Seltenes HimmelsphänomenWarten auf die Explosion eines Sterns
13. November 2024, von Pranjal Trivedi
Foto: NASA
Weltweit beobachten Astronominnen und Astronomen derzeit mit gespannter Aufmerksamkeit das Sternenbild Corona Borealis – die sogenannte nördliche Krone. Denn einer ihrer Sterne steht allen Anzeichen nach kurz vor einer spektakulären Explosion. Thomas Kupfer, Professor für galaktische Astronomie an der Universität Hamburg, erklärt das Himmelsphänomen, das mit bloßem Auge sichtbar sein wird.
Herr Kupfer, was geht im Sternenbild Corona Borealis derzeit vor sich?
In diesem Sternbild befindet sich ein eigentlich unscheinbarer Stern namens T CrB. Bei ihm handelt es sich genau genommen um einen Doppelstern, also um zwei Sterne, die durch ihre Schwerkraft aneinander gebunden sind. Einer dieser Sterne ist ein kleiner weißer Zwerg, während sein Begleiter ein riesiger roter Stern ist. Der rote Riese sondert Gas ab, das sich auf der Oberfläche des Weißen Zwergs ablagert. Dort verdichtet und erhitzt es sich – so lange, bis in der heißen äußeren Schicht des weißen Zwergs eine Kernfusion ausgelöst wird. Diese wird als plötzlicher Lichtausbruch für uns sichtbar. Astronominnen und Astronomen nennen dieses Phänomen seit alters her Nova, also neuer Stern. Heute wissen wir aber, dass es nur so aussieht, als sei ein gänzlich neuer Stern entstanden.
Ist die Kernfusion auf T CrB für uns auf der Erde gefährlich?
Nein. Bei der Explosion entstehen zwar Ultraviolett-, Röntgen- und Gammastrahlen. Aber da sich T CrB 2600 Lichtjahre von der Erde entfernt befindet, kann uns diese potentiell gefährliche Strahlung nicht erreichen.
Was ist für Sie als Astrophysiker interessant an der bevorstehenden Nova?
Mit meiner Forschungsgruppe am Exzellenzcluster „Quantum Universe“ an der Universität Hamburg untersuche ich speziell die Entwicklung von Doppelsternsystemen. In dem Exzellenzcluster dreht sich ja alles um grundlegende Fragestellungen rund um den Ursprung, die Geschichte und die Zusammensetzung des Universums.
Wir beobachten Systeme wie T CrB, um Parameter wie ihre Massen oder Massenzunahme zu messen und mehr über das Auftreten und die Eigenschaften von Doppelsternsystemen und die Explosionen von weißen Zwergen in unserer Milchstraße zu erfahren. Wir vermuten, dass bei Novaexplosionen extrem energiereiche Teilchen wie Gammastrahlenphotonen oder Neutrinos entstehen. Ihre Eigenschaften und ihre bisher nur theoretisch angenommenen, aber nicht messbaren Wechselwirkungen mit Teilchen der dunklen Materie sind für die Astrophysik ebenso interessant wie für die Teilchenphysik.
Woher wissen Sie, dass diese Nova kurz bevorsteht?
Die Nova von T CrB ist ein wiederkehrendes Phänomen. Es wurde bereits 1866 und 1946 beobachtet. Rein rechnerisch ist es also wieder so weit. Forschende haben bereits charakteristische Anzeichen wie die Verdunkelung des Sterns kurz vor der Eruption beobachtet – wobei niemand exakt vorhersagen kann, wann es soweit sein wird. Genau genommen ist es natürlich auch nicht ganz richtig, dass die Explosion unmittelbar bevorsteht. Da sich T CrB 2600 Lichtjahre von uns entfernt befindet, ist diese Explosion längst geschehen – wie vermutlich 30 weitere, deren Licht noch auf dem Weg zur Erde ist.
Werden auch Hobbyastronominnen und -astronomen das Phänomen beobachten können?
Ja. Wenn es so weit ist, wird die Nova für ein bis zwei Monate mit bloßem Auge sichtbar sein. T CrB wird dann etwa so hell wie der Polarstern erscheinen.
Wie erklären Sie sich die Faszination, die Himmelphänomene wie diese auf viele Menschen ausübt?
Wir empfangen nicht nur schwaches Licht von Sternen – unsere Körper sind aus Sternenstaub gemacht! Schwerere Elemente wie Kohlenstoff und Sauerstoff haben sich aus Wasserstoff und Helium in den Kernen von Sternen gebildet. Dies ist eine unserer menschlichen Verbindungen zu explodierenden Novae, zusammen mit vielen astronomischen Rätseln, die uns dazu bringen, diese Sterne zu studieren.