Abschluss und dann? UHH-Alumni und ihre Wege in den Beruf
20. März 2024, von Viola Griehl
Foto: Isaac Hoffmann/RHH, Florian Reick, Anna Dittrich, DSM
Jährlich machen Tausende Studierende hier ihren Abschluss. Hinzu kommen Hunderte Promotionen. Die folgenden beruflichen Wege sind bunt und vielfältig. In dieser Reihe erzählen Alumni aus verschiedenen Fakultäten, was sie von der Uni Hamburg mitgenommen haben und wozu sie Studierenden raten. Dieses Mal berichten vier Alumnae der Fakultät für Geisteswissenschaften.
GW-Alumni
Dr. Kathrin Kleibl
- An der Uni: Magister Klassische Archäologie im Hauptfach, Kunstgeschichte und Geschichte der Naturwissenschaften als Nebenfächer (1996 bis 2003), Promotion 2006/2007 – unterstützt durch das Landesgraduiertenpromotions-Stipendium der Stadt Hamburg. 2007 Auszeichnung der Dissertation mit dem Karl H. Ditze-Preis
- Heute: Wissenschaftliche Mitarbeiterin für Provenienz- und Sammlungsforschung am Deutschen Schifffahrtsmuseum – Leibniz-Institut für Maritime Geschichte (DSM) in Bremerhaven
Im Deutschen Schifffahrtsmuseum erforsche ich die Sammlungshistorie sowie die Herkunft, die unterschiedlichen Besitzverhältnisse und die Biographien einzelner Sammlungsobjekte. Mein Fokus liegt dabei insbesondere auf Kulturgut, das Personen während des Nationalsozialismus möglicherweise unrechtmäßig entzogen wurde. Dabei nutze ich das in meinem Studium erworbene Grundwissen, das Handwerkzeug und die Begeisterung für die Forschung noch immer.
Mein Studium an der Universität Hamburg war großartig. Ich hatte sehr gute Professoren und Lehrkräfte, die mich insbesondere für die interdisziplinäre Forschung und das flexible Denken gestärkt haben. Meine heutigen Forschungsfelder sind daher auch nicht mehr auf eine Fachdisziplin fokussiert, sondern haben sich auf die Kulturwissenschaften erweitert. Den Studierenden heute würde ich raten, sich nicht auf das eigene Studienfach zu versteifen. Schaut über den Tellerrand hinaus, seid offen für neue Entwicklungen und vor allem: gestaltet sie mit.
Für mich waren und sind in der wissenschaftlichen Karriere insbesondere die überwiegend befristeten Arbeitsverhältnisse an Universitäten und Forschungseinrichtungen eine große Herausforderung. Ich habe noch während meiner Promotionsphase ein Angebot von der Uni Mainz bekommen und dort ab Sommer 2006 für zweieinhalb Jahre als Wissenschaftliche Mitarbeiterin gearbeitet. Kurz nach dem Abschluss, wenn man noch jung ist, mag es noch interessant sein, wegen der Arbeit immer wieder in andere Städte umzuziehen. Aber spätestens, wenn man eine Familie hat und nicht mehr so flexibel sein kann, macht es einem das Wissenschaftszeitvertragsgesetz schwer. Dessen muss man sich bei der Entscheidung für diesen Weg bewusst sein.
Sidonie Fernau
- An der Uni: Bachelor Geschichte, Sprachen und Kulturen des Vorderen Orients mit Schwerpunkt Islamwissenschaften, im dritten Fachsemester Wechsel zum Hauptfach Politikwissenschaften (2007 bis 2012)
- Heute: Social Impact Unternehmerin und Angel Investorin, Lobbyistin und Geschäftsführerin des PARITÄTISCHEN Kompetenzzentrum Nord GmbH
Ich wusste schon während meines Studiums, dass ich eine für mich sinnstiftende Tätigkeit ausüben möchte, bei der ich dazu beitragen kann, für Menschen bessere Teilhabemöglichkeiten in unserer Gesellschaft zu schaffen. Die größte Herausforderung war dann die Vielzahl an Möglichkeiten, die mit dem Studienabschluss für mich offenstanden. Ich musste erstmal herauszufinden, welche Aspekte von Tätigkeiten mich besonders interessieren und welche mir auf Dauer liegen – und mich darauf fokussieren.
