible für Seemannsgarn haben – und weil noch drei weitere interessante Vorträge von Kollegen und Kolleginnen verschiedener Hamburger Hochschulen an dem Nachmittag Sie erwarten. Den Abend kann man abschließen mit einem Besuch des Theaterfestivals oder einem Spaziergang zum Hafen!
Hamburger HafenKongress
Im Rahmen des Festivals „Theater der Welt“ findet erstmalig der Hamburger HafenKongress statt. In der Zeit vom 26. Mai bis zum 2. Juni stellen an sechs Abenden jeweils vier Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von Hamburger Universitäten und Forschungsinstituten ihre Arbeit zur Hafenstadt vor. Idee und Leitung des HafenKongresses: Prof. Dr. Ortrud Gutjahr
Zum Programm: http://uhh.de/hafenkongress2017 (PDF)