Exkursionen wegen Corona-Pandemie abgebrochenZurückgekehrte Forscherinnen berichten von ihren Erlebnissen
6. April 2020, von Anna Priebe

Foto: UHH/Kramer
Zwei Forschungsgruppen der Universität Hamburg sind nach Tagen des Wartens wieder in Hamburg eingetroffen. Die Gruppen waren auf Exkursionen in Nepal und Kamerun und saßen aufgrund der Corona-Pandemie tagelang in den Ländern fest. Protokolle besonderer Reisen – und ihrer ersehnten Rückkehr.
„Wir haben viel Unterstützung erfahren“
Prof. Dr. Raija Kramer, Juniorprofessorin für Afrikanistik am Asien-Afrika-Institut
Gemeinsam mit meinem Team erforsche ich soziale Netzwerke und ihren Einfluss auf Sprachgebrauch und kommunikative Praktiken in Kamerun. In dem westafrikanischen Land werden rund 270 Sprachen gesprochen und es ist sehr interessant, wie die Menschen damit umgehen, wie sich sprachliche Innovationen verbreiten. Als wir am 2.März zu einer Forschungsreise nach Kamerun aufbrachen, war Corona zwar in Asien bereits ein Thema, aber noch nicht wirklich in Europa. Vor Ort haben wir uns dann im Internet über die Entwicklungen informiert: Mit der Zeit haben wir immer gebannter verfolgt, was da in Europa passiert. Mit der Dienstanweisung vom 13. März, dass alle Dienstreisen gestoppt sind, war für mich klar, dass wir unsere Sachen packen und zurück nach Deutschland fliegen. Wir waren zu dem Zeitpunkt in Ngaoundéré, einer Stadt ca. 800 Kilometer von der Hauptstadt Jaunde entfernt.
Soziale Proteste erschweren die Situation
Da ein Mitglied meiner Gruppe an Typhus erkrankt war, konnten wir uns erst am 16. März auf den Weg in die Hauptstadt machen – und dann haben sich die Ereignisse überschlagen. Es gab soziale Proteste in Ngaoundéré, weshalb wir uns den ganzen Tag in der Küche eines Gebäudes verbarrikadierten, das direkt am Brennpunkt der Ausschreitungen lag. Als wir in der nächsten Nacht mit dem Zug in die Hauptstadt Jaunde unterwegs waren, kontaktierte uns ein Bekannter telefonisch und teilte uns mit, dass die Grenzen dicht sind und die kommerziellen Flüge eingestellt wurden. Das ging von jetzt auf gleich und es gab kein Zeitfenster mehr, das wir hätten nutzen können.
In Jaunde haben wir ein Hotel aufgesucht, das die Botschaft als einzigen sicheren Ort empfohlen hatte. Wir haben aber insgesamt ganz viel Unterstützung von Kamerunerinnen und Kamerunern erfahren: Ein Freund hat uns am ersten Tag Essen ins Hotel gebracht und besorgte Kolleginnen und Kollegen aus dem Land haben uns angerufen und sich gekümmert.
Täglicher Kontakt mit der Universität
Wir standen im täglichen Kontakt mit dem Team des Universitätspräsidenten und dem Hamburger Senat, die unser Rückreise-Anliegen auf vielen Ebenen unterstützt haben. Zudem hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft geholfen. Wir haben hauptsächlich per Mail kommuniziert oder telefoniert. Am Anfang sah es für die Rückholaktionen nicht gut aus. Man hat uns eher auf eine monatelange Wartezeit in Kamerun eingestimmt, was unter den Bedingungen sehr hart gewesen wäre. Die gute Nachricht, dass nun doch Flüge gehen, kam am vergangenen Donnerstag, nach acht Tagen des Wartens, und kurz darauf haben wir erfahren, dass wir für einen Rückholflug berücksichtigt werden.
Ich bin erstmal sehr froh, wieder zu Hause bei meiner Familie zu sein. Mir ist aber bewusst, dass an weitere Feldforschungseinsätze erstmal nicht zu denken ist. Erstmal werde ich also in Deutschland bleiben. Für die zehn Tage, die wir im März in Kamerun im Feld arbeiten konnten, waren wir wirklich sehr produktiv, haben viel gesammelt und viel transkribiert. Mit dem Material werde ich jetzt arbeiten.
