Verkehrswende, Biokraftstoffe und die Rettung historischer DokumenteNeue Förderrunde für studentische Forschungsgruppen gestartet
29. Juni 2021, von Christina Krätzig
Foto: iGEM Hamburg
Die Universität Hamburg fördert zum zweiten Mal studentische Forschungsprojekte im Rahmen der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder. Ab sofort werden neun Projekte ein Jahr lang unterstützt. Dafür stehen knapp 60.000 Euro zur Verfügung. Wir stellen drei Forschungsvorhaben vor.
Die Formierung der Musikwissenschaft im 19. Jahrhundert
In Hamburg-Bergedorf liegt ein bislang ungehobener Schatz für die Musikwissenschaft: der Nachlass des 1826 geborenen Friedrich Chrysander. Er betrieb dort eine Notendruckerei, gab musikwissenschaftliche Zeitschriften heraus und verlegte unter anderem die Werke Georg Friedrich Händels. Aus dem musikalischen Leben und den musikwissenschaftlichen Debatten des 19. Jahrhunderts war er nicht wegzudenken. Zu seinem Nachlass gehören Musikalienabschriften und etwa 400 Briefe, beispielsweise des Hamburger Komponisten Johannes Brahms. Johannes Schröder und Johanna Backhaus vom Institut für Historische Musikwissenschaft an der Universität Hamburg wollen die in Familienbesitz befindlichen Dokumente im Laufe ihres Forschungsprojektes digitalisieren und für ihre sachgemäße Lagerung sorgen. In einem zweiten Arbeitsschritt werden sie das handgeschriebene Material erschließen und in einer dritten Projektphase einen Workshop für Studierende organisieren, zu dem auch auswärtige Forschende eingeladen werden.
Der Kampf um neue Verkehrskonzepte und die Zukunft der Mobilität
Vor dem Hintergrund der weltweiten Klimakrise und angesichts von jährlich rund 3000 Verkehrstoten in Deutschland wird die zentrale Stellung des Autos im Verkehrssektor zunehmend kritisch gesehen. Die Forderungen nach einer Mobilitätswende werden lauter, und vielerorts werden alternative Mobilitätskonzepte erprobt. Doch deren Umsetzung ist häufig zäh und konfliktgeladen. Warum das so ist, wollen die Soziologie-Studentinnen Eva Gaßen und Corinna Endreß untersuchen. Sie werden die etwa zehn Hamburger Initiativen kategorisieren und vergleichen, darunter beispielsweise „Ottensen macht Platz”. Wer engagiert sich dort und warum? Welche Konflikte entstehen und welche Akteurinnen und Akteure sind an ihnen beteiligt? Und führen diese Konflikte letztlich in Richtung einer umweltverträglicheren Mobilität oder zu einer Verhärtung der Fronten? Diesen Fragen gehen die Nachwuchsforschenden unter anderem mit leitfadengestützten, digital geführten Interviews nach.
Biokraftstoffproduktion durch Bakterien
Bei der Umstellung der Wirtschaft auf regenerative Energieformen spielen Biokraftstoffe eine wichtige Rolle. Doch der Anbau von Energiepflanzen wie beispielsweise Raps oder Mais braucht Platz; Platz, der auch für den Anbau von Nahrungs- und Futtermittelpflanzen benötigt wird.
20 Studierende aus verschiedenen Studiengängen der MIN-Fakultät wollen deswegen neue Formen der Biokraftstoffgewinnung erforschen. Sie wollen mit Cyanobakterien experimentieren. Diese Bakterien kommen in Gewässern vor, nehmen CO2 aus der Luft auf und bauen dabei Biomasse auf, die sich in Biokraftstoff umwandeln lässt. Bisher ist die Ausbeute dabei jedoch gering. Die Studierenden experimentieren deswegen im Labor mit dem Einfügen von Enzymen, die bisher nicht in Cyanobakterien vorkommen. Ihr Ziel besteht darin, die Bakterien zur Produktion hochwertigerer, sprich: energiehaltigerer Biomasse anzuregen.
Darüber hinaus wollen die Studierenden kreative Techniken entwickeln, die biotechnologisch arbeitende Teams zur Ideenentwicklung nutzen können – und neue Wege in der Öffentlichkeitsarbeit gehen. Mit ihrem Projekt nehmen sie 2021 am größten Forschungswettbewerb im Bereich der synthetischen Biologie für Studierende teil, dem International Genetically Engineered Machine Wettbewerb (iGEM).