Neues Forschungsbüro an der WISO-Fakultät„Durch den Fokus auf Transferprojekte gewinnt jeder“
11. April 2022, von Niklas Keller
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Wollen erkrankte Erwachsene von Klinik-Clowns aufgemuntert werden? Wie barrierefrei sind Hamburger Sporthallen wirklich? Auf Fragen wie diese findet das neu geschaffene Research Office for Social Innovation (ROSI) an der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften Antworten.
Der ehrenamtliche Verein „Klinik-Clowns Hamburg“ kam vor einigen Jahren mit der Frage auf das studentische Forschungsteam um Prof. Dr. Kai-Uwe Schnapp zu, ob auch erkrankte Erwachsene von Klinik-Clowns aufgemuntert werden wollen. Dafür entwickelten sie gemeinsam mit dem Verein ein geeignetes Forschungsdesign, erhoben die Daten mit Leitfadeninterviews und evaluierten die Ergebnisse. Das Forschungsteam stellte fest: Personen, die die Clowns noch nicht erlebt hatten, hatten eine ablehnende Haltung – diejenigen, die bereits Kontakt mit Ihnen hatten, waren positiv aufgeschlossen. Die Studierenden im Team konnten praxisnah forschen und der Verein erhielt die Ergebnisse, um mehr Menschen in schwierigen Lebensphasen ein Lächeln zu schenken.
„In vielen Lehrveranstaltungen wurde viel Zeit und Energie in Verpuff-Projekte gesteckt. Ich wollte, dass von der Tatkraft der Studierenden auch Unternehmen und zivilgesellschaftliche Organisationen etwas haben und die Arbeit nicht im Nachhinein umsonst war“, sagt Prof. Dr. Kai-Uwe Schnapp über die Anfänge des Projektbüros Angewandte Sozialforschung. Seit zehn Jahren ist die Einrichtung im Fachbereich Sozialwissenschaften eingegliedert, viele Studierende haben dank des Projektbüros praxisnahe Projekte in ihren Seminaren umsetzen können.
Gute Aussichten für zivilgesellschaftliche Organisationen
Aus dem Projektbüro ist vor Kurzem das Research Office for Social Innovation – kurz ROSI – geworden. Es ist von nun an die zentrale Einrichtung für transferbezogene Forschung und Lehre innerhalb der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Durch die neue Positionierung in der Fakultät sind die Themen nicht mehr nur auf Sozialwissenschaften beschränkt – auch die Fachbereiche Sozialökonomie und Volkswirtschaftslehre profitieren zukünftig von der Einrichtung.
„Unsere konzeptionelle Kompetenzstärke wollen wir mit in den Transferchor der Uni Hamburg einbringen“, sagt Schnapp. Laura Adam, Leiterin der ROSI-Geschäftsstelle ergänzt: „In den Fakultäten gibt es Labs, die viel näher am Geschehen sind und einen engen Kontakt zu Forschenden und Lehrenden haben. Sie sind sich der eigenen Stärken im Bereich Transfer bewusst. Während sich zum Beispiel die Geisteswissenschaften mit Kultur- und Bildungseinrichtungen austauschen, ist das ROSI vor allem für Transferaktivitäten mit sozialen und gesellschaftlichen Organisationen geeignet“.
Zwar seien auch zukünftig Kooperationen mit Wirtschaftsunternehmen nicht ausgeschlossen, man wolle sich aber in erster Linie auf zivilgesellschaftliche Organisationen fokussieren. Doch welche könnten das sein? „Wir wollen mit Organisationen zusammenarbeiten, die in der Stadt dazu beitragen, dass das gesellschaftliche Zusammenleben besser wird oder dass Menschen besser gebildet und geeigneter auf Problemsituationen vorbereitet sind“, erklärt Schnapp. Partnerinnen und Partner können Behörden, die Diakonie, die Caritas oder Verbände der Wohlstandspflege sein. Aber auch Vereine, Verbände, Bezirke, Mehrgenerationenhäuser oder die zu Beginn genannten Klinikclowns sind möglich. Das Themenfeld ist breit.
Keine Verpuff-Projekte, sondern wirkungsvolle Berufsorientierung
Neben den Organisationen profitieren vor allem Studierende enorm von vielfältigen Projekten mit Praktikumscharakter. „Einige der Studierenden untersuchten zum Beispiel mithilfe eines Fragebogens die Akzeptanz und Wirksamkeit des Kursangebots des Vereins ‚Bildung für Alle!‘ und empfahlen nach der Erhebung Korrekturen an den Räumlichkeiten und den Kurszeiten. Im Jahr darauf hat der Verein sofort große Teile seines Angebots umgestellt, um mehr Menschen zu erreichen“, so Schnapp. „Die Studierenden erlernen dadurch unterschiedliche Kompetenzen und machen wichtige Erfahrungen, die in einer einfachen Lehrveranstaltung nicht vermittelt werden können“, erklärt Laura Adam. Berufsrelevante Kompetenzen seien Kommunikationsfähigkeit, professionelles Auftreten und Handeln und natürlich wissenschaftliches Arbeiten und Teamarbeit. „Je weiter sie im Studium sind, desto mehr wissenschaftliche Kompetenzen können sie einbringen und professionalisieren“, so Adam. Darüber hinaus werden wichtige Kontakte in unterschiedliche Berufsfelder geknüpft.
Laura Adam kann sich vorstellen, die Ausbildungsmöglichkeiten zu vergrößern: „Wir überlegen vermehrt, auch Promovierende an den Projekten zu beteiligen. Häufig fehlen uns Beschäftigte, die Projekte und Studierende anleiten können. Als Teil der Ausbildung können Promovierende so auch Praxiserfahrung außerhalb der Hochschule sammeln“, sagt Adam.
Antworten auf relevante Fragen finden
Besonders im Gedächtnis ist Schnapp eine Befragung von Nutzerinnen und Nutzern der Hamburger Sporthallen geblieben. Der Hamburger Sportbund wollte wissen, wie barrierefrei die Sporthallen in der Hansestadt sind. „Der Auftraggeber war überzeugt davon, dass standardisierte Fragebögen am besten darüber Aufschluss geben würden“, berichtet Schnapp. „Wir haben uns zusätzlich für qualitative Interviews ausgesprochen – unsere Ergebnisse haben es sogar in eine Diskussion im Deutschen Olympischen Sportbund über Anforderungen von Turnhallen geschafft.“ Die Ergebnisse des Fragebogens haben jedoch gar nicht weitergeholfen, weil in geschlossenen Fragen nur das abgefragt werden kann, was bereits bekannt ist.
„Als Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Gesellschaft können wir als Forschungsbüro greifbare und für die Bürgerinnen und Bürger relevante Fragestellungen beantworten“, so Schnapp. „Durch die verstärkte Fokussierung auf Transferprojekte gewinnt jeder.“
Wie können Studierende mitwirken?
Das Research Office for Social Innovation sucht regelmäßig Studierende, die an Projekten teilnehmen möchten. Interessierte können sich auf der Website erkundigen und sich für den Newsletter anmelden. Das Forschungsbüro informiert über neue Stellen und Teilnahmemöglichkeiten.