Die Exkursionsgruppe aus der Geografie wanderte in Nepal auf dem Manaslu-Track. Foto: UHH/Bobrowski
„Selbst in entlegenen Bergdörfern gab es Hygiene-Aushänge“
Dr. Maria Bobrowski, Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Arbeitsgruppe Biogeographie und Landschaftsökologie am Institut für Geografie
Der Himalaya ist das höchste Gebirge der Erde und umfasst eine Vielzahl faszinierender Lebensräume. Mein Forschungsschwerpunkt – sowohl während meiner Promotion als auch während meiner Tätigkeit als Mitarbeiterin in der Arbeitsgruppe Biogeographie und Landschaftsökologie von Prof. Dr. Udo Schickhoff – war und ist die Modellierung der alpinen Waldgrenze. Am 1. März sind wir mit 25 Studierenden zu einer Exkursion gestartet, um den Manaslu-Track zu laufen. Hier wollten wir die Beziehung von Mensch und Umwelt in den Hochgebirgslandschaften Nepals genauer kennenlernen. Auf der Route waren Geländevorträge geplant, die auf den Themen des Vorbereitungsseminars aufbauten.
Informationen nur, wenn das Solarpanel funktioniert
Bei der Ankunft in Kathmandu wurde meine Körpertemperatur mit einer Wärmebildkamera erfasst, bevor überhaupt das Visum in den Pass eingetragen wurde. Davon abgesehen gab es zu Anfang aber keine besonderen Hinweise. Im Laufe der Exkursion änderte sich das allerdings: Sogar in abgelegenen Bergdörfern gab es Papieraushänge mit Hygiene-Hinweisen gegen Corona. Und wenn man telefonierte, bekam man vor dem Freiton eine automatische Ansage. Laut der Übersetzung von unserem nepalesischen Guide waren es Hinweise, zum Schutz vor dem Virus Masken zu tragen und sich die Hände zu waschen.
Allerdings haben uns die Informationen im Laufe der Wanderung immer spärlicher erreicht. Je höher wir kamen, desto schlechter wurde der Empfang. So erhielten wir Updates nur alle paar Tage, wenn das Solarpanel auf der Hütte den Router mit Strom versorgen konnte. Um den 13. März wurden wir dann sowohl vom Präsidium als auch vom Fachbereich per Mail informiert, dass wir uns sofort mit der Universität in Verbindung setzen und schnellstmöglich zurückreisen sollten. Da waren wir aber tatsächlich schon auf dem Rückweg, denn es lag außergewöhnlich viel Schnee, sodass wir den Larkya La Pass nicht überqueren konnten.
Unklare Lage bei den Fluglinien
Fünf Studierende sind nach der Verschärfung der Situation auf eigene Kosten mit einem Helikopter direkt in die Hauptstadt geflogen, aber die Hauptgruppe hat zu Fuß und mit dem Bus mehrere Tage nach Kathmandu gebraucht. Dort wurde die Exkursion am 19. März offiziell beendet und ein Großteil der Exkursionstruppe konnte auch direkt ausreisen – allerdings mit dem letztmöglichen Flug. Für den Rest von uns war die Situation sehr unübersichtlich, denn es hieß in den Büros der Fluggesellschaften, dass noch mehrere Flüge gehen würden. Aus der Not heraus hatten die meisten Teilnehmenden am Ende drei Flüge parallel gebucht und bezahlt. Glücklicherweise konnten wir in der Woche des Wartens in dem Hotel bleiben, in dem wir die Exkursion auch begonnen hatten. Am 27. konnten wir dann mit dem Rückholprogramm des Auswärtigen Amtes ausreisen.
Wann die nächste Exkursion nach Nepal starten kann, müssen wir abwarten. Aber wenn die Corona-Situation es zulässt, würden wir die Exkursion auf jeden Fall wieder anbieten. Es ist eine für Geografinnen und Geografen unglaublich diverse und besonders faszinierende Landschaft. Und es ist ein einmaliges Erlebnis, umringt von 8000er-Gipfeln auf das Dach der Welt zu blicken.