Digitale Weinverkostungen und Co.Wie entwickelt sich die Erlebnisökonomie?
15. Oktober 2024, von Christina Krätzig
Foto: Pixabay CC0
Erlebnisse sind weltweit zu einem Milliardengeschäft geworden. Auch in Deutschland investieren Konsumentinnen und Konsumenten heute mehr Geld in Reisen und andere Freizeitaktivitäten als sie für Güter ausgeben. Eine Studie der Universität Hamburg untersucht, wie sich die Branche entwickelt, insbesondere durch neue Verknüpfungen zwischen physischen Erlebnissen und digitalen Technologien.
Der Geschmack eines Rotweins, die Stimmung einer Menschengruppe oder die Temperatur in einer Sauna: Diese Eindrücke lassen sich digital nur schwer vermitteln. „Andererseits fragen Verbraucherinnen und Verbraucher insbesondere seit der Corona-Pandemie digitalisierte Erlebnisangebote immer stärker nach“, erklärt Jan Recker, Nucleus-Professor für Informationssysteme und Digitale Innovation an der Universität Hamburg. „Diese bieten andere Eindrücke als rein physische Erlebnisse und oft auch praktische und soziale Vorteile wie Bequemlichkeit, terminliche Flexibilität oder Sicherheit.“
Gemeinsam mit seinem Team hat Recker deshalb die Angebote von sieben deutschen Veranstaltern untersucht. Sie bieten sowohl physische als auch digitalisierte Erlebnisse an, die einen emotionalen und einen sensorischen Wert haben: von Malworkshops über Kochkurse oder Stadtführungen bis hin zu Yogastunden. Werden Teile dieser Erlebnisse digital präsentiert, bewerten die Teilnehmenden den Wert umso höher, je stärker verschiedene Sinne angesprochen werden – diese Erfahrung haben die Anbieter in den vergangenen Jahren gesammelt.
Physisch-digitale Angebote ziehen neue Kundengruppen an
Infolgedessen suchen Veranstalter nun innovative Wege, um ihre Produkte zu verändern und physische und digitale Komponenten neu zu kombinieren. „Dafür müssen sie allerdings genau wissen, welche Komponenten den Kern einer Erfahrung bilden, welche sinnvoll und sensorisch zweckmäßig digitalisiert werden können und welche weiterhin in physischer Form angeboten werden sollten“, erklärt Recker. Ein Beispiel sei das Versenden von Schlüssel-Komponenten zu den Teilnehmenden nach Hause. Für eine digitale Verkostung erhalten sie beispielsweise Schokoladenproben oder Gin-Miniaturen, um eine reichhaltige sensorische Stimulation während der Veranstaltung zu gewährleisten.
„Durch die Schaffung physisch-digitaler Angebote mit unterschiedlichen Architekturen und der strategischen Orchestrierung von sowohl klassischen physischen als auch digitalen Angeboten haben alle von uns untersuchten Unternehmen ihre Wertschöpfung verbessert“, fasst Recker die Ergebnisse der Studie zusammen. „Sie haben neue Marktsegmente erschlossen und bedienen nun beispielsweise auch Geschäftskunden neben den Privatkunden.“ Zudem haben sie festgestellt, dass sich physische und digitalisierte Angebote nicht kannibalisieren. Beide bedienen verschiedene Erlebnisansprüche – vielerorts buchen Kunden sowohl die klassische Erfahrung vor Ort als auch das digitalisierte Erlebnis zuhause.