Veranstaltungsreihe zur Politik der PoesieWie verändert Lyrik politische Prozesse oder den öffentlichen Raum?
26. Oktober 2021, von Christina Krätzig
Foto: Unsplash cc0
Mit 2,5 Millionen Euro wurde Prof. Claudia Benthiens Forschung zur Poesie der Gegenwart im vergangenen Jahr gefördert. Nun beginnen die zum Projekt gehörenden öffentlichen „Poetry Debates“. Sie finden an der Uni selbst, aber auch im Literaturhaus oder in der Katholischen Akademie statt.
Zeitgenössische Poesie hat viele Formen. Sie steht in Wechselwirkungen mit Formaten wie dem Poetry Slam oder Spoken Word, dient unter anderem der Veröffentlichung von Meinungen und findet sich an ungewöhnlichen Orten, beispielsweise auf Theaterbühnen, Hauswänden oder Social-Media-Plattformen.
In ihrem Projekt „Poetry in the Digital Age“ untersucht Prof. Dr. Claudia Benthien vom Fachbereich Sprache, Literatur und Medien der Universität Hamburg diese Entwicklungen. Durch ihre Arbeit will sie zu einem erweiterten Verständnis von Lyrik kommen, das bisherige Gattungsdefinitionen hinterfragt und erweitert. Dafür wird sie vom europäischen Forschungsrat mit einem Advanced Grant gefördert.
Die Wissenschaftlerin bemerkt: „Gedichte sind kurz und direkt. Sie wenden sich unmittelbar an die Lesenden, indem sie Emotionen wecken oder spielerisch zum Nachdenken anregen. Zu Alltagswahrnehmungen und Gegenwartserfahrungen passt diese ‚kleine literarische Form‘ anscheinend besonders gut. Jedenfalls kann man aktuell einen regelrechten Poesie-Boom feststellen, sowohl bei Live-Formaten als auch im Internet.“
Prof. Benthien möchte auch die Öffentlichkeit in die aktuellen Debatten rund um das Thema Lyrik einbeziehen. Die von ihr initiierten Poetry Debates sind als Wissenstransfer angelegt und sollen in den kommenden Jahren jeden Herbst an der Universität sowie weiteren Veranstaltungsorten in der Stadt stattfinden. Die Öffentlichkeit kann so Akteurinnen und Akteuren aus der Lyrik-Szene kennenlernen und Einblicke in die aktuelle Forschung erhalten. Zu den jeweils vier Veranstaltungen lädt die Literaturwissenschaftlerin Dichterinnen und Dichter ein, aber auch performende oder bildende Künstlerinnen und Künstler sowie andere Forschende. Gemeinsam werden sie ein übergeordnetes Thema in Vorträgen, Lesungen oder Podiumsdiskussionen ausloten.
In diesem Jahr drehen sich die Veranstaltungen um „Die Politik der Poesie“. „Dabei geht es um Auseinandersetzung mit aktuellen kulturellen und gesellschaftlichen Fragen im Medium der zeitgenössischen Dichtung“, erklärt Benthien. „Gesellschaftspolitische Themen wie Rassismus, Gender und mentale Gesundheit werden ebenso verhandelt wie Zukunft im Zeitalter des Klimawandels oder der lyrische Widerstand der Opposition in Belarus.“
Poetry Debates 2021
Die einzelnen Events finden auf Deutsch und Englisch an folgenden Terminen und Orten in Hamburg statt:
- 27. Oktober 2021. Gedichte in der Stadt: Lyrik und öffentlicher Raum. Warburg-Haus
- 10. November 2021. Instagram, Twitter & Co: Poesie und gesellschaftspolitischer Aktivismus. Literaturhaus
- 24. November 2021. Eco-Criticism in der Lyrik: dem Klimawandel verpflichtet. Universität Hamburg, Hauptgebäude
- 8. Dezember 2021. Gedichte als Interventionen in politischen Krisen: Der Fall Belarus. Katholische Akademie
Zu den Gästen gehören beispielsweise die Berliner Dichterin und Performerin Ulrike Almut Sandig, Johannes Heldén, bildender Künstler, Dichter und Musiker aus Stockholm, oder die im Exil lebende, aus Belarus stammende Dichterin Julia Cimafiejeva.