„Wichtig ist, dass wir durchhalten“Videobotschaft des Präsidenten der Universität zur aktuellen Corona-Situation
19. Juni 2020, von Newsroom-Redaktion
Das Sommersemester 2020 findet digital statt – und die Vorbereitungen für das Wintersemester 2020/21 sind bereits gestartet. Vom Stand der Beratungen berichtet der Präsident der Universität Hamburg, Prof. Dr. Dr. h.c. Dieter Lenzen, in einer aktuellen Videobotschaft.
Verbunden mit einem herzlichen Dank an alle Angehörigen der Universität für das bisher Erreichte blickt Prof. Dr. Dr. h.c. Dieter Lenzen zurück auf die Zeit seit Februar, auf die gemeisterten Herausforderungen und das digitale Sommersemester. Vor allem geht er aber darauf ein, welche Überlegungen es zum kommenden Wintersemester gibt. Was die absehbaren Abstandsregeln für den Studienbetrieb bedeuten würden, können Sie im Video (geringere Video-Auflösung auf der Lecture2go-Seite) erfahren oder im Transkript (unten) nachlesen.
Text-Transkript der Video-Ansprache:
Liebe Mitglieder und Angehörige der Universität Hamburg,
ich wende mich heute an Sie, gewissermaßen auf der Hälfte des Sommersemesters, in einer der größten Krisenzeiten, die die Universität, die die Stadt Hamburg, die unser Land je erlebt hat. Am 23. Februar dieses Jahres kam Patient Null nach Hamburg, ausgerechnet ein Kinderarzt unseres Klinikums, und damit war das Virus in der Stadt und eben auch in der Universität.
Seitdem, seit nun mehr vier Monaten, hat niemand von uns eine Spur von Normalität erlebt. Gleichwohl erleben wir, dass wir uns an vieles gewöhnen können, dass wir es geschafft haben, miteinander das Sommersemester doch zu sichern, was erst ja völlig unsicher schien. Es gab viele, die dafür eingetreten sind, das Semester komplett ausfallen zu lassen. Die Folgen wären ja erheblich für unsere Studierenden, für Sie also, gewesen, aber auch für die Lehrenden, die sich darauf vorbereitet hatten.
Wir haben versucht, die Nöte und Sorgen aller Beteiligten, aller Angehörigen, aber auch derjenigen, die wiederum indirekt betroffen sind von der Situation, nicht nur ernst zu nehmen, sondern auch zu lösen, soweit uns das möglich ist, und nach einer Reihe von Anlaufschwierigkeiten sieht dieses im digitalen Format doch inzwischen einigermaßen manierlich aus – auch, wenn vollkommen klar ist, dass die universitäre Welt eine Welt der Präsenz ist.
Im Augenblick gibt es deswegen auch eine Diskussion in Deutschland über die Öffnung der Universitäten. Es ist allerdings so, dass zum Beispiel die German U15 – die großen Forschungsuniversitäten in Deutschland – sich darüber einig sind, dass dieses im Laufe des Semesters völlig ausgeschlossen ist, wieder zurückzuschalten auf Präsenzformen, aber auch aus einem ganz anderen Grunde: Solange die Abstandsregelung, also das Gebot – und das hat Gesetzescharakter –, gilt, dass ein Abstand von mindestens 1,50 Meter zwischen den Personen in einem Raum einzuhalten ist, die einer Veranstaltung beiwohnen, ist es für uns so, dass selbst bei der Benutzung des Audimax, das weit über 1.500 Sitze hat, dass selbst bei der Benutzung dieses Raumes nur 160 Personen an einer Veranstaltung teilnehmen könnten. Wir sehen klar, dass damit eine Präsenzform für alle ausgeschlossen ist.
Und sofort käme die Frage auf: Wer darf denn präsentisch teilnehmen? Oder: Was kann man denn präsentisch veranstalten? Wer trifft die Auswahl? Warum? Mit welchen Kriterien? Das ist ausgeschlossen. Abgesehen davon, dass die Entscheidungen der Stadt, die auch für uns gelten, natürlich weiter tragen.
Wir müssen uns deswegen jetzt schon Gedanken machen, wie wir im Wintersemester verfahren wollen. Bei einer Beibehaltung des Abstandsgebotes oder womöglich sogar einer Erweiterung der Restriktionen wegen einschlägiger Erkenntnisse im Hinblick auf Aerosole, wird sich möglicherweise die Situation noch verschärfen. Sicher ist, dass wenn die Abstandsgebote weiterhin gelten, auch das Wintersemester ein vorwiegend digitales sein muss.
Wir haben berechnen lassen, dass etwa nur 25 Prozent aller über 5.000 Veranstaltungen in den Räumen der Universität stattfinden könnten, die die hinreichende Größe haben. Deswegen haben wir im Rahmen der U15, aber auch der HRK – der Hochschulrektorenkonferenz, also der Vereinigung aller Hochschulen in Deutschland –, eine erste Diskussion angefangen. Wie immer sie ausgehen wird, wir müssen sehr bald auch für den Winter eine Entscheidung treffen.
Wir sind natürlich im ständigen Austausch mit den uns vorgesetzten Behörden, die hier auch Vorgaben machen, und legen immer großen Wert darauf, dass bei allen Überlegungen das Gebot der Wissenschaftsfreiheit nicht eingeschränkt werden darf. Das ist ein Gebot mit Verfassungsrang, die Erhaltung von Leib und Leben natürlich auch. Das heißt: Die Gesundheit muss dem vorangehen.
Deswegen sind wir auch froh, dass bei allen Beschäftigten bzw. Studierenden der Universität bisher kein einziger Todesfall eingetreten ist. Das ist sicher auch das Resultat der strikten Einhaltung der Maßnahmen, für die ich mich bei Ihnen im Namen des Präsidiums bedanken möchte. Die Zahl der Erkrankten ist mit im Höhepunkt neun auch vergleichsweise klein gewesen.
Das ist nicht überall so: Nach dem Massenausbruch von Infektionen, der gerade etwa in Göttingen stattgefunden hat, aber auch an anderen Orten, sieht man, wie schnell durch eine Massenansammlung in geschlossenen Räumen so etwas passieren kann. Wir haben uns vorgenommen, am Ende des Semesters die Ergebnisse der digitalen Lehre einer genauen Evaluierung zu unterziehen, um zu bewerten, was daran erfolgreich war, was auf keinen Fall in dieser Form langfristig durchgeführt werden kann und wir wollen dann nach Alternativen suchen.
Das Stichwort ist „Blended Learning“, also eine Mischform aus Digitalem und Präsentischem, soweit das irgendwie möglich ist. Wichtig ist, dass wir durchhalten, was die Einhaltung der Regeln betrifft, um unserer aller Gesundheit und Zukunft willen. Und nochmal dafür meinen Dank an Sie, dass Sie durchgehalten haben. Das Semester wird in wenigen Wochen zu Ende sein und dann werden wir schauen, wie die Dinge sich weiter entwickeln.
An dieser Stelle wünsche ich Ihnen für heute alles Gute. Bleiben Sie gesund und – wenn ich so sagen darf – tapfer. Ich nutze jede Gelegenheit, mich wieder an Sie zu wenden. Wir halten Sie auf dem Laufenden im Internet mit den „Frequently Asked Questions“ und dem Lagebericht, sodass Sie, wenn Sie dort hineinschauen, auch immer wissen, was die neuesten Entwicklungen sind – auch im Hinblick auf die Dienstanweisungen, die wir gezwungen sind zu erteilen. Ich danke Ihnen und sage für heute Tschüss.