Postdoctoral Fellowship für Rechtswissenschaftlerin„Internationale Meeresschutzbestimmungen können knifflig sein“
21. Oktober 2021, von Christina Krätzig
Foto: privat
Zum zweiten Mal hat die Exzellenzuniversität Hamburg vier Fellowships an herausragenden akademischen Nachwuchs vergeben, darunter die Rechtswissenschaftlerin Dr. Ekaterina Antsygina. Sie erforscht Fallstricke beim Schutz von Kaltwasserkorallen und anderen sesshaften Arten am Meeresboden.
Wer darf im Meeresboden verborgene Rohstoffe abbauen? Wem gehören Fische, Muscheln oder Korallen? Und wer entscheidet, ob in einem bestimmten Gebiet gefischt oder eine Schutzzone für Tiere und Pflanzen eingerichtet wird? „Die letztgenannte Frage ist nicht für alle Meeresgebiete eindeutig geklärt“, erklärt die Juristin Dr. Ekaterina Antsygina: „Jeder Küstenstaat kann in der sogenannten 200-Seemeilen-Zone vor seiner Küste frei über alle Ressourcen verfügen, sie ausbeuten oder erhalten. Dahinter aber wird es schwierig, und zwar ganz besonders für sesshafte Organismen wie Korallen oder Schwämme.“
Generell sind die Rechte und Pflichten von Küstenstaaten durch ein komplexes Netz von internationalen Abkommen geregelt. Jenseits der 200-Seemeilen-Zone gehören die Gewässer zur Hohen See, wo alle Nationen Schifffahrts- und Fischereifreiheit genießen. Allerdings können Küstenstaaten Rechte in diesem Gebiet geltend machen, wenn es sich einen sogenannten Festlandsockel handelt; wenn also ihre Landmasse hier in das Meer hineinragt.
In diesem Fall erhält das Land das ausschließliche Recht zur Erforschung und Nutzung der lebenden und nicht lebenden Ressourcen des Festlandssockels. Das bedeutet: Es darf die Bodenschätze ausbeuten, nicht aber die Fischbestände, denn die Fische leben nicht auf dem Meeresboden, sondern sie schwimmen in den internationalen Gewässern.
Rechtlich unsicher ist die Situation für die sesshaften Arten, die unbeweglich auf oder unter dem Meeresboden leben oder sich nur langsam und mit dem Boden bewegen können, wie beispielsweise Schwämme. Diese Organismen sind für das Funktionieren des Ökosystems extrem wichtig, können jedoch schnell zerstört werden, beispielsweise durch Schleppnetze. Im internationalen Recht ist nicht geklärt, ob ein Küstenstaat jenseits von 200 Seemeilen Schutzvorschriften zu ihrer Erhaltung erlassen kann.
Ein Blick auf das Gewohnheitsrecht hilft Jursitinnen und Juristen in vertrackten Situationen
Nun ermöglicht eine Förderung der Exzellenzuniversität Hamburg Dr. Antsygina, diese rechtliche Lücke in den internationalen Regelungen drei Jahre lang auszuloten. Ihr Ziel ist es, in dieser Zeit Empfehlungen für Küstenstaaten zu erarbeiten, wie mit der unsicheren Situation umzugehen ist. Dafür will sie untersuchen, wie acht Fischereinationen die Situation traditionell handhaben: Der Blick auf das sogenannte Gewohnheitsrecht ist für Juristinnen und Juristen ein übliches Verfahren, wenn vertragliche Bestimmungen unklar ist. Ihr Heimatland Russland, Länder wie Kanada und die USA, in denen sie gelebt und geforscht hat, und Japan, Norwegen und Portugal gehören zu den Staaten, die sie untersuchen will.
Unterstützung findet sie dabei an der Fakultät für Rechtswissenschaft an der Universität Hamburg. Seerecht und internationales Recht sind zwei Schwerpunkte der Fakultät, zudem gehört das Recht in seinen globalen Kontexten zu den Potenzialbereichen der Universität und damit zu einem Bereich, der sich zu einem Forschungsschwerpunkt der Universität und idealerweise sogar zu einem künftigen Exzellenzcluster entwickeln soll.
Förderprogramm „Postdoctoral Fellowships”
Mit dem neu geschaffenen Förderprogramm Postdoctoral Fellowships unterstützt die Universität herausragende promovierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem In- und Ausland dabei, sich auf den nächsten Karriereschritt vorzubereiten. Das kann die Leitung einer Nachwuchsgruppe sein oder auch die Berufung auf eine Juniorprofessur. Die Geförderten erhalten ein hohes Sachmittelbudget: 20.000 Euro pro Jahr über einen Zeitraum von drei Jahren. Die Mittel stammen aus der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder.