Kinderkonzert in St. NikolaiWie viel Physik steckt in der Musik?
26. März 2024, von Christina Krätzig
Foto: Pixabay CC0
Am 6. April 2024 lädt Physikprofessor Wolfgang Hillert vom Exzellenzcluster „Quantum Universe“ an der Universität Hamburg acht- bis zwölfjährige Kinder in die Hamburger Hauptkirche St. Nikolai ein, gemeinsam mit der Kantorin Anne Michael. Dort können die Kinder mithilfe kleiner Experimenten und Orgelmusik die physikalischen Grundlagen der Musik kennenlernen.
Herr Hillert, Sie haben als junger Mensch eine Ausbildung zum Kirchenmusiker gemacht und sind heute Professor für Experimentalphysik. Wie passen diese beiden Leidenschaften zusammen?
Musik ist eine ideale Ergänzung zur Physik. Mich fasziniert stets aufs Neue, wie viel Physik in jedem Ton und in der gesamten Musik steckt. Denn wie jedes Geräusch ist ein Ton ja zunächst einmal nur Luft in schneller, periodischer Bewegung. Die Schönheit von Tönen und Musik entsteht jedoch nur dann, wenn gewisse Regeln befolgt werden, die sich auf eindrucksvolle Weise physikalisch erklären lassen.
So gesehen ist jeder Ton ein physikalisches Ereignis. Wie aber unterscheidet sich ein Geräusch von einem Ton?
Einem Ton können wir eine Tonhöhe zuordnen, einem Geräusch nicht. Ein Geräusch ist ein uneinheitliches, unregelmäßiges Gemisch verschiedener Schwingungen. Dagegen dominiert in einem Ton eine bestimmte Frequenz: eine bestimmte Anzahl von Schwingungen in einer bestimmten Zeitspanne also.
Was viele aber nicht wissen und was wir während des Kinderkonzerts in der St. Nikolai Kirche mit Hilfe der Orgel demonstrieren wollen: Ein Instrument erzeugt niemals nur eine einzige, perfekt sinusförmige Schwingung. Und das ist auch gut so, denn die Art und Weise der Mischung vieler gleichzeitig entstehender Schwingungen lässt uns erkennen, ob ein Ton zum Beispiel von einer Blockflöte oder von einer Orgel erzeugt worden ist.
Warum ist eine Orgel so gut geeignet, um dieses Prinzip zu veranschaulichen?
Alle Instrumente erzeugen ein unverwechselbares, sie charakterisierendes Gemisch von Schwingungen. Auf einer Orgel kann die Organistin oder der Organist das Gemisch in weiten Bereichen selber zusammenstellen, je nach dem Klang, den sie oder er erzeugen möchte. Das geht nur bei wenigen Instrumenten. Prinzipiell kann eine Orgel nur rund 60 verschiedene Töne hervorbringen, hat aber oft zwanzig- bis hundertmal so viele Orgelpfeifen. Die Kombination gleichzeitig klingender, verschiedener Orgelpfeifen, um beispielsweise ein C oder Cis zu spielen, erzeugt ganz verschiedene Klänge.
Passen alle Orgelpfeifen oder alle Töne gleich gut zusammen?
Nein, Menschen empfinden beispielsweise die Kombination sehr nah zusammenliegender Töne als unschön und ganz bestimmte Intervalle wie beispielsweise eine Quarte oder eine Quinte als wohlklingend. Tatsächlich liegen wohlklingende Kombinationen physikalische Regeln zu Grunde. Zwei Töne klingen beispielsweise dann gut zusammen, wenn alle in einem Ton enthaltenen Schwingungen weit genug von denen des anderen Tons entfernt sind.
Das klingt, als ließe sich schöne Musik quasi berechnen.
Das ist tatsächlich der Fall. Ein Freund von mir hat schon in den 80er-Jahren seinen damals noch sehr einfachen Computer mit den Gesetzmäßigkeiten bestimmter Musikstile gefüttert, und der PC hat daraufhin ziemlich annehmbare Musikstücke komponiert. Die heutigen Möglichkeiten der Künstlicher Intelligenz wird die Musikbranche vermutlich revolutionieren.
Veranstaltungshinweis Abenteuer:Klang
Kinderkonzert am 6. April 2024 um 16 Uhr in der Hauptkirche St. Nikolai am Klosterstern, Harvestehuder Weg 118.
Singen, Experimente und Orgelmusik für acht- bis zwölfjährige Kinder. Für die Eltern gibt es unterdessen ein Eltern-Café im Baptisterium.
Der Eintritt kostet acht Euro, Karten gibt es auf der Website von St. Nikolai oder an der Abendkasse.
Der Gottesdienst für Kinder und Erwachsene am nächsten Morgen um 10 Uhr baut auf dem Inhalt des Kinderkonzertes auf.