Ausstellung in der StabiLeopold Jessner: Der unbekannte Nachlass eines Theaterregiestars

18. September 2024, von Newsroom-Redaktion

Foto: Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg

Leopold Jessner war ein prägender Theaterregisseur der Weimarer Republik. Vom 25. September bis zum 27. Oktober 2024 zeigt die Ausstellung „Die Temperamente des Theaters“ des Exzellenzclusters „Understanding Written Artefacts“ der Universität Hamburg die Bühnenbücher aus seiner Zeit am Hamburger Thalia Theater in der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg.

Mit seiner abstrakten Gestaltung des Bühnenraums und seinen Eingriffen in die literarischen Vorlagen ist Jessner (1878–1945) ein maßgeblicher Vorreiter des heutigen Regietheaters. 1933 zur Emigration gezwungen, gingen die meisten künstlerischen Zeugnisse seines Schaffens als Intendant des Preußischen Staatstheaters im Exil verloren. Umso wertvoller sind die in der Hamburger Theatersammlung aufbewahrten Schriftartefakte aus seiner Zeit als junger Regisseur und Spielleiter am hiesigen Thalia Theater von 1904 bis 1915. Trotz ihrer Bedeutung sind sie bisher fast völlig unbeachtet geblieben. 

Das Exzellenzcluster „Understanding Written Artefacts“ der Universität Hamburg und die Staats- und Universitätsbibliothek zeigen in Kooperation mit dem Thalia Theater diese Dokumente jetzt erstmals dem Hamburger Publikum. Zu sehen sind Regie-, Inspizier-, Soufflier- und Rollenbücher aus Jessner-Produktionen im Kontext des zeitgenössischen Arbeitsalltags am Theater. Diese Bühnenbücher bieten nicht nur einen faszinierenden Einblick in die Prozesse hinter den Kulissen, sondern eröffnen auch neue Perspektiven auf das Repertoire der Zeit und die Entstehung der Regie als eigenständiger künstlerischer Position. Zudem sind Theaterzettel und Postkarten aus dem Thalia Theater zu sehen, auch die Baugeschichte des Theaters findet Beachtung.

„Das Thalia Theater ist Anfang des 20. Jahrhunderts ein Lustspielhaus, in dem Premieren wie am Fließband produziert werden und die Regie sich aufs Arrangieren beschränkt. Die heute oft vergessenen Dramen verhandeln – und verlachen – nicht zuletzt drängende Fragen der Zeit wie die Emanzipation von Frauen“, sagt Martin Jörg Schäfer, Professor für Neuere Deutsche Literatur und Theaterforschung an der Universität Hamburg, der die Ausstellung gemeinsam mit Anna Sophie Felser kuratiert hat. „Erst Jessner hat langsam die Dramen der literarischen Moderne in den Spielplan eingepflegt. Seine Bühnenbücher bezeugen die Entwicklung eines eigenen Stils, der sich vom gängigen Abbildrealismus wegbewegt. Vor allem aber zeigen sie, wie die später als individueller Schöpfer gefeierte Figur des Regisseurs auf die genau getaktete Kooperation zahlreicher Instanzen angewiesen ist.“