Die Uni Hamburg als Ausgangspunkt für GründungenAuf die Plätze, fertig, Start-up ... Teil 3
8. Oktober 2021, von Tim Schreiber/Anna Priebe
Foto: André Arndt
Gründen, aber wie? An der Uni Hamburg gibt es nicht nur zahlreiche Beispiele für spannende Start-ups, sondern auch umfangreiche Unterstützungsangebote für Gründungsinteressierte. Wir stellen in den drei Teilen dieser Reihe neun junge Unternehmen sowie ihre Gründerinnen und Gründer vor.
Ob technische Innovationen, besondere Lernangebote oder Instrumente für mehr Nachhaltigkeit in Wirtschaft und Konsum: Viele aktive und ehemalige Mitglieder der Universität setzen ihre spannenden Geschäftsideen mit eigenen Start-ups in die Tat um. Manche entwickeln ihre Konzepte bereits im Studium, andere starten erst nach ihrem Abschluss durch – doch sie alle profitieren von ihrer Ausbildung sowie von zahlreichen universitären Förderungsmöglichkeiten, die in der neuen Transferagentur gebündelt sind.
Innovative Start-ups – Teil 3
Was ist unsere Idee:
„ai-omatic solutions“ bietet eine sogenannte „Software as a Service“-Lösung an, die Sensor-Daten von Maschinen in der Produktion auswertet und vorhersagt, wann die Maschine ausfällt. Über unsere Schnittstellen bekommen die Unternehmen also präzise Informationen über den Ist-Zustand ihrer Maschinen und haben über ein Dashboard immer einen aktuellen Überblick über den Vitalitätszustand ihrer Maschinen, sodass sie rechtzeitig auf Veränderungen reagieren können. Unsere Methode kann nicht nur Veränderungen des Zustands der Maschine erkennen, um dann Vorhersagen für die Zukunft treffen zu können, sondern auch die Ursache der Störung ermitteln. Dies wird möglich, indem wir Zustandsdaten mit Daten zu den ablaufenden Prozessen kombinieren und diese mit Wahrscheinlichkeitsmodellen analysieren. So können Kunden Wartungskosten und Ausfallzeiten reduzieren.
Wie sind wir darauf gekommen:
Dario (CTO) und Lena (CEO) haben beide bei dem gleichen Unternehmen in der Luftfahrt-Branche gearbeitet – in Projekten, in denen es auch darum ging, Ausfälle und Wartungsbedarfe vorherzusagen, also im sogenannten Bereich „Predictive Maintenance“. Dabei hat uns der hohe manuelle Aufwand für jeden Anwendungsfall gestört und wir haben uns gefragt, ob es nicht möglich ist, einen Algorithmus zu entwickeln, der für viele unterschiedliche Anwendungsfälle und Maschinen funktioniert. So entstand der Wunsch, eine „ready-to-use“-Lösung im Bereich Predictive Maintenance zu entwickeln.
So unterstützt uns die Uni bzw. so profitieren wir von unserem Studium an der UHH:
Dario hat im Biologie-Bachelor an der Uni seine Leidenschaft für die Datenanalyse entdeckt und daher seinen Master in Bioinformatik gemacht. Bei diesem Fachwechsel haben ihn die Lehrenden der Uni sehr unterstützt. Während des Masters hat Dario dann das Modul Machine Learning, dessen Inhalte ihn bis heute nicht losgelassen haben. Ohne dieses Modul sowie die motivierten Professoren und Tutoren der Uni würde Dario nicht da stehen, wo er heute steht. Auch heute noch sind die Kontakte sehr eng und wir nutzen Darios Netzwerk für die Organisation von Events zum Thema Gründen. Gleichzeitig arbeiten bei uns zahlreiche Studierende der Uni, die bei so Praxiserfahrung sammeln können.
Was ist unsere Idee:
Der menschliche Körper ist nur in sehr begrenztem Maße in der Lage, fettlösliche Substanzen aufzunehmen. Hierunter fallen etwa die Hälfte der existierenden Nahrungsergänzungsmittel und Pharmazeutika. Von vielen dieser Stoffe werden über 90 Prozent metabolisiert und ungenutzt ausgeschieden. In der Konsequenz sind viele der Produkte, die dazu gedacht sind, unsere Gesundheit zu fördern, ineffizient, unnötig teuer und durch hohen Wirkstoffgehalt mit gesteigertem Risiko für Nebenwirkungen belastet. Wir haben uns vorgenommen, mit rein natürlichen Trägersystemen dem Körper zu helfen, schneller und signifikant mehr von aktiven Substanzen aufzunehmen.
Wie sind wir darauf gekommen:
Die geringe Bioverfügbarkeit vieler Wirkstoffe war uns durch das Studium aus der wissenschaftlichen Literatur bekannt. Ebenso wie der Lösungsansatz, sogenannte Drug Delivery Systeme (DDS) zur verbesserten Aufnahme zu verwenden. Wir haben dabei das Problem gesehen, dass auf der einen Seite DDS primär für Pharmazeutika entwickelt und eingesetzt werden und sie auf der anderen Seite nahezu ausschließlich aus künstlichen Inhaltsstoffen bestehen, welche selbst zu Nebenwirkungen führen können. Mit der Idee, gut verträgliche, hoch effektive DDS zu entwickeln sind wir an die Arbeitsgruppe Prof. Dr. Moritz / Dr. Pauer der Technischen Chemie der UHH herangetreten und haben für unser Vorhaben einen Laborplatz und Unterstützung erhalten.
