9. Dezember 2019, von Christina Krätzig
Foto: Sebastian Engels
Der Chemiker Prof. Dr. Michael Fröba beschäftigt sich mit der Frage, wie die Energiewende gelingen kann.
Elektroauto oder PKW mit Wasserstoffantrieb, was ist die klimafreundlichere Alternative? Der Chemiker Prof. Dr. Michael Fröba erklärt die Vor- und Nachteile beider Technologien – und warum die Energiewende eine Revolution unserer Energiespeicher erfordert.
Der Wind weht, wann er will, und die Sonne scheint nur am Tag: Für Stromproduzenten ist das ein Problem. Sie können Strom nicht wie gewohnt in dem Moment erzeugen, in dem er gebraucht wird. Stattdessen müssen sie sich nach der Natur richten, günstige Momente nutzen und die Energie speichern. „Speicher in den erforderlichen Größenordnungen existieren jedoch bislang nicht“, erklärt Prof. Dr. Michael Fröba, der als Chemiker erforscht, wie die bisherigen Möglichkeiten verbessert werden können. Zudem vertritt er die Universität Hamburg in verschiedenen politischen Gremien, die die Energiewende in Norddeutschland vorantreiben sollen.
Fröba zählt Energiespeicher auf, an die man nicht so schnell denkt. Pumpspeicherwerke beispielsweise: Hochgelegene künstliche Seen, die mit Hilfe von vorhandenem Strom voll Wasser gepumpt werden. Fließt es wieder ab, treibt es Turbinen an. Thermische Speicher speichern hingegen Sonnenenergie; beispielsweise in Form von häusergroßen Wassertanks, welche Wärme monatelang halten können. Beide Technologien kommen in Deutschland bereits zum Einsatz, brauchen aber zu viel Fläche, um das Energiespeicherproblem zu lösen.
Mit einem Kilo Wasserstoff kann ein PKW hundert Kilometer weit fahren
„Batterien sind sehr effizient, aber für große Strommengen ungeeignet“, setzt Fröba die Liste fort. „Das sieht man schon an den Elektroautos: Ihre Ladekapazitäten und Reichweiten stoßen schnell an Grenzen.“ Ein weiter Nachteil seien die zum Teil schwer zu beschaffenden Rohstoffe.
Vielversprechender sei die Speicherung von Energie in chemischen Verbindungen, und zwar ganz besonders in Wasserstoff. „Ein sehr charmantes Element“, schwärmt der Chemiker. „Das erste im Periodensystem und das erste, das nach dem Urknall entstanden ist.“ Auf Grund seiner hohen Energiedichte reiche ein Kilogramm aus, um ein Auto 100 Kilometer weit fahren zu lassen. Ein Elektroauto brauche dafür eine 100 Kilogramm schwere Batterie.
Wasserstoff ist jedoch ein flüchtiges Gas, das auf der Erde in reiner Form nicht vorkommt. Es muss industriell hergestellt werden. Beispielsweise, in dem man Wassermoleküle mit Hilfe von Strom in Sauerstoff und Wasserstoff aufspaltet. „Wenn man dazu grünen Strom benutzt, hat man ihn sinnvoll gespeichert und keine Treibhausgase produziert“, sagt Fröba.
Es gibt nicht den einen Energiespeicher der Zukunft
Die chemischen Prozesse, bei denen Strom oder Wasserstoff gespeichert wird, finden an Oberflächen statt und sind umso effizienter, je größer die Oberflächen pro kg Material sind. Deswegen erforscht und entwickelt Prof. Fröba mit seinem Team u.a. nanoporöse Materialien, die aufgrund ihrer Löchrigkeit besonders große Oberflächen haben – wie Schwämme oder Schweizer Käse nur mit deutlich kleineren Löchern. Wird die Größe der Poren und die Eigenschaften des umliegenden Materials auf den jeweiligen Speicherprozess zugeschnitten, steigert dies Effektivität und Effizienz: in Batterien ebenso wie in Wasserstoffspeichern.
Da seine Forschung Wasserstoffspeicher ebenso wie Batterien verbessern kann, mag Fröba sich nicht an dem Streit darüber beteiligen, welche Technik die umweltfreundlichere sei. „Es hängt vom Einsatzzweck ab“, sagt er. „Wasserstoff ist besser geeignet, um schwere Fahrzeuge große Strecken weit zu bewegen. Wer hingegen mit dem PKW kurze Strecken fährt und nachts Zeit hat, die Batterien zu laden, für den sind Elektroautos die bessere Option.“ All das nütze jedoch nur, wenn der Wasserstoff ohne den Einsatz von fossilen Brennstoffen produziert werde und das E-Auto mit Ökostrom betankt werde, denn: „Wer aus Kohle produzierten Strom nutzt, tut nichts für die Umwelt und nichts für das Klima.“