Internationales studentisches ForschungsprojektAus der Vergangenheit für die Zukunft lernen
5. August 2024, von Lennart Wichmann
Foto: privat
Das Projekt „Culture of Remembrance – Our history, our culture.“ schlägt eine Brücke zwischen der Universität Hamburg und der University of Winneba in Ghana. Sechs Studierende betrachten dafür die Ahrensburger Familie Schimmelmann und ihre Beteiligung am Sklavenhandel. Das Forschungsprojekt wird im Rahmen der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder gefördert.
Wie kann man an einem konkreten historischen Beispiel einen Beitrag zu einer inklusiven Erinnerungskultur leisten? Dieser Herausforderung stellten sich im aktuellen Sommersemester sechs Studierende – drei von der University of Winneba in Ghana (UEW) und drei von der Universität Hamburg.
Die Hamburger Studierenden wurden durch eine ehrenamtliche Gruppe auf das Thema ihrer Forschung aufmerksam: Die engagierten Bürgerinnen und Bürger setzen sich schon lange für einen Lern- und Gedenkort im Ahrensburger Schloss ein. Dies gehörte bis zu seinem Tod 1782 dem Sklavenhändler Heinrich Carl von Schimmelmann. Das fehlende Geschichtsbewusstsein und eine nicht vorhandene gemeinsame Erinnerungskultur an diese Zeit führte zur Projektidee „Culture of Remembrance – Our history, our culture.“
Internationale Kooperation
Schimmelmann hatte enge Beziehungen zum damaligen König von Norwegen und Dänemark Christian VII., der auf dem Gebiet des heutigen Ghana mit Sklaven handelte. Mit der dortigen UEW kooperiert die Fakultät für Erziehungswissenschaft in verschiedenen Austauschprojekten. „Wir studieren alle auf Lehramt. Isabel Vonessen Wilson und ich haben im Rahmen dieser Formate unter anderem Praktika an Schulen in Ghana gemacht und konnten erste Kontakte zu Studierenden und auch zur dortigen Fakultät knüpfen“, erzählt Felix Hansen. Gemeinsam mit Isabel Vonessen Wilson und Svea Gaebler bildet er den Hamburger Teil der Gruppe. Schnell fanden sich drei ghanaische Studierende, die ebenfalls am Forschungsprojekt mitarbeiten.
Das Team trifft sich seither jeden Montag online zu Gruppengesprächen, um die eigene Arbeit zu reflektieren und Fortschritte zu diskutieren. Gemeinsam und im Austausch mit verschiedenen Akteurinnen und Akteuren aus der Erinnerungspraxis suchen sie nach Spuren der Schimmelmanns in Hamburg, Ahrensburg und in Ghana. Zudem entwickeln sie Ideen für Erinnerungsorte und -konzepte.
Regelmäßig werden auch die Projektmentorin Prof. Dr. Telse Iwers von der UHH sowie die Supervisierenden Prof. Dr. Anitha Oforiwah Adu-Boahen und Prof. Dr. Dandy Dampson von der UEW dazugeschaltet. Am Ende soll ein Booklet präsentiert werden, das als „Beitrag zum aktuellen Diskurs in Richtung des Postkolonialismus und dessen Herstellung“ verstanden werden darf, sagt Svea Gaebler. Darin finden sich die Perspektiven einzelner, um ein „möglichst breites Spektrum an Meinungen, Sichtweisen und historischen Fakten“ zur Geschichte wiedergeben zu können. Als Leitbild ihrer wissenschaftlichen Arbeit dient ihnen dabei „Sankofa“, ein westafrikanisches Symbol für „Lernen aus der Vergangenheit für eine bessere Zukunft“.
Direkter Bezug in die Praxis
Die Projektgruppe legt – neben der interkulturellen und internationalen Zusammenarbeit zwischen den beiden Universitäten – Wert darauf, mithilfe des pädagogischen Konzepts „Service Learning“ ein gesellschaftlich relevantes Thema zu erforschen, in dem die unterschiedlichen Disziplinen und Hintergründe der Studierenden Platz finden. Bei diesem Ansatz – im Deutschen „Lernen durch Engagement“ – geht es darum, nicht nur mit vorgegebenem theoretischem Material zu lernen, sondern das Wissen in der Praxis direkt anzuwenden und in Kooperation mit konkreten Projekten zum Gemeinwohl beizutragen. Es ist aber auch eine Methode, um die eigenen Fähigkeiten auszubauen und ein reflexives Denken zu fördern, was sich wiederum positiv auf die eigene Identität auswirkt. Gleichzeitig, so Gaebler, sei es das Lernen und der „Austausch mit anderen Menschen über ethische und moralische Vorstellungen“, das die Arbeit im Team so interessant mache.
Neue studentische Forschungsgruppen gesucht!
Studierende, die Lust haben, ebenfalls ein Forschungsprojekt eigenständig umzusetzen, können Ihre Ideen noch bis zum 15. August in der aktuellen Ausschreibungsrunde einreichen. Zukünftigen Bewerberinnen und Bewerbern der Projektförderung rät Svea Gaebler: „Brennt für euer Projekt und habt Mut und auch Freude daran, wissenschaftlich zu arbeiten.“ Zudem sei es wichtig, einen Mentor oder eine Mentorin für die Betreuung der Forschungsgruppe zu finden, der oder die sich ebenfalls für das Forschungsgebiet begeistert.
Mehr Informationen zum Förderprogramm
Mit dem Förderprogramm „Studentische Forschungsgruppen“ ermöglicht die Exzellenzuniversität Hamburg Studierenden die selbstverantwortliche Arbeit an einem wissenschaftlichen Projekt. Das Programm wird zweimal jährlich ausgeschrieben, das maximale Fördervolumen für ein Einzelprojekt beträgt 10.000 Euro. Alle Informationen gibt es auf der Förderungsseite.