CoronavirusWie berichten die Medien – idealerweise und in der Realität?
18. März 2020, von Christina Krätzig
Foto: UHH
Das neuartige Coronavirus beherrscht die Schlagzeilen. Dabei wird den Medien häufig vorgeworfen, zu viel, zu emotional und zu einseitig zu berichten. Die Kommunikationswissenschaftlerin Katharina Kleinen-von Königslöw hält die Berichterstattung in Deutschland insgesamt jedoch für angemessen.
„Der Informationsbedarf in der Bevölkerung ist riesig und entsprechend auch die Nachfrage nach Medienberichterstattung“, sagt die Professorin für Journalistik und Kommunikationswissenschaft Katharina Kleinen-von Königslöw. „Je stärker sich Medien allerdings an den Klicks auf ihren Webseiten orientieren, desto eher laufen sie Gefahr, in der Bevölkerung bestehende Ängste unnötig zu verstärken.“
Österreichischer Presserat gibt konkrete Empfehlungen
In Deutschland gibt es derzeit keine Leitlinien für die mediale Umsetzung des Themas, in Österreich jedoch hat der Presserat am 11. März 2020 eine Stellungnahme veröffentlicht und die österreichischen Medien zu einer verantwortungsvollen Handlungsweise aufgefordert. Der Rat betont, dass Medien faktenbezogen und sachlich berichten sollten und weder unbegründete Ängste noch Hoffnungen schüren dürften. Sie sollten deutlich machen, dass viele Fragen zu dem neuen Virus noch nicht endgültig geklärt seien – und die Privatsphäre von Erkrankten respektieren.
Ähnlich sieht es auch Katharina Kleinen-von Königslöw. „Eine angemessene Berichterstattung vermeidet unnötige Dramatisierungen, insbesondere auch bei der Bebilderung, etwa indem auf Bilder von Menschen mit Atemschutzmasken, von Hamsterkäufen und leeren Regalen verzichtet wird“, sagt die Professorin. Wünschenswert seien hingegen konkrete Handlungsempfehlungen und dass Medien die Aufmerksamkeit für das Thema nutzen, um auch auf Lösungen für grundsätzlichere Probleme etwa in der Gesundheitsversorgung und -prävention zu drängen.
Diskrepanzen bei Qualitätsmedien
Das Medienverhalten der Nutzerinnen und Nutzer selbst sieht Kleinen-von Königslöw zwiespältig: Einerseits gebe es einen hohen Bedarf an sachlicher Information, anderseits würden im Internet gerade reißerischere Texte häufiger angeklickt. „Bei anspruchsvollen Medien beobachten wir derzeit, dass sie ebenfalls mit einer Diskrepanz reagieren: Hinter eher dramatisierenden Überschriften verbergen sich häufig sachliche, gut recherchierte Texte.“
Insgesamt aber ist die Professorin mit der Berichterstattung in Deutschland zufrieden: „Gerade im internationalen Vergleich berichten die Medien bei uns angemessen über das Thema. Es zahlt sich aus, dass wir in Deutschland – noch – relativ viele Medien haben, die sich nicht allein über Klickraten finanzieren müssen, sondern dank Abonnentinnen und Abonnenten oder Rundfunkbeitrag über Ressourcen für gute und verantwortungsvolle Berichterstattung verfügen.“ Angesichts der diversen Falschinformationen, die aktuell in sozialen Netzwerken, insbesondere über WhatsApp und Facebook, von verunsicherten Bürgerinnen und Bürger geteilt würden, sei dies ein sehr wichtiges Gegengewicht.