So unterstützt uns die Uni bzw. so profitieren wir von unserem Studium an der UHH:
Unser Team besteht aus leidenschaftlichen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Ökonominnen und Ökonomen. Das Studium hat uns nicht nur die Fähigkeiten und Werkzeuge gegeben um das Projekt „TINY Technologies“ voranzutreiben, sondern auch den notwendigen Ehrgeiz gelehrt, den langwierigen und von Rückschlägen geprägten Weg der Firmengründung zu beschreiten. Die Universität, insbesondere die Institute der Technische und Makromolekulare Chemie sowie der Pharmazie, haben uns seit den Anfängen begleitet. Gerade um unsere Forschungskapazitäten auszubauen, waren wir auf die Unterstützung der Arbeitskreise angewiesen um Bachelor-, Master- und mittlerweile auch Doktorarbeiten anzubieten. Im Gegenzug haben wir uns an der Ausbildung Studierender beteiligt, eine Win-win-Situation für uns und die Institute.
Was ist unsere Idee:
Mit „ryddle“ bieten wir eine neue Form von Stadtrallyes an, die auf dem eigenen Smartphone mithilfe einer Messenger-App gespielt werden können, etwa WhatsApp oder dem Facebook-Messenger. Die digitalen Stadtrallyes werden online gekauft, es muss aber keine zusätzliche App installiert werden. Die Spielerinnen und Spieler lösen dabei in mittlerweile neun Städten in drei Ländern Rätsel, erleben eine multimediale Story und lernen die Stadt von einer anderen Seite kennen. Unsere Rallyes richten sich dabei nicht nur an Touristinnen und Touristen, sondern lassen auch Einheimische ihre Stadt mit neuen Augen sehen. Und die Stadtrallyes sind mehr als ein Quiz mit Antwortmöglichkeiten: Sie bieten eine interaktive Unterhaltung, bei der die Spielenden im Gespräch mit einem fiktiven Charakter sind, sodass der Eindruck eines persönlichen Chats entsteht. Dabei wird gleichzeitig eine Geschichte erzählt, in deren Rahmen die Nutzerinnen und Nutzer Rätsel lösen und Hinweise sowie Wegpunkte suchen müssen. Wir wollen mit diesem Konzept die führende Plattform für digitale Stadtrallyes werden. Unser Fokus liegt dabei auf Rätselspaß in Kombination mit einer spannenden Geschichte und interessanten Hintergrundinfos.
Wie sind wir darauf gekommen:
Vor einigen Jahren haben wir – Verena, Jan, Timo und Martha – uns an der Universität Hamburg kennengelernt als wir zeitgleich im Marketingbereich an drei verschiedenen Bereichen promoviert haben. Die Idee für „ryddle“ ist 2018 während eines Spaziergangs in der schönsten Stadt der Welt – Hamburg – entstanden. Wir haben uns überlegt, dass es an der Zeit ist, die vielfältigen Möglichkeiten des digitalen Zeitalters besser zu nutzen, um eine Stadt erlebbar zu machen und ein gemeinsames, interaktives Erlebnis schaffen. Auch nach der gemeinsamen Doktorandenzeit ist der Kontakt nicht abgebrochen und wir haben uns entschieden, die Gründung umzusetzen. Mittlerweile betreiben wir unser Start-up zeitlich und räumlich unabhängig, ganz im Einklang mit unseren Stadtrallyes: digital.
So unterstützt uns die Uni bzw. so profitieren wir von unserem Studium an der UHH:
Durch unser Studium und die Promotion an der BWL-Fakultät sind uns die betriebswirtschaftlichen Grundlagen quasi in die „Gründer-Wiege“ gelegt worden. Bei „ryddle“ können wir praktisch ausleben, was wir an der Uni in der Theorie gelernt haben. Aktuell übernehmen wir nahezu alle Tätigkeitsfelder in unserem Start-up selbst. Sei es die technische Umsetzung des Chatbots, die Gestaltung unserer Webseite oder das Marketing. Auch die meisten unserer 14 Rallyes haben wir selbst entwickelt oder kreativ begleitet. Im Laufe der Promotion sind uns viele inspirierende Persönlichkeiten begegnet, die uns aufgezeigt haben, dass es sich lohnt, an einer guten Idee festzuhalten und einfach mal loszulegen. Gleichzeitig stehen wir mit unseren Doktorvätern und den Teams noch immer in Kontakt und profitieren von ihrer Erfahrung.
Gründungsunterstützung an der Uni Hamburg
Die Universität Hamburg bietet Gründungsinteressierten aller Statusgruppen über die Transferagentur zahlreiche Unterstützungsangebote. Beim Gründungsservice können Projektideen vorgestellt werden, um die nächsten Schritte zu planen und alle wichtigen Informationen rund um Voraussetzungen, Vorschriften und Entwicklungsmöglichkeiten zu erhalten. Darüber hinaus gibt es unter anderem eine Förderungsdatenbank, in der verschiedene Fonds und Finanzierungsoptionen wie das Gründungsstipendium „exist“ dargestellt sind und recherchiert werden können, sowie eine Übersicht über Netzwerke inner- und außerhalb der Universität, etwa die Hamburg Innovation GmbH oder das hochschulübergreifende Projekt „beyourpilot“.