Neue Kohorte im ExStra-Förderprogramm „Postdoctoral Fellowships”Wie erleben Beteiligte politische Konflikte im digitalen Raum?
16. Januar 2024, von Christina Krätzig
Foto: UHH/Esfandiari
Promovierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu unterstützen, die in den Potenzialbereichen der Universität Hamburg forschen – das ist das Ziel des Förderprogramms „Postdoctoral Fellowships“. Einer der vier neuen Fellows ist Dr. Niclas Rautenberg. Sein Forschungsvorhaben steht in der Denktradition der „Phänomenologie“.
Herr Rautenberg, Sie werden drei Jahre lang gefördert. Welche Frage wollen Sie in dieser Zeit bearbeiten?
Ich möchte wissen, welche Erfahrungen wir machen, wenn wir auf digitalen Plattformen wie Facebook und X oder in einem Zoomcall beziehungsweise Teams-Gespräch über Politik streiten. Wie unterscheiden sich diese Auseinandersetzungen von analogen Gesprächen am Esstisch oder Konferenzraum? Und wie unterscheiden sich diese Plattformen voneinander? Das sind meine zentralen Fragen.
Dies wäre auch eine Forschungsfrage für die Soziologie oder Friedensforschung. Warum finden Sie es wichtig, diese Themen aus der Sicht eines Philosophen zu beleuchten?
Konkretes Konfliktgeschehen war in der Vergangenheit nur selten ein Thema der Philosophie. Philosophinnen und Philosophen fragen klassischerweise eher nach der Bedeutung von Gerechtigkeit oder danach, wie das Gute aussehen sollte – ein guter Frieden beispielsweise. Oft fragen sie aber nicht, wie man diesen erreichen kann. In unserer heutigen, konflikthaften Welt halte ich dies aber für wichtig – und ich glaube, dass eine philosophische Herangehensweise neue Impulse geben kann.
Dabei gehe ich von gegebenen Erscheinungen aus, also von sogenannten Phänomenen. Die Denkschule der Phänomenologie wurde Anfang des 20. Jahrhunderts von Edmund Husserl begründet. Er begann damals zu fragen, was zusammenkommen muss, damit Menschen die Erfahrungen, die sie machen, überhaupt machen können. Zeitlichkeit, Räumlichkeit, Leiblichkeit – all diese Faktoren spielen dabei eine Rolle, und diese Rollen will ich auf ihre Bedeutung für unser Konflikterleben untersuchen.
Wie werden Sie vorgehen?
Nach Sichtung des vorhandenen Forschungsstandes werde ich vor allem Interviews mit politischen Akteurinnen und Akteuren führen. Sie werden über ihre Erfahrungen in digitalen wie auch in analogen Räumen berichten. Meine Aufgabe wird es sein, nach Übereinstimmungen und Unterschieden zu suchen und so die den individuellen Erlebnissen zugrundeliegenden Muster zu enthüllen.
Wie alle Geförderten erhalten Sie ein Sachmittelbudget: 20.000 Euro pro Jahr, über einen Zeitraum von drei Jahren. Was haben Sie mit dem Geld vor?
Ich möchte auf Open-Access-Plattformen publizieren, was relativ teuer ist. Zudem plane ich, Konferenzen und andere Forschungseinrichtungen zu besuchen, die zu verwandten Fragestellungen arbeiten. Um ein produktives Netzwerk zu schaffen, möchte ich auch selbst zu Workshops oder Konferenzen einladen. Die Förderung aus den Exzellenzmitteln ermöglicht es mir, eins nach dem anderen anzugehen.
Die Postdoctoral Fellowships an der Exzellenzuniversität Hamburg
Die Exzellenzuniversität fördert besonders qualifizierte Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler aus dem In- und Ausland mit ihren jährlich vergebenen Postdoctoral Fellowships. In diesem Programm übernehmen die Geförderten die eigenverantwortliche Leitung eines Forschungsprojektes. Voraussetzung für eine Förderung ist die Anbindung des Projekts an einen der Potenzialbereiche der Universität Hamburg. Die Förderung wird aus Mitteln der Exzellenzstrategie von Bund und Ländern finanziert.
Achtung: Die Bewerbungsfrist für die nächste Förderrunde endet am 18. Februar 2024.