Studium und Prüfungen individuell anpassenSo unterstützt die Uni Hamburg Studierende mit Beeinträchtigungen
25. September 2023, von Marie Schlicht
Foto: UHH/Feuerböther
Laut aktueller Sozialerhebung haben 16 Prozent der Studierenden in Deutschland eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die ihnen das Studium erschweren kann. Mit sogenannten Nachteilsausgleichen können Betroffene Studien- und Prüfungsbedingungen individuell anpassen lassen. Die UHH bietet Betroffenen hierzu Beratungen an.
Knapp 800 Personen wurden im Jahr 2022 von Dr. Maike Gattermann-Kasper und Dr. Susanne Peschke im Büro für Studierende mit Beeinträchtigungen der Universität Hamburg beraten, entweder in der Präsenzsprechstunde, der Telefonsprechstunde oder zu individuell vereinbarten Terminen. „Die meisten von ihnen haben psychische Beeinträchtigungen wie zum Beispiel depressive und Angststörungen. Doch auch Studierende mit chronischen Erkrankungen, motorischen Beeinträchtigungen oder Beeinträchtigungen des Sehens, Hörens oder Sprechens wenden sich oft an uns“, erklären Gattermann-Kasper und Peschke.
Ein häufiges Anliegen der Studierenden ist es, dass sie Prüfungsbedingungen anpassen wollen. In welcher Form das geschieht, ist einerseits eine Frage der Beeinträchtigung, andererseits des Prüfungsformats. „Nachteilsausgleiche sind zwar in allen Prüfungsordnungen gleich verankert, die Umsetzung variiert jedoch. Zum Beispiel können im Lehramtsstudium mündliche Prüfungsleistungen nur teilweise angepasst werden, da das Sprechen vor Gruppen Teil der fachlichen Anforderungen ist“, sagt Peschke. Es sei wichtig, dass jeweils eine passende Maßnahme für die Gestaltung einer chancengleichen Prüfung gefunden wird, ohne dass der Ruf entsteht, die Prüfungen würden durch Nachteilsausgleiche einfacher werden.
Die Ausgleichsmöglichkeiten sind vielfältig
Gattermann-Kasper und Peschke helfen Studierenden unter anderem auch bei Krankheitsphasen, beim Ausstieg oder zum Wiedereinstieg danach und geben Tipps für die Kommunikation mit Lehrenden und Mitstudierenden. Wird in den Beratungssitzungen ein Gebärdensprachdolmetscher oder eine Dolmetscherin benötigt, werden die Kosten von der Beratungsstelle übernommen. Daneben verleiht das Büro kurzfristig unterstützende Technik, wie etwa elektronische Stethoskope für Medizinstudierende.
„Bei einigen Anliegen sollten die Studierenden eine Vorlaufzeit einplanen“, sagt Peschke. „Wer für sein Studium beispielsweise einen Gebärdensprachdolmetscher oder eine Dolmetscherin braucht, sollte sich aufgrund der Bearbeitungsdauer direkt nach Erhalt des Studienplatzes darum kümmern.“
Ein weiteres Angebot für Studierende ist der eigene PC-Arbeitsraum („Betty-Hirsch-Raum“) in der Staatsbibliothek, der auch für die Einzelnutzung reserviert werden kann. Darüber hinaus wird derzeit im Rahmen eines Pilotprojektes mit der Staatsbibliothek auf Anfrage Studierender mit Beeinträchtigung Literatur des Campuskatalogs digitalisiert, sodass sie bald auch barrierefrei zur Verfügung steht.
Anonyme Beratung, keine Datenerfassung
Trotz der vielfältigen Beratungsangebote gibt es viele Studierende, die sich – möglicherweise aus Angst vor Stigmatisierung – keine Hilfe suchen. „An der Universität werden aber keine Daten von Studierenden mit Beeinträchtigungen erfasst und auch in den Bescheinigungen, die wir ausstellen, etwa damit Studierende bevorzugt zu Veranstaltungen zugelassen werden können, steht nichts über deren Art der Beeinträchtigung“, so Gattermann-Kasper, die Studierende so ermutigen möchte, bei Bedarf auf jeden Fall in die Beratung zu kommen. Denn: Studierende müssen keine Sorge haben, dass Dritte ohne ausdrückliche Einwilligung von der Art ihrer Beeinträchtigung erfahren. „Wir finden für viele Anliegen fast immer gemeinsam eine gute Lösung.“
Studieren mit Beeinträchtigungen
Das Büro an der Alsterterrasse 1 ist die zentrale Anlaufstelle der Universität Hamburg für Studieninteressierte, Studienbewerberinnen und -bewerber, Studierende und Promovierende (die nicht zum wissenschaftlichen Personal gehören) mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Angeboten werden Präsenz-Sprechstunden, Telefon-Sprechstunden und individuell vereinbarte Termine.