Leopoldina-Empfehlungen unter UHH-BeteiligungWie kommen Digitalisierung und Demokratie zusammen?
16. Juni 2021, von Anna Priebe

Foto: Sebastian Engels
Um gesellschaftliche Veränderungen zu begleiten, bringen Forscherinnen und Forscher ihre Expertise unter anderem in Gremien ein. Prof. Dr. Judith Simon, Professorin für Ethik in der Informationstechnologie, ist Co-Sprecherin einer Arbeitsgruppe, die untersucht hat, wie Digitalisierung und demokratische Öffentlichkeit zusammen funktionieren können.
Bei der Information der Öffentlichkeit spielen neben den traditionellen Medien wie Zeitungen und Rundfunk auch Plattformen wie Twitter und Facebook sowie Foren und rein digitale Medienangebote, eine immer größere Rolle. Sie bieten zudem mehr Menschen quer durch alle sozialen Schichten Möglichkeiten der Beteiligung. Allerdings gehen mit der Vielfalt auch Risiken einher, etwa die Zunahme ungeprüfter Falschinformationen und die Verschärfung des Umgangstons bis hin zu Hassrede und Mobbing.
Interdisziplinäre Arbeitsgruppe erarbeitet Empfehlungen
Wie also kann eine öffentliche Demokratie unter Berücksichtigung digitaler Medien funktionieren? Welche Maßnahmen müssen ergriffen werden, um Risiken zu minimieren? Und wie muss sich auch der Journalismus an die neuen Medien anpassen? Die „Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina“ hat gemeinsam mit der „Union der deutschen Akademien der Wissenschaften“ sowie der „Akademie der Technikwissenschaften acatech“ entsprechende Empfehlungen veröffentlicht. Ausgearbeitet wurden sie von einer interdisziplinären Arbeitsgruppe aus 19 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Deutschland und dem europäischen Ausland.
Die Forschenden stammen dabei unter anderem aus der Informatik, der Kommunikations- und Medienwissenschaft, aber auch der Soziologie, der Philosophie sowie der Rechts- und Politikwissenschaft. „Wir haben alle unsere Expertisen eingebracht, um einen Diskurs anzustoßen und vor allem der Politik, aber auch der Zivilgesellschaft, Ansatzpunkte für zukünftiges Handeln und Gestalten zu geben“, erklärt Prof. Dr. Judith Simon, Professorin für Ethik in der Informationstechnologie an der Universität Hamburg und Co-Sprecherin der Arbeitsgruppe.
Von Transparenz bis Medienkompetenz
Insgesamt acht Empfehlungen sprechen die Forschenden aus, unter anderem, dass die Internetangebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gestärkt und die Forschung mit Daten der großen digitalen Plattformen ausgebaut werden sollte. Zudem sollten neue Formate der Beteiligung und des Datenjournalismus entwickelt werden. Auch der zivile Umgang im Diskurs solle gestärkt werden, und zwar dadurch, dass Strafverfolgungsbehörden besser ausgestattet werden und Nichtregierungsorganisationen ein Verbandsklagerecht bekommen.
„Aus unserer Sicht ist es aber auch wichtig, die digitalen Technologien und Infrastrukturen so zu gestalten, dass sie für Nutzerinnen und Nutzer transparent sind – in Bezug auf die Funktion und auf die Inhalte“, erklärt Simon. Zum einen müsse es dafür unabhängige Gremien bei den Plattformen geben, die darüber mitentscheiden, wie die Plattformen kuratiert werden. „Es muss darüber hinaus aber auch plattformunabhängige Instrumente geben“, so die Philosophin. Diese könnten dann zum Beispiel die Argumente zu verschiedenen Themen darstellen, „und auch hier gilt es, innovative Ideen zu entwickeln und dabei auch die Nutzerinnen und Nutzer einzubeziehen“.
Simon, die auch Mitglied des Deutschen Ethikrats ist und 2018/2019 der Datenethikkommission angehörte, betont zudem: „Ganz wichtig ist natürlich auch, die Medienkompetenz zu steigern und die Bildung in diesem Bereich in allen Altersstufen zu verankern – von der Kita über die Schule bis zur Weiterbildung im Beruf.“
Die vollständige Stellungnahme ist auf der Webseite der Leopoldina abrufbar.