Warum Australiens Waldbrände häufiger und verheerender werden
9. Januar 2020, von Christina Krätzig
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„Down under“ ist in den vergangenen Monaten eine Fläche verbrannt, die größer ist als Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Hamburg zusammen. Wer sie schnell aufforsten will, muss wieder besonders feuergefährdete Wälder pflanzen. Ein Dilemma, erklärt Michael Köhl, Professor für Weltforstwirtschaft an der Universität Hamburg.
Seit Oktober 2019 wüten in Australien schwere Buschfeuer. Jetzt haben die Brände ein besorgniserregendes Ausmaß erreicht. Die Bilder davon bestimmen die Nachrichten weltweit. 26 Menschen sind in den Flammen umgekommen. Dabei gehören Brände grundsätzlich zu vielen Wäldern Australiens dazu. „Das sind sogenannte Feuerökosysteme, die sich durch Brände regenerieren und erneuern“, sagt Michael Köhl, Forstwissenschaftler an der Universität Hamburg. „Viele Pflanzen haben sich an Feuer angepasst und brauchen sie sogar, um sich zu vermehren. Kiefern schützen sich beispielsweise durch dicke Rinde. Ihre Samen keimen auf dem nackten Boden, nachdem ein Feuer die Schicht abgefallener Nadeln vernichtet hat.“ Viele Eukalyptusarten können sich aus unterirdischen Pflanzenteilen komplett neu entwickeln.
Unterschiede zwischen Bodenfeuern und Kronenfeuern
Aber: Feuer, welche die Bäume ohne Weiteres überstehen, haben einen vollkommen anderen Charakter als die Waldbrände, die derzeit in Australien wüten. Sogenannte Bodenfeuer laufen schnell durch den Wald und verzehren lediglich die Laub- und Nadelspreu sowie Totholz. Die Aborigines legen solche Feuer sogar gezielt, um Unterholz zu reduzieren und die Gefahr von wirklich schlimmen Waldbränden einzudämmen. „Diese Praxis muss vor der eigentlichen Trockenzeit durchgeführt werden. Wegen der mehrjährigen Dürre war es 2019 jedoch vielerorts bereits so trocken, so dass Bodenfeuer nicht mehr gelegt werden konnten“, sagt Michael Köhl. Finden Feuer viel brennbare Masse auf dem Boden und ausgetrocknete Bäume, werden sie so groß, dass sie auch die Kronen der Bäume erfassen. Kronenfeuer zerstören den Wald komplett; davon können sich die Bäume nicht mehr erholen.
Wer aufforstet, entscheidet über die Risiken von morgen
So große Waldflächen, wie in Australien derzeit verbrennen, regenerieren sich nicht von allein. Wenn die Samen der Bäume vernichtet wurden, dauert es sehr lange, bis ein Wald nachwächst. Der Mensch muss also nachhelfen und junge Bäume pflanzen. „Vermutlich wird man sich wieder für Kiefern und Eukalyptus entscheiden“, befürchtet Michael Köhl. Diese Bäume wachsen schnell und haben einen wirtschaftlichen Wert – doch sie sind auch besonders feuergefährdet. „In Laubmischwälder zersetzen sich die abgeworfenen Blätter hingegen schneller. Demzufolge liegt weniger brennbares Material auf dem Boden. Deswegen sind Laubmischwälder weniger gefährdet, Feuer zu fangen“, erklärt Michael Köhl.
Einen stabilen Mischwald anzulegen, dauert jedoch deutlich länger als eine Plantage anzupflanzen. Denn in Mischwäldern kommen Licht- und Schattenbaumarten vor. Beim Aufforsten müssen die lichtliebenden Bäume zuerst angepflanzt werden. Erst wenn sie ausreichend groß sind, können die Schattenbaumarten folgen. Wer sich also für die Aufforstung eines Mischwaldes entscheidet, senkt zwar die Feuergefahr, benötigt aber mehr Zeit und Geld.
Der Klimawandel hat Australien erfasst – und wird dem Kontinent weiter zu schaffen machen
Klimawissenschaftler tun sich stets schwer, einzelne Ereignisse direkt auf den Klimawandel zurückzuführen, denn eine direkte Kausalitätskette lässt sich nicht herstellen. Doch in Australien sprechen die Fakten für sich: Dieses Jahr war das das wärmste und trockenste Jahr auf dem Kontinent seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Die landesweiten Durchschnittstemperaturen lagen 1,5 Grad Celsius über dem langjährigen Durchschnitt. Wetterlagen, die Waldbrände begünstigen – also heiße, trockene und windreiche Perioden – haben seit 1979 um 20 Prozent zugenommen. Strömungsmuster der umliegenden Ozeane verändern sich. „Warmes Meerwasser wird von den Küsten weggesaugt. Dadurch verändern sich auch die Niederschlagsmuster über dem Land. Der Kontinent wird trockener – und zukünftig noch heißer“, sagt Michael Köhl. Während die Welt um das 1,5 oder zwei Grad Ziel ringt, rechnen Klimaforscher für Australien mit einer Erwärmung um 5,1 Grad bis zum Jahr 2090. Der Kontinent der Extreme wird also noch extremer werden – und die Gefahr für verheerende Waldbrände weiter steigen.