Neue Förderungen durch den Ideen- und RisikofondsGlobale Herausforderungen, lokale Forschungsansätze
20. April 2021, von Christina Krätzig
Foto: UHH/privat/privat
17 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Exzellenzuniversität Hamburg erhalten ab April 2021 Gelder aus dem Ideen- und Risikofonds. Die Forschenden bereiten damit größere Drittmittelprojekte vor, die in eine Profilinitiative oder einen Potenzialbereich der Universität passen. Insgesamt stellt die Universität rund 440.000 Euro zur Verfügung. Wir stellen zwei Projekte vor.
Prof. Dr. Ingrid Schröder: Wie kann man Friesisch und Plattdeutsch retten?
1992 hat die Europäische Union in ihrer Charta der Regional- oder Minderheitensprachen ein umfangreiches Programm beschlossen. Das Ziel: Sprachen schützen, die in Europa nur noch von wenigen Menschen gesprochen werden. In Norddeutschland betrifft dies das Friesische und auch das Platt- oder Niederdeutsche. „Trotzdem ist die Situation dramatisch, die Zahl der Sprecherinnen und Sprecher nimmt kontinuierlich ab“, sagt die Sprachwissenschaftlerin Prof. Dr. Ingrid Schröder. In ihrem neuen Forschungsprojekt möchte sie herausfinden, wie verschiedene Generationen diese Sprachen bewerten, was sie mit ihnen verbinden und ob, mit wem und zu welchen Anlässen sie sie sprechen. Dabei spielt auch eine Rolle, dass Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Hamburg die Charta allesamt unterschrieben haben und einiges tun, um die Regionalsprachen in Norddeutschland am Leben zu erhalten. Sie fördern beispielsweise Kultureinrichtungen oder bieten Sprachunterricht an Schulen als Wahlpflichtfach an. „Wir wollen nun überprüfen, welche der Maßnahmen Erfolg versprechen“, sagt Schröder. „Letztlich wollen wir wissen: Was kann junge Leute überzeugen, diese Sprachen zu lernen, wenn ringsherum alle Hochdeutsch sprechen? Kann es noch zu einer Trendwende kommen – oder gehen Plattdeutsch und Friesisch in absehbarer Zeit verloren?“
Die Wissenschaftlerin wird mit 24.930 Euro gefördert. Sie wird das Geld vor allem verwenden, um im Rahmen eines Pretests Interviews mit Friesisch oder Plattdeutsch sprechenden jungen Leuten und Seniorinnen und Senioren zu führen. Ihr Projekt ist im Bereich der universitären Profilinitiative „Sprachliche Diversität“ angesiedelt und dient der Vorbereitung eines größeren Projekts bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG).
Dr. Katrin Singer: Wie kann ein vorrangig rationaler Zugang zu Natur um kreativ-künstlerische Perspektiven erweitert werden?
Die Humangeografin Katrin Singer fragt in ihrem Forschungsprojekt nach lokalem und marginalisiertem Wissen und der Form, in der es weitergegeben wird. Ihr Projekt dockt an Artists-in-Residence-Projekte von Cornelia Funke an. Die UHH-Alumna und Kinderbuchautorin lädt dabei jährlich Künstlerinnen und Künstler nach Deutschland und Italien ein, damit sie ihren kreativen Ausdruck in Bezug zur Natur vertiefen können. Singer möchte die Geförderten mit der Bevölkerung vor Ort zusammenbringen, um herauszufinden, wie sich Kunst, Wissenschaft, Natur und lokale Erzählungen miteinander verbinden lassen. Ziel ist es, neue Perspektiven für komplexe Herausforderungen wie beispielsweise die Klimakrise oder den Verlust von Biodiversität zu entwickeln. „Das sind globale Probleme, die die Wissenschaft auf allen Maßstabsebenen vor herausfordernde Probleme stellt“, sagt sie. „Nur, wenn die Formen des bisherigen Erkenntnisgewinns erweitert und mit traditionellen wissenschaftlichen Methoden als gleichberechtigt anerkannt werden, können lokal verortete Wegweiser entstehen, die global inspirierend sind.“
Die Wurzel der genannten Probleme liegt für sie in dem in Europa vorherrschenden rationalen und nutzungsorientierten Blick auf die Natur. „Ich frage nach der Art und Weise, wie wir die Natur und die Welt wahrnehmen und verstehen – und danach, ob und wie sich diese Wahrnehmung verändern lässt.“
Die Wissenschaftlerin wird mit 49.880 Euro gefördert. Sie wird das Geld verwenden, um Workshops zu organisieren, ihre Ergebnisse frei zugänglich zu publizieren und eine Mitarbeiterin zu bezahlen. Ihr Projekt dient der Vorbereitung einer größeren Nachwuchsförderung, beispielsweise im Rahmen des Emmy Noether-Programms der DFG. Es ist im Bereich der universitären Profilinitiative „Modellierung der Natur“ angesiedelt.
Der Ideen- und Risikofonds wurde im Rahmen der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder neu geschaffen. Mehr Informationen finden Sie auf der Seiten zur Exzellenzuniversität oder im KUS Portal.