Lehrerfortbildung im Botanischen GartenMehr Grün für Hamburgs Schulen
24. April 2024, von Claudia Sewig
Es grünt so grün – wenn Hamburgs Schulen blühen. Wenn Schulhöfe aufwändig begrünt werden, nutzt das der Natur, dem Klima – und der Erholung auf dem Pausenhof. Oft werden die Projekte von Lehrerinnen und Lehrern umgesetzt, die dafür gärtnerisches Wissen brauchen. Dieses wird ihnen im Botanischen Garten der Universität Hamburg vermittelt.
„YouTube-Videos angucken, wie man gärtnert, kann jeder“, sagt Philipp Bornemann. „Aber was vermittelt mir das für die praktische Arbeit? Wie viel Zeit muss ich etwa für eine Aufgabe einplanen? Wie belastet mich die Arbeit körperlich? Oder was mache ich, wenn mal etwas nicht klappt?“ Der Gärtnermeister schüttelt den Kopf. Er setzt ganz klar auf das Prinzip Praxis und gibt daher bereits wenige Minuten nach Start des Kurses das Signal: „Ran an die Harken!“
Zehn Lehrerinnen und Lehrer greifen beherzt zu den Holzstielen und harken Steine und Wurzelreste aus einem Beet im Loki-Schmidt-Garten, dem Botanischen Garten in Klein Flottbek. Der Garten gehört, ebenso wie das Institut für Pflanzenwissenschaften und Mikrobiologie nebenan, zur Universität Hamburg – und hier werden die Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer an drei Donnerstagen im April geschult. Im Gärtnerischen Grundkurs „Selbst Gärtnern? Grundlagen verstehen und vermitteln“ können Lehrkräfte mit und ohne vorheriges Wissen gärtnerische Grundtechniken erlernen, um diese auf dem Gelände ihrer Schulen anzuwenden und ihren Schülerinnen und Schüler beizubringen.
Voller Einsatz mit der Pfahlramme
Katja Stein und Bastian Rittmeister greifen sich eine Pfahlramme. Auf der eben vorbereiteten Fläche sollen zwei Apfelbäume gepflanzt werden. Nachdem Philipp Bornemann gezeigt hat, wie man mit dem schweren, an der oberen Seite geschlossenen Metallrohr mit zwei Haltegriffen Pfähle in den Boden rammen kann, die als Stütze für die jungen Obstbäume dienen sollen, versuchen sich die Lehrerin und der Lehrer von der Grundschule Horn selbst daran.
Etwas Koordination, etwas Muskelkraft – und es klappt! Bisher habe ihre Schule zwei Hochbeete angelegt, zwei weitere folgten gerade, sagt Bastian Rittmeister. „In unserem Vorschulgarten herrscht leider noch Wildwuchs mit Brombeeren, das würde sicherlich zeitintensiv, hier ranzugehen. Aber vielleicht könnte das einmal etwas für eine Projektwoche sein“, so der Lehrer für Mathe, Sport und Sachunterreicht.
Neustart nach Corona
Roland Empen greift sich einen der zu pflanzenden Apfelbäume. Er ist Lehrer an der Stadtteilschule Walddörfer und mit der Hälfte seiner Stunden als Pädagogische Leitung der Grünen Schule im Botanischen Garten tätig, welche diese Lehrerfortbildung gemeinsam mit dem Team des Botanischen Gartens organisiert (siehe auch unten). „Mit dieser Fortbildung starten wir erstmals wieder nach der Corona-Zeit“, so Empen. „Die Nachfrage ist groß, wir waren sofort ausgebucht.“
Nach der heutigen Vorbereitung des Bodens und dem Pflanzen der Bäume wird es an den kommenden beiden Kurstagen neben dem Pikieren von Sämlingen und der Vermehrung durch Stecklinge auch um die Nachsorge der heute bearbeiteten Fläche gehen: Wie haben sich die Pflanzen entwickelt? Wie kann effizient bewässert werden und welches Bewässerungsmaterial ist dafür am besten geeignet?
Mit Kreuzknoten und Igel für mehr Artenvielfalt
Doch erst einmal müssen die Bäume in die Erde. Philipp Bornemann erläutert den Schnitt von Krone und Wurzeln, lässt einen Bewässerungswall aus Erde, den sogenannten Gießrand, um die jungen Bäume aufschütten und zeigt, wie man eine Baumbindung anlegt. Dafür werden die dünnen Stämme mit einem Kokosseil sicher am zuvor eingesetzten Stützpfahl befestigt. „Gut, dass ich Seglerin bin!“, sagt Bärbel Iwe-Faust, Lehrerin an der Gorch-Fock-Grundschule in Blankenese und lacht. So gelingt ihr der Kreuzknoten auf Anhieb. Eine andere Sache treibt sie jedoch um: „Wir haben so viel Schutt im Erdreich um unsere Schule – kann ich da dennoch etwas pflanzen?“ Philipp Bornemann beruhigt: „So lange der Wasserablauf im Boden gewährleistet ist, ist das kein Problem.“
Um die gepflanzten Apfelbäumchen herum lässt Bornemann, der bereits im Loki-Schmidt-Garten gelernt hat und heute Revierleiter im Bereich Alpinum ist, eine Wildblumensaatmischung ausbringen. Danach „darf der Igel laufen“: Mit der stacheligen, aber leichten Igelwalze werden die Saatkörner auf Tuchfühlung mit der Erde gebracht. Noch die jungen Bäume angießen, und der erste Tag des Kurses ist beendet.
Beim Zusammentragen der Arbeitsgeräte gibt Philipp Bornemann den Teilnehmenden noch Generelles mit auf den Weg: „Durch das, was wir tun, heben wir auch die Artenvielfalt. Biodiversität unterstützen – das machen Gärtnerinnen und Gärtner schon immer.“ Neben diesem gesellschaftlich wichtigen Aspekt gebe es aber auch eine soziale Komponente: „Gärtnern beruhigt. Und das überträgt sich sicherlich auf die Schülerinnen und Schüler, wenn Sie mit ihnen in Ihren Schulen gärtnerisch tätig werden.“
Grüne Schule
Die Grüne Schule ist eine Kooperation der Schulbehörde und der Universität Hamburg, in deren Leitbild Nachhaltigkeit und Biodiversität fest verankert sind. Angeboten werden Führungen für alle Altersstufen und Schulformen sowie das Pflanzenabholprogramm für Schulen. Lehrkräfte aus ganz Hamburg dürfen sich im Zuge des Pflanzenabholprogramms Pflanzen für ihre Klassenzimmer und den Unterricht abholen. Angeboten wird auch eine Wildblumen-Saatgut-Mischung, mit der zum Beispiel auf Schulöfen oder in Schulgärten Wildblumenwiesen angelegt und wichtige Beiträge zur Biodiversität in der Stadt geleistet werden können. Darüber hinaus berät die Grüne Schule gemeinsam mit dem Zentrum für Schulbiologie und Umwelterziehung (ZSU) die Schulgartenarbeit und steht Teams bei der Teilnahme an Wettbewerben wie zum Beispiel „Jugend forscht“ beratend zur Seite.
Berechtigt zur Teilnahme an Erkundungsgängen oder Fortbildungen sind Schulklassen, Lehrkräfte, Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst und Studierenden-Gruppen. Unterrichtsgänge dauern in der Regel zwei Stunden. Es wird keine Kursgebühr erhoben. Das umfangreiche Programm der Grünen Schule mit den einzelnen Angeboten finden Sie auf der Homepage.