Rückblickend haben sich aus dem Studium besonders die Fähigkeiten als hilfreich erwiesen, die ich mir im Wahlbereich der Geisteswissenschaften angeeignet habe, die sogenannten Allgemeinen Berufsqualifizierende Kompetenzen, wie Projektmanagement, Zeitmanagement und ähnliches. Auch das Verständnis für interkulturelle Denk- und Handlungslogiken, das ich im Studium und während meines Auslandssemesters in Istanbul vertiefen konnte, begleitet mich noch heute. Außerdem habe ich seit dem Studium viele Netzwerke – sowohl zu meinen ehemaligen Kommilitoninnen und Kommilitonen als auch zu den Lehrenden.
Studierenden heute würde ich raten: Nutzt die Vielzahl von Möglichkeiten – auch über das eigene Studienfach hinaus –, um Kurse zu besuchen und euch ein breites Fachwissen anzueignen. Auch Auslandsaufenthalte und Praktika in den Semesterferien sind wichtige Bausteine, um Erfahrungen zu sammeln und schon während des Studiums belastbare Netzwerke aufzubauen.
Sinah Swyter
- An der Uni: Bachelorstudium Französisch mit dem Fachprofil Linguistik und im Nebenfach Anglistik/Amerikanistik (2012 bis 2015)
- Heute: Filmproduzentin bei der UFA FICTION in Berlin und Potsdam
Nach dem Studium war ich zunächst auf die Literaturbranche fokussiert, habe ein Volontariat im Verlag Hoffmann und Campe in Hamburg gemacht und 2016 einen Master für Angewandte Literaturwissenschaft an der FU Berlin begonnen.
In meinem Studium war mir immer wichtig zu wissen, wie es zumindest kurzfristig weitergeht. Daher habe ich auch die verschiedenen Angebote der Universitäten genutzt, um Kontakte in die Berufswelt zu knüpfen, sodass ich sowohl im Bachelor als auch im Master direkt aus dem Studium heraus einen Job bekam. Eigentlich hatte ich ein klares (Berufs-) Ziel vor Augen, war aber immer auch neugierig und aufgeschlossen für andere Jobs, die nicht zwingend mit Geisteswissenschaften zu tun haben.
So begann in Berlin mein Weg in die Filmbranche. Meinen aktuellen Job übe ich nun seit mehr als sechs Jahren aus. Bei meinem täglichen Arbeiten mit Konzepten, Exposés, Drehbüchern und mit literarischen Texten oder auch bei der Analyse von Figuren- und Handlungsbögen und Recherchen merke ich, dass das Studium mich sehr gut auf meinen jetzigen Job vorbereitet hat. Ich profitiere auch von der Vertiefung und Professionalisierung meiner Fremdsprachen Französisch und Englisch sowie davon, dass ich durch das Studium erste Kontakte in die Verlagswelt knüpfen konnte, die bis heute bestehen. Ich kann heute also viele Werkzeuge anwenden, musste mir als Quereinsteigerin aber auch viel Wissen in einer Branche aneignen, die mir bis dato fast unbekannt war. Aber auch das ist möglich.
Heute sind die Herausforderungen für Studierende ja noch einmal andere. Ich empfinde es aber nach wie vor als Privileg, studieren zu können, und würde jeder und jedem raten, die Chance maximal zu nutzen, sich in unterschiedlichen Themenfeldern auszuprobieren, Dinge zu hinterfragen und auch abseits der bekannten und gängigen Berufswege zu denken.
Christin Schardt
- An der Uni: Bachelorstudium Medien- und Kommunikationswissenschaft mit Nebenfach Erziehungswissenschaft (2008 bis 2012)
- Heute: Redakteurin und Projektleiterin für Senderaktionen bei Radio Hamburg
Bei meinem Pflichtpraktikum während des Studiums habe ich Radio Hamburg kennengelernt und anschließend dort weiter gejobbt. So wusste ich rechtzeitig über freie Volontariatsstellen Bescheid und wurde gefragt, ob ich Interesse habe. Man sollte solche Chancen für Einblicke in die Praxis auf jeden Fall nutzen, denn sie können helfen herauszufinden, wohin die Reise gehen könnte.
Für mich war nach dem Studium neben der Umstellung der Tagesstruktur vor allem der Wechsel vom wissenschaftlichen Schreiben zu Moderationen eine Herausforderung. In meiner täglichen Praxis spielen Inhalte aus dem Studium eine relativ kleine Rolle, aber inhaltlich hilft es mir, bestimmte Strategien, die die Ausrichtung des Programms betreffen und auf Umfragen basieren, besser zu verstehen.
Durch den kommunikationswissenschaftlichen Teil meines Studiums habe ich ein gutes Verständnis für wissenschaftliche Methoden und Analysen und die daraus abgeleiteten Konzepte und Aktionen. Retrospektiv würde ich Studierenden den Tipp geben: Macht euch nicht zu viel Druck und wählt vor allem Kurse, die euch wirklich interessieren.