Klimaschutz an der Bundesstraße 45Wie die Universität mit Hochleistungsrechnern Labore heizt
17. Dezember 2020, von Niklas Keller
Foto: UHH/Schell
Auf dem KlimaCampus der Universität stehen zwei Gebäude direkt nebeneinander. Das eine benötigt enorm viel Wärme, das andere stellt enorm viel überschüssige Wärme her. Nun profitieren beide voneinander – durch eine clevere Lösung.
Am Institut für Technische und Makromolekulare Chemie hantieren Chemikerinnen und Chemiker jeden Tag mit gefährlichen und giftigen Substanzen. Um für Sicherheit zu sorgen, ist ein regelmäßiger Luftaustausch notwendig. Die Luft der Chemielabore wird ganze achtmal die Stunde ausgetauscht. Dafür wird aber nicht stoßgelüftet, was alle von zu Hause kennen. Mit Hilfe von Lüftungsanlagen wird die Luft komplett ausgewechselt.
Doch was auf der einen Seite notwendig für die Gesundheit der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ist, ist auf der anderen Seite nicht unbedingt förderlich für das Klima, da dabei auch ein Teil der Wärme aus den Laboren verloren geht.
Direkt nebenan, an der Bundesstraße 45a, hat das Deutsche Klimarechenzentrum (DKRZ) seinen Sitz. Die Einrichtung unterstützt Klimaforschende mit Hochleistungsrechnern und großen Datenspeichern für aufwendige Simulationen. Solche Rechner produzieren viel überschüssige Wärme. Wärme, die in den Chemielaboren der Universität dringend benötigt wird.
In dem einen Haus Wärme produzierende Rechner zu haben und im anderen Labore, die unentwegt Wärme benötigen, sei eine „einmalige Chance“, erklärt die Projektleiterin der Universität Hamburg, Dipl.-Ing. Petra Litke. Entwickelt wurde ein spezielles System zur Abwärmenutzung.
Werte, die sich sehen lassen können
Nun feierte das Projekt im November 2020 seinen ersten Jahrestag. Insgesamt 3500 Megawattstunden Wärmeenergie wurden eingespart. Zum Vergleich: Ein Einfamilienhaus verbraucht im Durchschnitt 25 Megawattstunden Wärmeenergie im Jahr. „Eine ganz schöne Hausnummer“ sagt auch Petra Litke: „Das bedeutet ungefähr 1000 Tonnen CO2 pro Jahr an Einsparung. Dieser Wert ist vergleichbar mit dem CO2-Ausstoß von 62 Haushalten in einem Jahr, wenn in den Wohnungen zwei Personen leben.
Doch wie lässt sich der technische Vorgang erklären? Das DKRZ kühlt ihre Supercomputer mit Wasser. Das erhitzte Wasser wird durch ein Rohrsystem über einen Schacht und den Keller in die Bundesstraße 45 geleitet. Hier werden an zwei Stellen sogenannte Wärmetauscher genutzt, die die Wärme vom Wasser auf die Zuluft übertragen. Die Zuluft ist die Luft, die den Laboren im Anschluss zugeführt wird und die Räume erwärmt.
Energie sparen leichtgemacht
Möglich machte dieses wegweisende Projekt neben einer Finanzspritze vom Klimafonds der Stadt Hamburg ein besonderes Finanzierungsmodell: Das sogenannte Intracting. Ziel ist es, in öffentlichen Gebäuden in Hamburg Maßnahmen durchführen zu können, die Energie sparen. Dabei sollen zum einen Klima und Geldbeutel geschont, zum anderen haushaltsneutral agiert werden.
Zu Beginn steht eine Förderung von der Behörde für Energie, Klima und Agrarwirtschaft. Werden nun beispielsweise bei einem Heizungspumpentausch 10.000 Euro ausgegeben, wodurch zukünftig 1.000 Euro Stromkosten im Jahr eingespart werden, fließt dieses eingesparte Geld direkt in einen Fonds. Von diesem Fonds werden dann wiederum neue Maßnahmen finanziert. Die Universität Hamburg nimmt seit 2017 an dem Programm teil.
Klimafreundliches Arbeiten lässt sich planen
Mit diesem Projekt soll noch lange nicht Schluss sein. „Bei künftigen Neubauten wollen wir von vornherein solche Synergien mitdenken“, berichtet Petra Litke. Auch in der Science City Bahrenfeld könnten ähnliche Projekte verwirklicht werden. Und zielstrebig gibt sich Litke auch: „Für das zweite Betriebsjahr am Standort Bundesstraße 45 möchten wir an der Regelung einige Optimierungen vornehmen, um 4000 Megawattstunden eingesparte Wärmeenergie zu erreichen."