Hamburger Museum zeigt Ausstellung über Manuskriptkultur aus SumatraDas Rätsel der Batak-Schrift
12. Mai 2020, von Christina Krätzig
Seit dem 7. Mai sind die Museen in Hamburg wieder geöffnet. Das „Museum am Rothenbaum. Kulturen und Künste der Welt“ (MARKK) zeigt nun auch eine bisher verschobene Ausstellung über die Manuskriptkultur der Toba-Batak, einem Volk von der indonesischen Insel Sumatra. Der Sprach- und Kulturforscher Prof. Dr. Jan van der Putten von der Universität Hamburg ist auf Südostasien spezialisiert und war an der Entstehung der Ausstellung beteiligt.
Herr van der Putten, das ehemalige Hamburger Völkerkundemuseum, das heute MARKK heißt, zeigt in einer Ausstellung Manuskripte von der Insel Sumatra. Von wem stammen diese Schriftstücke?
Sie wurden im 18. und 19. Jahrhundert von den Batak hergestellt: einem Volk, das bis heute rund um den Tobasee im nördlichen Sumatra lebt. Die größte Gruppe nennt man nach dem See Toba-Batak. Früher waren die Batak ein kriegerisches, sogar für kannibalistische Praktiken bekanntes Volk. Die Dörfer führten ständig Krieg gegeneinander. Dementsprechend handelt es sich bei vielen beschriebenen Objekten um Amulette, die Schutz bieten sollen, oder man hat Verwünschungen festgehalten, welche den Feinden Schaden zufügen sollten.

Wie sind die Objekte nach Hamburg gekommen?
Anfang des 20. Jahrhundert lebte Johannes Winkler, ein deutscher Missionsarzt, bei den Batak. Er hatte vom Völkerkundemuseum hier in Hamburg den Auftrag, Kultobjekte der Batak zu erwerben. Zwischen 1904 und 1914 hat er einige Sendungen nach Deutschland geschickt. Vor ein paar Jahren hat seine Enkelin angeregt, dass die Sammlung neu aufgearbeitet wird. Zusammen mit verschiedenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Universität Hamburg wurden die Objekte systematisch beschrieben. Mit dem Exzellenzcluster „Understanding Written Artefacts“ verfügt die Universität ja über eine besondere Expertise auf diesem Gebiet.
In welcher Schrift wurden die Texte verfasst?
Die Batak verwenden eine eigene Schrift, die sogenannte Batak-Schrift. Ursprünglich ist die Kunst des Schreibens wohl aus Indien nach Sumatra gekommen. Auf der Insel finden sich uralte Steininschriften: Die älteste ist aus dem siebten Jahrhundert nach Christus, die jüngste aus dem 15. Jahrhundert. Diese Inschriften sind auf Sanskrit und Altmalaiisch verfasst, die indische Herkunft ist unverkennbar. Aber ab etwa 1500 n. Chr. finden wir für etwa 300 Jahre keine Schriftzeugnisse mehr. Danach tauchen dann Schriftstücke in der Batak-Schrift auf, mit der auch die Objekte im MARKK beschrieben sind. Die Schrift hat sich aus den indischen Schriften entwickelt – aber wie genau, gehört zu den vielen Rätseln, welche uns das Volk der Batak aufgibt.
Werden solche Schriftstücke auf Sumatra immer noch benutzt?
Das glaube ich nicht. Die Batak leben heute als christliche Minderheit im überwiegend muslimisch geprägten Indonesien. Als Christen haben sie sich lange Zeit von ihrer animistischen und gewalttätigen Vergangenheit distanziert. Erst in jüngster Zeit entsteht eine vorsichtige Rückbesinnung auf alte Traditionen, sogar eine neue Religion, die frühere Glaubensvorstellungen wieder aufnimmt. In diesem Zug werden wieder Manuskripte hergestellt, aber diese werden für die Touristen produziert. Ob es noch Menschen gibt, die traditionelle Objekte besitzen, möchte ich in den nächsten Jahren vor Ort erforschen. Falls ja, dann ist dies nur im Verborgenen der Fall.