14 Eimer Wasser pro Quadratmeter im Februar„In 25 Jahren haben wir noch nie so viel Niederschlag gemessen“
28. Februar 2022, von Niklas Keller
Foto: UHH
Rekord am 305 Meter hohen Wettermast des Meteorologischen Instituts in Hamburg-Billwerder: Seit 1998 hat es im Februar dort noch nie so viel geregnet. Ingo Lange, wissenschaftlicher Betreuer des Wettermasts, erklärt im Gespräch, was der Höchstwert aussagt und welche Schäden die Stürme hinterlassen haben.
Insgesamt haben Sie im Februar rund 146 Millimeter gemessen. Wie kann man sich diese Menge vorstellen?
Umgerechnet sind es mehr als 14 Eimer Wasser, die im gesamten Monat Februar auf einem Quadratmeter auf der Erde gelandet sind. Das ist äußerst ungewöhnlich. In den meisten Jahren würden sich nicht mal vier Eimer mit Wasser füllen. Im Sommer ist das viel mehr, da kann diese Menge auch mal in wenigen Tagen runterkommen.
Bereits am 21. Februar ist der Niederschlagsrekord von 2020 gebrochen worden – eine Woche vor Monatsende. Wie ungewöhnlich ist diese Niederschlagsmenge?
Am Wettermast in Billwerder messen wir den Niederschlag seit 1998. Der diesjährige Februar sticht dabei sehr heraus, auch wenn es schon 2020 viel Niederschlag gegeben hat – damals waren es fast 13 solcher Eimer. In diesen 25 Jahren, in denen wir gemessen haben, war es der höchste Wert.
Der Wetterdienst hat in Hamburg vermutlich schon mal mehr protokolliert – unsere Messdaten beziehen sich nur auf den Standort am Wettermast. Deshalb lassen sich die Messwerte nicht unbedingt auf ganz Hamburg übertragen.
Schuld an dem Rekord waren auch die Stürme Ylenia, Zeynep und Antonia, die über Deutschland hinweggezogen sind. Hat ein Wetterphänomen dafür gesorgt, dass wir in kurzer Zeit drei Stürmen ausgesetzt waren?
Das hängt mit dem Jetstream zusammen – dem starken Luftstrom, der um die Erde wandert. Vermutlich hat man zuletzt während der Waldbrände in Kanada davon gehört. Der Jetstream ist wie ein Wellenband um die Erde, in dem die Luft Richtung Osten strömt. An diesem Band entstehen Wirbel, die als Tiefdruckgebiete zu uns wandern. Und wie ein Wirbel im Wasser wirbelt das Tiefdruckgebiet über die Oberfläche und kann einige hundert Kilometer groß werden. Auf dieser Bahn sind die Tiefs von Island aus nach Europa gezogen. Jetzt hat sich das etwas verlagert und die Sonne lässt sich endlich wieder blicken.
Der Wettermast meldet auch auf Twitter zu aktuellen Wetterthemen. Twittern Sie selbst oder funktioniert das mittlerweile automatisch?
Davon träume ich! Wenn draußen etwas Spannendes passiert, schaut meine Frau wie wohl die meisten aus dem Fenster, ich gucke auf den Bildschirm. Und wenn etwas Interessantes dabei ist, twittere ich dazu. Vor einiger Zeit allerdings habe ich den Ausbruch des Unterwasservulkans bei Tonga im Pazifik verpasst – die Auswirkungen konnte man sogar in unseren Messdaten sehen. Aber da war der Aufruhr auf Twitter schon längst vorbei.
Haben die Stürme auch Schäden verursacht?
Während der Stürme sind am Wettermast drei Sensoren ausgefallen. Ein Temperatur-Feuchte-Sensor in 70 Metern Höhe. Nach dem Sturm sind wir hochgeklettert und haben ihn repariert. Einen weiteren Sensor auf 175 Metern Höhe konnte ich von zu Hause aus neu starten, über eine Computerverbindung mit TeamViewer zum Wettermast. Aktuell meldet sich auf 280 Metern ein Windsensor nicht mehr. Den konnten wir noch nicht untersuchen, weil es zu windig war. Wenn wir Glück haben, müssen wir den Strom nur aus- und wieder einzuschalten. Das kennt jeder von zu Hause, wenn der Router mal wieder streikt.
Der Wettermast in Hamburg-Billwerder
Wie hoch sind Temperatur, Niederschlag und Windgeschwindigkeit in Hamburg? Der Wettermast Hamburg ist die Messanlage des Meteorologischen Instituts der Universität Hamburg am Sendemast des NDR im Stadtteil Billwerder. Zusammen mit dem Max-Planck-Institut für Meteorologie werden dort Wetter- und Klimamessungen zur Erforschung der Vorgänge in der atmosphärischen Grenzschicht durchgeführt. Dazu sind Messgeräte in sechs Höhen installiert, die höchste 280 m über dem Boden. Hinzu kommen Sensoren für Luftdruck, Niederschlag, Strahlung und Wolken sowie eine Erdbodenstation bis 1,20 m Tiefe. Die Geschichte der Anlage reicht zurück bis in die 1960er Jahre. Die moderne, digitale Datenaufzeichnung läuft mittlerweile seit über 25 Jahren.
Auf der Webseite des Wettermasts des Meteorologischen Instituts können jederzeit die gemessenen Daten angeschaut werden.