Fakultät für RechtswissenschaftNeuberufen: Juniorprofessor Dr. Alexander Baur
20. Juni 2017, von Janine Fricke
Foto: UHH/Fricke
Der Arbeitsalltag von Dr. Alexander Baur drehte sich als Rechtsanwalt in einer Großkanzlei um Wirtschaftsskandale, die nicht selten in der Presse landeten. Zum 1. April 2017 hat er die Stelle als Juniorprofessor für Strafrecht in der Fakultät für Rechtswissenschaft angetreten und beschäftigt sich nun auf wissenschaftlicher Ebene mit Fällen aus der Praxis.
Am Puls der Zeit
Als Rechtsanwalt in Stuttgart beriet Alexander Baur unter anderem namhafte DAX-Konzerne in Compliance-Fragen und zum Organhaftungsrecht. „Es ging zum Beispiel um die Haftung von Vorstandsmitgliedern für Pflichtverstöße oder um milliardenschwere Strafrechtsvergleiche mit US-Behörden“, erklärt Baur, dem die Entscheidung zur Annahme des Rufs zunächst nicht leicht fiel. „Es war eine spannende Zeit mit einem tollen Team und ein gutes Gefühl, am Puls der Zeit zu sein. Ich habe sehr gerne als Anwalt gearbeitet und sah für mich gute Zukunftsperspektiven in der Kanzlei.“
Wissenschaftliche Freiheit
Dennoch war der Wunsch nach Wissenschaft stärker. „Für mich bedeutet es eine große Freiheit, mich gezielt wissenschaftlich mit Themen beschäftigen zu können, die mich interessieren“, so Baur. Dabei profitiert er von seinem Netzwerk. „Ich halte Kontakt zu meinen früheren Kolleginnen und Kollegen – nicht nur, weil ich vielen von ihnen freundschaftlich verbunden bin, sondern auch um Themen aus der Praxis aufzuspüren, die ich wissenschaftlich näher beleuchten möchte. In der Rechtspraxis begegnet man Fällen, an die man in der Theorie nicht gedacht hätte“, schmunzelt er.
„Es passierte einfach und es ist gut so“
Nicht so recht denkbar war für ihn ursprünglich auch eine Karriere in der Rechtswissenschaft, als er sein Doppelstudium in der Allgemeinen Rhetorik und der Rechtswissenschaft begann. Erst nach dem ersten Staatsexamen wurde Jura für Alexander Baur zu einer Karriereoption: „Ich habe mich zuvor immer eher als Rhetoriker verstanden und hatte nie so ganz die Absicht, Jurist, geschweige denn Professor zu werden. Es passierte einfach und es ist gut so.“
Wissenschaftlich setzt er sich nun zum Beispiel mit der straf- und zivilrechtlichen Verantwortung von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern oder auch mit der Frage auseinander, wie man mit gefährlichen Straftäterinnen und Straftätern umgehen sollte, die aufgrund gesetzlicher Neuregelungen aus dem Vollzug entlassen werden müssen. Zudem bietet Baur im Sommersemester 2017 Blockseminare zum strafrechtlichen Sanktionenrecht und zur juristischen Rhetorik als Schlüsselqualifikation an. Im kommenden Wintersemester wird er das Examinatorium zum Allgemeinen Teil des Strafrechts übernehmen.
Lehren ist Geben und Nehmen
Gelehrt hat der 35-Jährige schon immer gerne. „Ich sehe es als Herausforderung, didaktische Strukturen zu entwickeln, mit denen ich Studierenden Jura vermitteln kann“, erzählt Baur und gibt lachend zu, dass er durch seine Lehrtätigkeit selbst erst richtig Jura gelernt habe. Für ihn ist Lehren ein Geben und Nehmen: „Ich suche auch in größeren Gruppen die Interaktion mit den Studierenden. Nicht selten entstehen Fachgespräche, aus denen ich einen Denkanstoß mit nach Hause nehme.“
Dem Druck mit Gelassenheit begegnen
In der Rechtspraxis begegnet man Fällen, an die man in der Theorie nicht gedacht hätte.
Trotzdem komme Jura nicht ganz ohne eine klassische Vorlesungskultur aus. „Ein gutes Jurastudium bedeutet für mich auch, sich viel Wissen anzueignen, um dadurch eine juristische Methodenkompetenz zu entwickeln. Reine Wissensvermittlung und manchmal auch Auswendiglernen bleiben da nicht aus“, erklärt der Juniorprofessor. „Vor allem müssen die Studierenden auch lernen, mit dem Examensdruck umzugehen. Das funktioniert nur mit einer gesunden Portion Gelassenheit.“
Seinen Studierenden empfiehlt Baur außerdem, neben dem Jurastudium ihren Interessen nachzugehen und sich ruhig auch mal in anderen Fachbereichen umzusehen. „Jura ist eine ganz große Denkschule. Man muss stets abwägen und auch komplexe Sachverhalte durchschauen. Da ist es von Vorteil, wenn man sich auch mal links und rechts des Weges umschaut, um neue Erkenntnisse zu erhalten“, rät Baur.
Vom Firmenjet aufs Fahrrad
Es ist nicht nur die wissenschaftliche Freiheit, die Alexander Baur in Hamburg genießt: „Früher wurde ich manchmal sogar mit dem Firmenjet direkt zu den Mandanten geflogen. Jetzt fahre ich oft mit dem Fahrrad zur Arbeit und genieße die frische Luft und den Blick auf die Elbe.“ Der leidenschaftliche Triathlet übt die drei Disziplinen zurzeit eher einzeln aus, aber „der 50-minütige Weg von Blankenese zur Arbeit ist dabei ein gutes Training“. Im Flugzeug sitzt Alexander Baur dennoch regelmäßig. Dann aber privat, um nach Stuttgart zu seinem zweiten Lebensmittelpunkt zu fliegen.
Alexander Baur schloss in den Jahren 2008 und 2009 sein Doppelstudium der Rechtswissenschaft mit dem Schwerpunktbereich Kriminologie und Strafrechtspflege sowie der Allgemeinen Rhetorik an der Universität Tübingen ab. Während seines Zweitstudiums in Psychologie an der Universität Konstanz promovierte er an der Universität Tübingen im Strafrecht mit summa cum laude und wurde im Jahr 2015 mit dem Promotionspreis der Universität Tübingen und mit dem Preis der Reinhold-und-Maria-Teufel-Stiftung ausgezeichnet. Neben seiner Tätigkeit als Juniorprofessor arbeitet er zurzeit an seiner Habilitation.